#Interview

“Mit 400 Euro Startkapital macht man keine großen Sprünge”

Studydrive ging 2013 an den Start. "Anfang März zählten wir 1,1 Millionen registrierte Nutzer. Diese teilten seit Start 450.892 Dokumente und beantworteten 3,4 Millionen Fragen. Studydrive wird aktuell von über 80 Mitarbeitern unterstützt", sagt Gründer Sven Gasper.
“Mit 400 Euro Startkapital macht man keine großen Sprünge”
Donnerstag, 20. August 2020VonAlexander Hüsing

Das Berliner Unternehmen Studydrive, das 2013 von Sven Gasper und Philipp Mackeprang in Köln gegründet wurde, bietet Studenten die Möglichkeit sich mit Kommilitonen auszutauschen, Lernmaterialen zu teilen und passende Jobs und Praktika zu finden. Seit Anfang 2019 gehört die Plattform zur Jobplattform StepStone, einem Tochterunternehmen von Axel Springer. Derzeit beschäftigt die Jungfirma 80 Mitarbeiter.

“Die Nutzung der Plattform ist für Studierende komplett gratis, das war unser Anspruch von Anfang an. Wir monetarisieren das Geschäftsmodell durch unsere Unternehmenskunden, die Studydrive als Kanal für Employer Branding und Recruiting von Young Talents nutzen. Firmen haben die Möglichkeit, sich dem Nachwuchs zu präsentieren”, erklärt Gründer Sven Gasper das Geschäftsmodell von Studydrive.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Studydrive-Macher außerdem über Busreisen, Employer Branding und Ressourcen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Studydrive erklären?
Meiner Oma würde ich sagen, Studenten müssen jetzt nicht mehr wie früher jeden Tag zur Uni oder in die Bibliothek radeln, um sich auf den aktuellen Stand zu bringen und sich auszutauschen. Sie müssen auch nicht mehr stundenlang am Kopierer stehen, um Arbeitsdokumente oder Prüfungsvorbereitungen zu bekommen. Bei Studydrive treffen sich über eine Million Studierende im Internet, tauschen sich Online aus und geben sich gegenseitig Tipps und Hilfe. Dabei ist es ganz egal, an welchem Ort sie sich befinden. Sie erreichen über die Plattform nicht nur Kommilitonen aus dem eigenen Studiengang sondern können sich auch mit Studierenden anderer Fachbereiche oder Universitäten vernetzen und austauschen. Dadurch entstehen ganz neue Möglichkeiten. Unser Ziel ist es, Studierende ab dem ersten Studientag erfolgreich durch das gesamte Studium zu begleiten und ihnen auch den Einstieg in den Job zu erleichtern. Wir informieren junge Talente nämlich auch frühzeitig, welche potentiellen Arbeitgeber zu ihrer Ausbildung und zu ihrem Studienfach passen können.

Hat sich euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Von Anfang an sind wir bei Studydrive unserem ursprünglichen Konzept treu geblieben. Studierende kommen zu Studydrive, um sich zu vernetzen und einander zu helfen. Das Ziel ist, durch den Austausch erfolgreicher durch das Studium und in den Beruf zu kommen. Wir möchten Studierenden frühzeitig Orientierung bei der Karriereplanung geben und ihnen passend auf sie zugeschnittene Informationen geben.

Wie ist überhaupt die Idee zu Studydrive entstanden?
Die Idee zu Studydrive ist auf einer nächtlichen Busreise im Auslandssemester entstanden, als ich mit meinem Kommilitonen und Mitgründer Philipp Mackeprang auf dem Weg vom Karneval in Rio nach Sao Paulo war. Das war im Februar 2012, in wenigen Tagen standen Prüfungen an und wir wollten auf der Busfahrt lernen. Wir waren Studenten in Maastricht und haben zuvor immer den Austausch unter Kommilitonen gesucht, unsere Mitschriften geteilt und Lerngruppen organisiert – doch das ging auf Reisen nicht. Eine Zusammenfassung darüber, was nun in den Prüfungen der nächsten Tage abgefragt wird, wäre in der Situation extrem hilfreich gewesen. Wir dachten, Mitschriften zum Downloaden, das wärs, um sich in einer solchen Situation gegenseitig zu helfen. Am besten auf einer Plattform, auf der man sich von überall auf der Welt austauschen kann. In dieser Notlage ist also die Idee zu Studydrive geboren.

Wie ging es dann weiter?
Im März 2013 haben wir dann gegründet. Heute ist Studydrive ein wichtiger Bestandteil des Studienalltags für über eine Million Studierende geworden. Das Angebot ist für Studierende komplett kostenlos, das war uns wichtig. Deshalb mussten wir ein möglichst nachhaltiges Business Modell entwickeln. Unser Ansatz war, das kostenlose Angebot durch Employer Branding auf dem HR-Markt zu finanzieren, wodurch Studierende gleichzeitig spannende Möglichkeiten für ihren Karriereweg aufgezeigt bekommen und sich über potentielle Arbeitgeber informieren können. Wir wollen unsere Nutzer vom ersten Tag des Studiums bis in den Job erfolgreich begleiten. Für Unternehmen bietet das die Möglichkeit, sich auf unserer Plattform als potentieller Arbeitgeber für die Zukunft zu präsentieren. Studydrive hat sich damit aktuell zur wichtigsten Anlaufstelle für Personaler auf der Suche nach Nachwuchstalenten auf dem deutschen Markt entwickelt.

