#Interview

Gründer-Grundeinkommen in NRW: 1.000 Euro im Monat

Nordrhein-Westfalen führt mit dem Gründerstipendium.NRW eine Art Gründer-Grundeinkommen ein. Das Land stellt für das Programm bis Ende 2022 stattliche 26 Millionen Euro zur Verfügung. Digitalminister Andreas Pinkwart erklärt das neue Programm im Interview.
Gründer-Grundeinkommen in NRW: 1.000 Euro im Monat
Freitag, 29. Juni 2018VonAlexander Hüsing

Das Land NRW drückt Gründerinnen und Gründern aus Bottrop, Köln oder Münster ab sofort 1000 Euro in die Hand – ein Jahr lang. “Mit dem Gründerstipendium.NRW starten wir eine weitere wesentliche Maßnahme, um Nordrhein-Westfalen zu einem Land innovativer Startups zu machen. Das Gründerstipendium.NRW setzt da an, wo der Schuh drückt: bei der Einkommensunsicherheit in der Anfangsphase. Mit der neuen Förderung geben wir Starthilfe für zündende Geschäftsideen in unserem Land”, sagt Digitalminister Andreas Pinkwart. Das Land stellt für das Programm bis Ende 2022 stattliche 26 Millionen Euro zur Verfügung. Der Zugang zum Gründer-Grundeinkommen soll dabei unbürokratisch vonstatten gehen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Pinkwart über erste Überschüsse, Belastungen und innovative Gründungen.

Das neue Gründerstipendium.NRW fördert innovative Gründerinnen und Gründer mit 1.000 Euro pro Monat. Reicht der Betrag, um ein Startup hochzuziehen?
Gründungen beanspruchen viel Zeit und den vollen Einsatz der Gründerinnen und Gründer. Das birgt Belastungen, da es häufig länger dauert, bis ein neu gegründetes Unternehmen erste Überschüsse abwirft, von denen man leben kann. Hier genau setzt das Gründerstipendium.NRW an. Mit monatlich 1.000 Euro unterstützen wir bis zu ein Jahr lang Gründerinnen und Gründer mit innovativen Geschäftsideen, damit sie sich um den Lebensunterhalt weniger Sorgen machen müssen. Darüber hinaus werden weitere Finanzierungsmöglichkeiten für die Entwicklung der Gründungsidee gebraucht, beispielsweise für die Erstellung des Prototyps. Hier stehen diverse Finanzierungsprogramme zur Verfügung.

Wie verträgt sich das Gründerstipendium.NRW mit anderen Förderprogrammen – etwa Exist?
Der Förderansatz des Gründerstipendiums.NRW ist deutlich breiter als derjenige anderer Stipendien zur Förderung des Lebensunterhalts. Im Vergleich zum EXIST-Gründerstipendium ist der Anspruch an den Technologiegrad des Gründungsvorhabens als auch die monatliche Förderhöhe bei dem Gründerstipendium.NRW geringer. Es werden außer technischen auch andere Innovationen beispielsweise soziale oder kreative gefördert. Außerdem wird beim Gründerstipendium.NRW sowohl die Gründung als auch die Weiterentwicklung eines gegründeten Unternehmens, dessen Gründung nicht mehr als zwölf Monate zurückliegt, gefördert. Es zielt insbesondere auf innovative Gründungen, die aus bestehenden Beschäftigungsverhältnissen erfolgen. Eine akademische Qualifizierung ist kein Muss. Damit ist das Gründerstipendium.NRW eine ideale Ergänzung zu dem Exist-Programm. Zudem bieten wir das Programm Startup-Hochschulausgründungen NRW an, bei dem die Hochschule das Geld für ein F&E-Projekt erhält, das in einer Gründung münden soll. Durch die aufeinander aufbauenden Programme gibt es zukünftig beste Bedingungen für innovative Gründungen in Nordrhein-Westfalen.

