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“Wesentliche Unsicherheit in der Fortführung”: 36-Millionen-Investment Shore kämpft ums Überleben

Bei Shore regiert der Rotstift. Knapp 200 Mitarbeiter wirkten 2016 noch beim Münchner Startup. Ende 2017 waren es gerade einmal noch 92. Der Grund: Das Geld wird knapp bei Shore. Insgesamt kostete der Aufbau von Shore bereits rund 30,6 Millionen Euro.
“Wesentliche Unsicherheit in der Fortführung”: 36-Millionen-Investment Shore kämpft ums Überleben
Mittwoch, 13. Februar 2019VonAlexander Hüsing

Das Münchner Startup Shore, das seit 2012 eine Software anbietet, mit der unter anderem Friseure, Sportanbieter und Ärzte ihr Kundenmanagement Kassensystem und Marketing meistern können, legt neue Zahlen vor. Im Jahresabschluss für 2017 gibt es erstmals auch Zahlen zum Umsatz. So erwirtschaftete das Unternehmen, das in den vergangenen rund 36 Millionen Euro Investmentgelder (etwa von der Metro, der Funke Mediengruppe und den erfolgreichen zalando-Gründern) eingesammelt hat, vor zwei Jahren einen Umsatz in Höhe von rund 5,1 Millionen. Im Vorjahr waren es gerade einmal 3,5 Millionen. Das Wachstum lag somit bei 44 %. Dies ist aber auch eine der wenigen positiven Meldungen bei Shore.

Der Jahresfehlbetrag des Unternehmens, eine mittelgroße Kapitalgesellschaft, verringerte sich zeitgleich von 10,8 auf rund 8 Millionen. Insgesamt kostete der Aufbau von Shore nun aber in fünf Jahren bereits rund 30,6 Millionen Euro. Die Lage ist somit ernst bei Shore! Das Unternehmen kämpft ums Überleben. “Die zur Verfügung gestellten externen Finanzmittel für das Geschäftsjahr 2018 begrenzen sich auf EUR 4.785.232,23 was zu ungeplanten Liquiditätsengpässen der Shore GmbH führen kann und somit zu einer wesentlichen Unsicherheit in der Fortführung der Unternehmenstätigkeit”, teilt die Jungfirma in eigener Sache mit. Weiter heißt es: “Die Herausforderung für die Gesellschaft liegt somit darin, aus eigener Geschäftstätigkeit genügend Liquidität für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit zu generieren – durch kostenreduzierende Maßnahmen sowie eine Einführung eines erweiterten Preiskonzepts – oder ergänzende Investoren für die Finanzierung zu gewinnen”.

Gerade bei den Personalkosten hat das Shore-Team schon massiv auf die Kostenbremse getreten. 2016 beschäftigte Shore durchschnittlich rund 198 Mitarbeiter. 2017 waren es dann durchschnittlich nur noch 131 Arbeitnehmer. Ende 2017 waren ganz konkret nur noch 92 Mitarbeiter bei Shore an Bord. Im Rahmen dieser Konsolidierung wurde auch die Niederlassung in Italien geschlossen. Shore ist derzeit noch in Deutschland und Spanien unterwegs. Mitgründer Alexander Henn hat das Unternehmen auch bereits verlassen – er wirkt seit Februar 2018 bei Censhare.

Der Sparkurs bei Shore ging auch 2018 weiter: “Im Kontext des Budgets/Forecast wurden ergänzende Maßnahmen zur Konsolidierung der Shore GmbH im Laufe des Geschäftsjahres 2018 verabschiedet. Die Maßnahmen tragen zu einer weiteren Kostenreduktion innerhalb der Shore GmbH bei und betreffen alle organisatorische Bereiche und umfassen in Summe 22 Mitarbeiter bis November 2018 und weitere 9 Mitarbeiter bis Juni 2019. Ergänzend wirken sich Maßnahmen, wie die zusätzliche Untervermietung von Büroflächen sowie eine Konsolidierung der administrativen Systemlandschaft positiv auf die Ertragslage aus”. Wenn ein Startup schon auf die Untervermietung von Büroflächen als Umsatztreiber verweisen muss, ist die Lage wirklich ernst.

