#Interview

So wurde byrd vom Abholservice für Pakete zum Software-Startup

Das junge Startup byrd, eine ganzheitliche E-Commerce-Lösung in Sachen Logistik, beschäftigt in Wien und Berlin inzwischen 40 Mitarbeiter. "Bis Ende 2019 werden wir 10 Fulfillment Standorte in Deutschland und Österreich haben", sagt Gründerin Petra Dobrocka.
So wurde byrd vom Abholservice für Pakete zum Software-Startup
Montag, 4. November 2019VonAlexander Hüsing

Das Wiener Startup byrd hilft Online-Händler seit 2016 dabei, ihre Waren zu den Kunden zu bringen. “Mit byrd können Händler ihre komplette Logistik – von der Lagerung bis zum Versand – an Experten auslagern und ihre Produkte weltweit verkaufen. Händler erhalten Zugang zu einem internationalen Logistiknetzwerk mit mehreren Standorten welches kurze Lieferzeiten und geringe Versandkosten ermöglicht. Damit können sie sich auch auf ihre Kernkompetenzen und das eigentliche Geschäft fokussieren”, sagt Gründerin Petra Dobrocka.

byrd kann man somit als moderne Warehouse Management-Software bezeichnen. Ein Konzept, dass auch Rocket Internet mit Project District gerade für sich entdeckt hat. Der Weg zum jetzigen byrd-Konzept war mit einigen Wandlungen verbunden. “Als das Startup 2016 gegründet wurde, hatten wir besonders kleine Händler im urbanen Bereich im Visier und wollten diese durch einen on-demand-Abholservice beim Paketversand unterstützen”, erzählt Dobrocka. Nach Kundenanfragen folgte der Aufbau von eigenen Logistikzentren in Deutschland und Österreich.

“Als unsere Software ausgereift war, haben wir begonnen unsere Logistikzentren an erfahrene Logistikpartner abzugeben und haben die Fulfillment-Plattform gelauncht, indem wir Logistikdienstleister an unser Warehouse Management-System angeschlossen haben. Heute ist unsere Dienstleistung nicht mehr nur für kleine Händler interessant, sondern auf für größere Online Shops die international aktiv sind, attraktiv”, sagt die byrd-Macherin. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Dobrocka außerdem über französische Konsumenten, die erste Weihnachtszeit und die geplante Expansion nach Westeuropa.

Wie würdest Du Deiner Großmutter byrd erklären?
Heutzutage kann man als Online-Händler über das Internet relativ schnell einen Shop starten und Produkte an Endkunden verkaufen. Nach dem Verkauf kommt jedoch die logistische Herausforderung, die Produkte den Empfängern zu liefern. Mit byrd können Händler ihre komplette Logistik – von der Lagerung bis zum Versand – an Experten auslagern und ihre Produkte weltweit verkaufen. Händler erhalten Zugang zu einem internationalen Logistiknetzwerk mit mehreren Standorten welches kurze Lieferzeiten und geringe Versandkosten ermöglicht. Damit können sie sich auch auf ihre Kernkompetenzen und das eigentliche Geschäft fokussieren.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Unser Geschäftsmodell und unsere Zielgruppe haben sich seit dem Start 2016 tatsächlich verändert. Heute betreiben wir ein Netzwerk an Fulfillment-Standorten, das es Online-Händlern ermöglicht ihre E-Commerce-Logistik auszulagern. Unsere Fulfillment-Plattform ermöglicht Händlern jeder Größe mittels Technologie Zugang zu einer skalierbaren und automatisierten Logistik, so wie man sie von den Online-Riesen kennt.

Was genau hat sich seit dem Start verändert?
Als das Startup 2016 gegründet wurde, hatten wir besonders kleine Händler im urbanen Bereich im Visier und wollten diese durch einen on-demand-Abholservice beim Paketversand unterstützen. Dazu holten wir die Waren, die zu versenden waren, von den Händlern selber ab, um diese anschließend in das Logistikzentrum zu bringen und sie von dort zu versenden. Als immer mehr Händler fragten, ob wir nicht auch die Lagerung übernehmen können, haben wir erkannt, dass es tatsächlich für viele kleine und mittlere Online-Händler, die sich nicht von Amazon abhängig machen wollen, keine optimale Lösung gibt. Daraufhin haben wir unser Konzept kontinuierlich angepasst. Als ersten Schritt haben wir unsere eigenen Logistikzentren in Deutschland und Österreich ausgebaut und eine moderne Warehouse Management-Software entwickelt. Als unsere Software ausgereift war, haben wir begonnen unsere Logistikzentren an erfahrene Logistikpartner abzugeben und haben die Fulfillment-Plattform gelauncht, indem wir Logistikdienstleister an unser Warehouse Management System angeschlossen haben. Heute ist unsere Dienstleistung nicht mehr nur für kleine Händler interessant, sondern auf für größere Online Shops die international aktiv sind, attraktiv.