Die Zielgruppe der förderwürdigen Konzepte ist sehr breit definiert. Hat aber wirklich jeder Gründer eine Chance, das Geld zu bekommen?
Ja, soweit die Gründerperson und ihr innovatives Gründungskonzept eine unabhängige Jury von Gründungsexperten überzeugen. Jede Person, die mindestens 18 Jahre alt ist, in Nordrhein-Westfalen wohnt und eine erfolgversprechende innovative Gründungsidee hat, kann sich um das Stipendium bewerben. Aufgerufen sind nicht nur Studenten oder Hochschulabsolventen, sondern alle Gründungsinteressierten, Gründerinnen und Gründer unabhängig von ihrer Vorbildung. Auch Personen, die bereits ein innovatives Unternehmen gegründet haben, dessen Gewerbeanmeldung oder der Handelsregistereintrag nicht mehr als zwölf Monate zurückliegt, können gefördert werden. Entscheidend ist die innovative Geschäftsidee. Sie muss ein im Vergleich zum Stand der Technik verbessertes Produkt oder Verfahren oder eine neue Dienstleistung mit einem deutlichen Kundennutzen und Alleinstellungsmerkmalen enthalten.

Insgesamt sollen 1.000 angehende Unternehmer das Gründerstipendium.NRW erhalten. Wann ist der Topf dann leer?
Insgesamt stehen für die nächsten Jahre so viele Mittel bereit, dass wir innerhalb der kommenden zwölf Monate sowie der folgenden Jahre bis zu 1.000 Stipendien vergeben können. Ich bin überzeugt, dass das Gründerstipendium.NRW ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Bedingungen für Gründerinnen und Gründer in Nordrhein-Westfalen ist. Ich bin dankbar dafür, dass die NRW-Koalition aus CDU und FDP hierzu die notwendigen Mittel im Landtag bereitgestellt hat.

Wer entscheidet, welche Gründer gefördert werden?
Eine entscheidende Rolle nehmen hierbei die Gründungsnetzwerke im Land ein. Insbesondere sind das die zertifizierten STARTERCENTER NRW und die vom Land geförderten Digital Hubs wie auch weitere private Inkubatoren und Akzeleratoren, soweit sie hierfür akkreditiert worden sind, Bundesweit einzigartig ist der von uns verfolgte Bottom-up-Ansatz mit der Entscheidungskompetenz bei den Netzwerkpartnern. Die Gründungsnetzwerke haben die Erfahrung und das Wissen, um potentielle Stipendiaten mit ihren Beratungsangeboten zu unterstützen und mit ihren Coaches durch die Förderung zu begleiten. Sie entscheiden daher mit ihren Jurys, welche Gründerinnen und Gründer mit ihrer Geschäftsidee das Potential haben, eine Gründung mit einer zukunftsträchtigen technologischen Entwicklung oder einer neuen Dienstleistung mit einem hohen Kundennutzen umzusetzen.

Letzte Frage: Kann das Gründerstipendium.NRW wirklich der Startschuss für eine neue Gründerzeit in NRW sein?
Den Startschuss habe ich gleich zu Beginn meiner Amtszeit im Sommer 2017 mit der Befragung “Neue Gründerzeit NRW” gegeben. Viele Gründerinnen und Gründer haben mir gesagt, wo sie konkret der Schuh drückt und was wir in Nordrhein-Westfalen besser machen können. Die Finanzierung war ein wesentliches Thema. Durch das Gründerstipendium.NRW werden wir das Förderangebot für mehr und bessere Gründungen in einem zukunftsträchtigen Technologiebereich oder in Bezug auf neue innovative Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle in Nordrhein-Westfalen wesentlich verbessern. Das ist eine wichtige Maßnahme, aber wir werden noch weitere Dinge angehen, um Nordrhein-Westfalen zu einem Land neuer Ideen, innovativer Startups und einer lebendigen Gründerszene zu machen.

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Foto (oben): MWIDE NRW

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.