Seit 2019 gehört Studydrive zu StepStone. Warum habt ihr euch für einen so frühen Exit entschieden?
Wir haben zum damaligen Zeitpunkt gar nicht über einen Verkauf nachgedacht, im Gegenteil, wir wollten nochmal eine größere Runde aufnehmen, um das Wachstum weiter zu beschleunigen. Wir haben aber in den Gesprächen sehr schnell gemerkt, dass eine Zusammenarbeit viele Vorteile mit sich bringt und wir eine gemeinsame Vision teilen in welche Richtung sich der Recruiting Markt in Zukunft entwickeln wird und in dieser Vision spielt Studydrive eine entscheidende Rolle. Mit StepStone an unserer Seite forcieren wir unser Wachstum sowohl national als auch international. StepStone verfügt zudem über große Expertise im HR-Markt und ist weltweit in zahlreichen Industrien vernetzt. Es hat also insgesamt von beiden Seiten aus einfach sehr gut gepasst.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Die Nutzung der Plattform ist für Studierende komplett gratis, das war unser Anspruch von Anfang an. Wir monetarisieren das Geschäftsmodell durch unsere Unternehmenskunden, die Studydrive als Kanal für Employer Branding und Recruiting von Young Talents nutzen. Firmen haben die Möglichkeit, sich dem Nachwuchs zu präsentieren: Konkret via Unternehmensprofil auf den Karriereseiten der Plattform, sie schalten E-Mail-Kampagnen oder präsentieren sich als potentielle Arbeitgeber in spezifischen Kursen oder Themengruppen von Studydrive. Sie haben bei Studydrive die Chance, Studierende zielgenau bis auf Stadt, Universität und Studiengang heruntergebrochen zu erreichen und junge Talente frühzeitig auf sich aufmerksam zu machen.

Wie hat sich Studydrive seit der Gründung entwickelt?
Wie es eben meist so ist. Am Anfang haben wir noch unsere eigenen Unterlagen hochgeladen und mit 400 Euro Startkapital macht man eben auch keine großen Sprünge. Danach hat sich Studydrive unheimlich stark entwickelt. Seit 2018 bis heute konnten wir die Nutzerzahlen mehr als verdoppeln. Ende 2019 freuten wir uns über mehr als eine Million Studierende, die sich auf Studydrive austauschen und gegenseitig unterstützen. Um das zu erreichen, haben wir die Plattform seit Gründung ständig ausgebaut und weiterentwickelt: Gestartet sind wir mit einem einfachen Doc Sharing Portal, dann gab es die Studydrive Communities, in denen sich Nutzer zu allen Themen rund um das Studium austauschen können bis hin zu unseren Flashcards, mit denen die Prüfungsvorbereitung noch besser gestaltet werden kann. Ein großes Dankeschön gebührt natürlich auch immer den frühen Unterstützern, so konnten wir angefangen mit dem hub:raum Accelerator Programm, über ein Stipendium des Europäischen Sozialfonds und schließlich zwei VC-Runden das Unternehmen entscheidend voranbringen und haben jetzt mit Stepstone und Axel-Springer im Rücken die Möglichkeit weiter groß zu denken.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Studydrive inzwischen?
Anfang März 2020 zählten wir auf Studydrive 1,1 Millionen registrierte Nutzer. Diese teilten seit Start 450.892 Dokumente und beantworteten 3,4 Millionen Fragen. Studydrive wird aktuell von über 80 Mitarbeitern unterstützt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Naja so richtig schief ist in den vergangen Jahren zum Glück nichts gelaufen, weil wir glücklicherweise rechtzeitig reagieren konnten, wenn ein Feature oder ein Projekt nicht wie geplant angenommen wurde. Ich erinnere mich beispielsweise an Studycrowd und Studydtutors – zwei Plattformen, die wir parallel zu Studydrive aufgebaut hatten. Die Plattformen wurden aber nicht wie gewünscht von unseren Nutzern angenommen – vor allem weil wir Zeit- und Ressourcenaufwand unterschätzt hatten. Letztlich sind die beiden Plattformen teils im heutigen Studydrive aufgegangen und leben so weiter. Damit ist unser wohl größtes Learning der Vergangenheit: Fokus auf eine Sache und die dafür richtig gut machen und dann schrittweise ausbauen.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Seit der Idee zu Studydrive sind wir felsenfest davon überzeugt, mit dieser Plattform Studierende aus aller Welt erfolgreich auf ihrem Weg in den passenden Beruf zu unterstützen. Umgekehrt helfen wir auch Unternehmen bei ihrer Suche nach hervorragenden Talenten. Und das alles durch ein simples Prinzip, an das wir bis heute glauben: “Life is easier when we help each other”. Wir wollen die Welt ein Stückchen verbessern, indem wir wichtige Bedürfnisse von Studierenden der aktuellen Generationen – GenY, GenZ – erkennen und bedienen – das zeichnet unseren bisherigen Erfolg aus, den wir gerne und in gleicher Weise fortführen möchten.

Wo steht Studydrive in einem Jahr?
Unser Headquarter steht dann sicher immer noch in Berlin-Neukölln. Dahin sind wir nämlich Anfang dieses Jahres wegen des starken Wachstums der letzten Monate umgezogen. Hier bekommt Studydrive gerade auch nochmal einen komplett neuen Anstrich und wird sehr bald in neuem Glanz erstrahlen. Zudem werden wir unseren Marktanteil in UK, wo wir seit 2019 aktiv sind, um einiges vergrößert haben und Eintritte in weitere europäische Märkte vorbereitet und vorangetrieben haben.

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Foto (oben): Studydrive

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.