#Interview

“Es sollte niemand verlegen werden, wenn der Firmensitz Bottrop-Kirchhellen ist”

ForkOn ist in Haltern am See, Köln und Heidelberg zu Hause. "Als wir nach und nach immer mehr Entwickler benötigten, haben wir festgestellt, dass Köln als Standort oftmals zentraler und attraktiver ist als Haltern am See", sagt ForkOn-Macher Tim Klauke.
“Es sollte niemand verlegen werden, wenn der Firmensitz Bottrop-Kirchhellen ist”
Montag, 11. November 2019VonAlexander Hüsing

Das junge Logistik-Startup ForkOn bietet ein cloudbasiertes und herstellerunabhängiges Flottenmanagementsystem an. Mit Hilfe der Software sollen Gabelstaplerflotten effizienter arbeiten können. Das Startup, das über Standorte in Köln und Heidelberg verfügt, wurde 2017 von Nils Herzing und Tim Klauke gegründet. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht ForkOn-Macher Klauke über das Ruhrgebiet, den Startup-Standort Köln und standortübergreifende Arbeit.

Reden wir über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für das Köln als Startup-Standort?
Die Infrastruktur der Stadt ist hervorragend, sodass wir nicht darauf beschränkt sind, neue Mitarbeiter ausschließlich in Köln und direkter Umgebung zu suchen. Außerdem zeichnet sich Köln durch einen große Branchenvielfalt aus. Wir konnten so Kontakte zu spannenden Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen aufbauen und uns inspirieren lassen. Ein großes Netzwerk ist für junge Start-ups wichtig, um einen Fuß in die Tür zu bekommen, weshalb die Austauschmöglichkeiten der wachsenden Gründerszene in Köln ebenfalls ein Bonus der Stadt sind.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Köln ist mit über einer Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt in Deutschland. Trotzdem geht es hier recht entspannt zu. Die Einwohner zeichnen sich durch Ehrlichkeit, Bodenständigkeit und die „Kölsche Gelassenheit“ aus. Das sind Eigenschaften, die wir auch in unserer Firmenkultur manifestieren möchten. Außerdem sind die Menschen hier sehr kommunikativ, sodass sich immer jemand findet, mit dem man sich über seine Ideen austauschen kann.

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
ForkOn hat eine Softwarelösung für ein effektiveres Gabelstaplerflottenmanagement entwickelt. Da viele Logistikunternehmen und Konzerne, die große Staplerflotten besitzen im Rhein-Ruhr-Gebiet ihren Hauptsitz haben, sind die Wege zu unseren Kunden kurz. Außerdem gewinnen wir durch den persönlichen Kontakt zu der Branche vor Ort auch kontinuierlich neue Kunden, sowohl aus der Region als auch darüber hinaus, hinzu. Wir sind aber nicht nur nah an den Kunden, sondern auch nah an den Fachkräften. Die zentrale Lage von Köln macht es uns leichter Mitarbeiter zu finden. Wir profitieren von einem riesigen Einzugsgebiet und das die Stadt mit ihrem großen Angebot für viele ein attraktiver Standort ist.

Die Wurzeln von ForkOn liegen in Haltern, also im Ruhrgebiet. Was zeichnet die digitale Szene im Revier aus?
Der Strukturwandel hat das Ruhrgebiet zwar nachhaltig gezeichnet, bietet aber auch die Chance, dass sich die Region neu erfinden kann. Der Wunsch, dem Ruhrgebiet wieder zu neuem Glanz zu verhelfen, ist überall spürbar.  Außerdem ist das Rhein-Ruhrgebiet durch eine Vielfalt geprägt, die es kein zweites Mal in Deutschland gibt: Forschungseinrichtungen, Fachhochschulen, Universitäten und Industrie sind hier zahlreich vorhanden. Das bringt Innovationsgeist, Ressourcen und Wissen mit sich, das großes Potenzial für Gründer hat.

Wie und wieso hat es euch von Haltern nach Köln verschlagen?
Einer unserer Mitgründer lebt in Köln, was die Stadt zu einem unserer ersten Bezugspunkte während der Firmengründung gemacht hat. Als wir dann nach und nach immer mehr Entwickler für die Softwareentwicklung benötigten, haben wir festgestellt, dass Köln als Standort für unsere Angestellten und potenzielle Bewerber oftmals zentraler und attraktiver ist als Haltern am See. Daher haben wir uns nach circa einem Jahr nach der Gründung dazu entschieden, unseren Hauptsitz in die Domstadt zu verlegen.

Zudem seid ihr auch noch in Heidelberg zu Hause. Wie kam es dazu?
Auch hier war einer unserer Mitgründer die treibende Kraft. Er lebt mit seiner Familie in Heidelberg und wollte dort auch gerne bleiben. Wir sind uns bewusst, dass gerade in der Anfangszeit, viel von den Gründern abverlangt wird, was auch bedeutet weniger Zeit mit der eigenen Familie zu verbringen. Daher haben wir uns dazu entschieden, einen zweiten Firmensitz zu eröffnen und so den Bedürfnissen aller Gründer gerecht zu werden. Mittlerweile haben wir dort ein Team von fünf Mitgliedern aufgebaut und sind mit der standortübergreifenden Arbeit sehr zufrieden.

Was fehlt in Köln bzw. im Ruhrgebiet noch?
Die internationale Aufmerksamkeit richtet sich immer noch weitestgehend auf Berlin. Ich würde mich darüber freuen, wenn das Ruhrgebiet noch mutiger und selbstbewusster auftritt. Der Standort hat bereits viele spannende Startups hervorgebracht und kann das der Welt auch ruhig zeigen. Es sollte niemand mehr verlegen werden, wenn der eigene Firmensitz in Bottrop-Kirchhellen ist und nicht in Berlin-Kreuzberg.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort NRW?
Das habe ich ja bereits ein bisschen vorweggenommen. Mein erster Wunsch ist ein selbstbewussteres Auftreten von Startups, die im Ruhrgebiet ansässig sind. Außerdem würde ich mir wünschen, dass das Land NRW zunehmend das Potenzial der Region erkennt und sich der Blick aus dem Ausland vermehrt auf die Startup-Szene im Westen Deutschlands richtet.

Kölle is e jeföhl – #Köln


In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit über 650 Start-ups, 25 Gründerzentren, attraktiven Investoren und zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt vom Digital Hub Cologne und der Stadt Köln.

Foto (oben): ForkOn

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.