Wie genau funktioniert überhaupt euer Geschäftsmodell?
Wir ermöglichen Online-Händlern den Zugang zu unterschiedlichen Logistik-Services rund um das E-Commerce-Fulfillment – von der Lagerung bis zum Versand. Dabei bündeln wir mit unserer Software das Paketvolumen von vielen Händlern und können so bei unseren Logistik-Partnern attraktive Mengenrabatte bekommen. Da wir auf eigene Logistik-Standorte verzichten, können wir außerdem schnell wachsen und sind kapazitätsmäßig nicht limitiert. So können Händler von einem skalierbaren und leistungsstarken Netzwerk profitieren, zu welchem sie alleine keinen Zugang hätten.

Wie genau hat sich byrd seit der Gründung entwickelt?
Wir haben die Firma 2016 in Österreich gegründet und haben bereits Ende 2016 ein zweites Büro in Berlin eröffnet. Das war ein wichtiger Schritt für uns und hat uns geholfen, schnell Erfahrungen in zwei verschiedenen Märkten zu sammeln und unsere Prozesse zu verbessern. Unser Fokus hat sich seit 2016 außerdem noch stärker auf die Technologie verlagert. Das spiegelt sich auch im Team wieder. Da wir früher selbst operativ tätig waren, war das größte Team zu der Zeit für die Logistik zuständig. Heute kümmert sich die größte Abteilung um die Software-Entwicklung und arbeitet laufend an der Weiterentwicklung unserer Tools.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist byrd inzwischen?
Mittlerweile haben wir insgesamt 40 Mitarbeiter. 30 davon in Berlin und 10 in Wien. Wir verfügen über sieben Logistik-Standorte sowie Anbindungen zu sieben Versanddienstleistern in der DACH-Region und versenden Pakete für mehr als 120 Online Händler. Außerdem bieten wir fünf E-Commerce Integrationen zu Online Shop und ERP-Systemen und erweitern diese laufend.

Ihr seid in Wien und Berlin zu Hause. Was spricht für Wien, was für Berlin?
Wien wurde dieses Jahr erneut zur lebenswertesten Stadt gewählt und wird für immer als Gründungsort in unserem Herzen bleiben. Die Förderlandschaft ist für Startups sehr vorteilhaft und die Startup-Community ist noch relativ überschaubar. Dadurch ist es einfach, sich zu vernetzen und Unterstützung von anderen Gründern zu bekommen. Berlin hat ohne Zweifel eine stärkere internationale Ausrichtung und verfügt über eine größere Startup-Community als Wien. Daher hat man hier bessere Chancen die passenden Mitarbeiter zu finden – besonders in Hinblick auf Software-Development, da die Stadt viele Internationals anzieht. Aber auch hinsichtlich E-Commerce ist Berlin sehr attraktiv für uns, da viele Onlinehändler in oder in der Nähe von Berlin sitzen und wir dadurch in engem Austausch mit ihnen sein können.

Wie wichtig ist generell der deutsche Markt für euch?
Der deutsche E-Commerce-Markt ist nicht nur größer als der österreichische, sondern auch deutlich weiter entwickelt. Viele Online-Händler in Deutschland haben sich bereits international etabliert und versenden ihre Waren weltweit. Deswegen ist der deutsche-Markt auch zukünftig sehr spannend für uns. Den größten Vorteil für unsere Kunden sehen wir aber in der Etablierung eines internationalen Fulfillment-Netzwerks. Es sollen also auch unsere deutschen Onlinehändler die Möglichkeit haben, ihre Waren beispielsweise an französische Konsumenten schnell und kostengünstig direkt aus Frankreich zu verschicken. Denn nur so können sie aus unserer Sicht mit dem Servicelevel der großen Onlinehändler mithalten.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
In der ersten Weihnachtszeit hatten wir das Bestellvolumen der Online-Shops deutlich unterschätzt und mussten deswegen selber bis in die Nacht hinein Pakete verpacken, um diese rechtzeitig zu versenden. Das waren kalte, lange Nächte und eine stressige Adventszeit. Mittlerweile haben wir daraus gelernt und die Kommunikation mit unseren Kunden verbessert, um die Kapazitäten für die geplanten Absatzmengen besser vorbereiten zu können.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Der Fokus auf die Technologie und den Onlinehandel, den wir von Anfang hatten, war definitiv die richtige Entscheidung. Die Logistik ist noch immer eine Industrie, in der digitale Prozesse noch nicht der Standard sind und wir bekommen täglich positives Feedback von unseren Kunden, die die Zeitersparnis schätzen, die sie durch unser System erzielen können. Bei byrd haben wir außerdem stets auf den Zusammenhalt des Teams geschworen – vor allem bei einem stark wachsenden Team an verschiedenen Standorten und mit vielen verschiedenen Nationalitäten, ist das viel wert. Einer unserer Firmenwerte lautet daher auch: “Team first, everything else second.”

Wo steht byrd in einem Jahr?
Wir möchten im kommenden Jahr unsere Fulfillment-Plattform weiter ausbauen. Bis Ende 2019 werden wir 10 Fulfillment Standorte in Deutschland und Österreich haben. Nächstes Jahr soll dann auch die geografische Expansion nach Westeuropa und in weitere große E-Commerce-Märkte forciert werden.

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Foto (oben): byrd

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.