#Interview

“Auf jede Krise gibt es eine innovative Antwort”

Wie lief es 2020 bei Finiata? "Covid-19 hat uns zu einem ungünstigen Zeitpunkt erwischt: Wir steckten zur ersten Welle mitten in einer Finanzierungsrunde – und dann verhängten so gut wie alle relevanten Investoren einen umgehenden Stopp", sagt Finiata-Chef Ingmar Stupp.
“Auf jede Krise gibt es eine innovative Antwort”
Dienstag, 5. Januar 2021VonAlexander Hüsing

Der Berliner Kreditanbieter Finiata befand sich während ersten Corona-Welle mitten in einer Finanzierungsrunde. “Und dann verhängten so gut wie alle relevanten Investoren einen umgehenden Stopp. Umso höher ist es zu bewerten, dass wir unsere Finanzierungsrunde im November abschließen konnten”, sagt Finiata-Chef Ingmar Stupp. Etliche Altinvestoren investierten Ende 2020 rund 7 Millionen Euro in Finiata. “Dadurch sind wir strukturell so aufgestellt, unsere Wachstumsziele zu erreichen. Ein Meilenstein für uns”, sagt Stupp. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Finiata-Macher einmal ausführlich über das abgelaufene Jahr.

2020 geht als Corona-Jahr in die Geschichtsbücher ein. Was hast du in den vergangenen Monaten gelernt?
Überspitzt formuliert: auf jede Krise gibt es eine innovative Antwort. Zugleich habe ich auch festgestellt, dass die Lösung nicht mit dem technologisch Machbaren, sondern an dem menschlichen Faktor hängt. Implementieren Entscheider neue Technologien in die Prozesse, wenden die Nutzer neue Technologien im Alltag an? Bestes Beispiel: Die Sachbearbeiter für die unzähligen Anträge für Hilfsgelder, Fördermittel und Kredite kommen in Zeiten von Covid-19 kaum mit der Prüfung hinterher. In vielen Fällen sind die veralteten analogen Instrumente nicht in der Lage, das Risiko in diesem Segment vernünftig zu prognostizieren. Das Ergebnis waren enorme Wartezeiten und eine Vielzahl von Betrugsmeldungen. Stattdessen könnten sie auch auf Machine-Learning basierte Bonitätsprüfungen wie unseren Algorithmus Copernicus setzen. Hier haben die Entscheider in den USA und auch UK zeitgemäßere Lösungen gefunden und auf die Technologie von Startups gesetzt um die Krise zu bewältigen. Technologisch ist dies schließlich ein Kinderspiel und deutlich zuverlässiger, komplett automatisiert und digitalisiert, aber es hakt an dem unbedingten Willen der Menschen auf den zentralen Positionen: Wie sehr wollen sie den digitalen Wandel mit dem damit verbundenen Mehrwert für alle Beteiligten?

Wie lief 2020 wirtschaftlich für euch – habt ihr eure Ziele erreicht?
Covid-19 hat uns zu einem ungünstigen Zeitpunkt erwischt: Wir steckten zur ersten Welle mitten in einer Finanzierungsrunde – und dann verhängten so gut wie alle relevanten Investoren einen umgehenden Stopp. Umso höher ist es zu bewerten, dass wir unsere Finanzierungsrunde im November abschließen konnten. Dadurch sind wir strukturell so aufgestellt, unsere Wachstumsziele zu erreichen. Ein Meilenstein für uns. Sicherlich wären wir ohne Covid-19 jenseits von Polen in einem weiteren Land aktiv, aber das können wir nachholen. Von daher ja: Unser ganz wichtiges Ziel, die Finanzierungsrunde abzuschließen und ein geeignetes Setting für die kommenden Aufgaben zu finden haben wir erfolgreich beendet.

Was war 2020 das Highlight bei euch?
Die Finanzierungsrunde – insgesamt flossen weitere sieben Millionen Euro in Finiata – habe ich bereits angesprochen. Gerade für mich persönlich zählte auch unser Algorithmus Copernicus zu den Höhepunkten. Covid-19 stellte von einem Moment auf den anderen die Rahmenbedingungen – wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich, unternehmerisch – auf den Kopf. Trotzdem prüfte Copernicus in den folgenden Monaten gleichbleibend mit einer über 80-prozentigen Erfolgsquote, wie pünktlich unsere Kreditnehmer ihre Raten tilgen. Dies ist fast unverändert zu vor-Krisenzeiten und damit auch für uns eine willkommene Bestätigung. Die Machine-Learning-Technologie ist seit Gründung von Finiata 2016 mein Steckenpferd, von daher freute ich mich vielleicht noch einen Tacken mehr über dessen Covid-19-Resilienz als meine Mitstreiter.

Welches Projekt steht bei euch für 2021 ganz oben auf der Agenda?
Wie schon gesagt: Wir sind jetzt gerüstet für Expansion und Wachstum. Sprich: Bis Ende des Jahres wollen wir in einem weiteren Markt jenseits von Polen aktiv sein, sehr gerne als auch White- oder Grey-Label-Partner einer Bank oder eines anderen Unternehmens, welches insKreditgeschäft expandieren möchte. Digitalisierte wie automatisierte und in der Praxis erprobte Scoring-Prozesse werden beispielsweise für immer mehr B2B-Plattformen relevanter. Sie können durch unsere Technologie die Funktionalität, damit ihren Mehrwert und auch ihre Margen auf effizientem Wege erweitern. Win-Win für alle Beteiligten: Wir verfügen über die Technologie, Banken oder andere Akteure über Reichweite – und kleine Unternehmen erhalten so schlagartig ein besseres Produkt: einen einfachen Zugang zu Krediten, online und automatisiert. Win-Win-Win sozusagen. Zudem streben wir an, Ende 2021 in der gesamten Gruppe Break-Even zu sein, nicht nur im Kerngeschäft.

Was hast Du Dir persönlich für 2021 vorgenommen?
Den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Das beruht auf der konsequent lösungsorientierten Herangehensweise. Ich werde mich auch zusätzlich nicht an Produkte oder Umsätze klammern, sondern immer überlegen, was die beste Lösung für ein Problem ist – aus Kundensicht gedacht. Die Monetarisierung ergibt sich dann in der Konsequenz.

TippIn unserer Rubrik “Jahresrückblick” schauen wir zurück auf 2020!

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Foto (oben): Finiata / Raimar von Wienskowski

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.