Bis zum Sommer dieses Jahres soll der Sparkurs Shore nun in die schwarzen Zahlen führen. “Die Maßnahmen zur Reduktion der Kostenbasis, eine weitere Konsolidierung der internationalen Vertriebsaktivitäten sowie die weitere konsequente Effizienzsteigerung im Vertrieb führen unmittelbar zu einem Break-Even Szenario, welches im Rahmen des Forecast für den Sommer 2019 vorgesehen ist”, heißt es im Jahresabschluss. Für 2018 plante die Jungfirma mit einem Umsatz zwischen 6,5 und 7 Millionen Euro. Der Jahresfehlbetrag sollte bei maximal 6 Millionen liegen. Ende 2017 hatte Shore rund 6.580 Lizenznehmer. Ende 2018 sollten es 7.350 sein. Bis zum Sommer dieses Jahres sollte dann klar sein, wo Shore genau steht.

Fakten aus dem Jahresabschluss 2017
* Die Umsatzerlöse konnten im Geschäftsjahr um 44% im Vergleich zum Vorjahr auf EUR 5.053.550,27 gesteigert werden. Wesentlich für die Steigerung der Umsatzerlöse ist die gestiegene Nachfrage im Zielkundensegment. In Summe EUR 3.030.838,67 der Umsatzerlöse entstammen den laufenden Kundenverträgen und sind somit wiederkehrend, weitere EUR 92.488,61 entstammen einmalig abgerechneter Gebühren gegenüber Kunden, wie z.B. Einrichtungsgebühren.
* Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2017 weist einen Jahresfehlbetrag von EUR 7.998.712,59 auf. Dieser wird auf den bisherigen Verlustvortrag in Höhe von EUR 22.650.065,28 vorgetragen. Dadurch ergibt sich ein neuer Verlustvortrag in Höhe von EUR 30.648.777,87.
* Der in der Bilanz per 31.12.2016 ausgewiesene Bilanzverlust der Shore AG gab der Revisionsstelle Anlass zur Besorgnis, dass eine Zwischenbilanz eine Überschuldung ausweisen könnte. Um zu vermeiden, dass der Verwaltungsrat der Gesellschaft den Richter im Sinne von Art. 725 Abs. 2 OR benachrichtigen muss, wurde von der Shore GmbH ein Rangrücktritt in Höhe von gesamt CHF 3.900.000 gegenüber der Shore AG ausgesprochen. Nach den eingetretenen Ereignissen in dem Geschäftsjahr 2017, verzeichnet die Shore AG nun nachhaltig ein positives Geschäftsergebnis, so das zu erwarten ist, dass die Revisionsstelle der Aufhebung der Rangrücktrittsvereinbarung in 2018 zustimmen und die Shore AG mit der Begleichung der offenen Forderungen gegenüber der Shore GmbH beginnen wird.
* Die zur Verfügung gestellten externen Finanzmittel für das Geschäftsjahr 2018 begrenzen sich auf EUR 4.785.232,23 was zu ungeplanten Liquiditätsengpässen der Shore GmbH führen kann und somit zu einer wesentlichen Unsicherheit in der Fortführung der Unternehmenstätigkeit. Vor diesem Hintergrund wurde das für das Geschäftsjahr 2018 verabschiedete Budget/Forecast mit Maßnahmen untermauert, die im Falle eines kurzfristig eintretenden Liquiditätsengpasses umgehend in Kraft treten sollen. Die Fortführung der Unternehmenstätigkeit ist davon abhängig, dass diese Maßnahmen rechtzeitig und in ausreichendem Maß umgesetzt werden können. Für weitere Erläuterungen verweisen wir auf den Lagebericht.

An das Münchner Startup Shore glauben gewichtige Investoren – etwa die Metro, die Funke Mediengruppe und die erfolgreichen zalando-Gründer. Mehr als 30 Millionen Euro flossen bereits in das junge Unternehmen (ehemals Termine24), das 2012 von Alexander Henn und Philip Magoulas gegründet wurde. . Wir werden einmal einen Blick auf die aktuellen Zahlen von Shore.

 

Shore im Zahlencheck

2017: 5,1 Millionen Euro (Umsatz); 8,0 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2016: 3,5 Millionen Euro (Umsatz); 10,8 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2015: 6,9 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2014: 3,1 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2013: 1,3 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.