#Zahlencheck

Outfittery wächst auf 71 Millionen Umsatz – Verlust steigt auf 20,2 Millionen

Der Aufbau von Outfittery kostete bis Ende 2019 bereits stattliche 81,8 Millionen Euro. Mit Hilfe von Wandeldarlehen, Gesellschafterdarlehen und weiteren Finanzierungsmaßnahmen sicherten die Investoren zuletzt immer wieder die weitere Zukunft des Unternehmens.
Outfittery wächst auf 71 Millionen Umsatz – Verlust steigt auf 20,2 Millionen
Dienstag, 3. August 2021VonAlexander Hüsing

Der millionenschwere Berliner Personal-Shopping-Anbieter Outfittery legt neue Unternehmenszahlen vor – und zwar den Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2019, also das erste Geschäftsjahr nach Fusion mit dem Wettbewerber Modomoto. Im Berichtszeitraum konnte das Grownup seinen Umsatz auf 70,9 Millionen Euro (Vorjahr: 52,6 Millionen). Der Rohertrag (Nettoumsatz nach Retouren, Rabatten und Wareneinsatz) stieg von 32,4 auf 42,2 Millionen. Der Jahresfehlbetrag lag bei rund 20,2 Millionen (Vorjahr: 7,9 Millionen).

“Der wesentliche Anteil der Umsatzerlöse wird in der DACH-Region erzielt. Die Steigerung des Umsatz ist maßgeblich auf die Verschmelzung und die damit zusammenhängende Erweiterung des Kundenstamms zurückzuführen”, teilt das Unternehmen (462 Mitarbeiter:innen) mit. Weiter heißt es zudem: “Durch die Verschmelzung sind die Umsatzerlöse und der Rohertrag nur eingeschränkt mit dem Vorjahr vergleichbar. Der Rohertrag der Curated Shopping GmbH lag im Geschäftsjahr 2018 bei EUR 11,5 Mio”.

Zum hohen Verlust schreibt das Unternehmen: “Das Jahresergebnis ist durch einmalige Aufwendungen im Zuge der Verschmelzung, die Unterhaltung zweier administrativ tätiger Unternehmungen bis einschließlich Juli sowie die Abschreibung des im Rahmen der Verschmelzung bilanzierten Geschäfts- oder Firmenwerts belastet, wodurch sich der Jahresverlust im Verhältnis zum Umsatz auf -28,54 % verschlechterte (EUR -20,24 Mio.)”. Dennoch bezeichnen die Hauptstädter 2019 als “ein zufriedenstellendes Geschäftsjahr”.

Das Corona-Jahr lief dann weniger zufriedenstellend! Die Pandemie führte ab März zu einem “signifikanten Rückgang der Kundennachfrage”. Im Home Office brauchten halt einfach weniger Menschen schicke Business-Klamotten! Am Ende erzielte das Unternehmen 2020 lediglich “ein zum Vorjahr vergleichbares Umsatzergebnis”. Weiter heißt es: “Das Neukundengeschäft war durch extreme Rabattprogramme der Wettbewerber und erhöhte Werbeaufwendungen zur Kundengewinnung geprägt, und ist daher im Geschäftsjahr 2020 hinter den Erwartungen geblieben”.

Für das laufende Jahr steht nun wieder “die Beschleunigung des Wachstums, insbesondere im Neukundengeschäft” auf der Agenda. Um dies alles zu bewerkstelligen sicherte sich das Unternehmen immer wieder weitere Investorengelder. “Die Gesellschafter haben in 2020 und 2021 weitere finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt”, heißt es im Jahresbschluss. Spannend sind dabei diese Zeilen: “Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 21. Dezember 2020 ist das Stammkapital der Gesellschaft um EUR 222.826,00 auf EUR 367.355,00 erhöht worden. In diesem Zusammenhang wurden freiwillige Zuzahlungen in die Kapitalrücklage geleistet, durch die die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, damit die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft im Prognosezeitraum gewährleistet ist”. Eine Pay to play-Runde in Reinform! Ohne diese wäre Outfittery wohl längst Geschichte.

Insgesamt flossen in den vergangenen Jahren (bis Ende 2019) bereits 63,8 Millionen Euro in Outfittery. Die Verluste des Grownups summieren sich auf derzeit 81,8 Millionen. Dazu heißt es im Jahresabscluss: “Das Eigenkapital lag zum Jahresende 2019 bei minus EUR 17,8 Mio. (vgl. EUR -6,8 Mio. im Vorjahr). Das negative Eigenkapital ist in voller Höhe durch in 2018 und 2019 gewährte Wandeldarlehen bzw. Gesellschafterdarlehen in Höhe von EUR 21,3 Mio. gedeckt. Die Darlehen sind mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen und decken das negative Eigenkapital in voller Höhe ab”.

Am Ende des Jahresabschlusses heußt es dann noch: “Nach dem Bilanzstichtag wurden weitere Finanzierungsmaßnahmen in Form von Eigen- und Fremdkapitalzuführungen abgeschlossen, sodass die Gesellschaft über ausreichend finanzielle Mittel für die Befriedigung der aktuellen und zukünftigen finanziellen Verpflichtungen bis 2022 verfügt”. Es bleibt somit noch etwas Zeit, das Ruder bei Outfittery rumzureißen.

Fakten aus dem Jahresabschluss 2019

* Die Geschäftsführung der Outfittery GmbH blickt auf ein zufriedenstellendes Geschäftsjahr 2019 zurück und konnte die Umsätze und den Rohertrag entgegen dem Trend in der Textilbranche weiter ausbauen. Das Wachstum konnte durch die erfolgreiche Verschmelzung der Curated Shopping GmbH auf die Outfittery GmbH und die damit verbundene Übernahme des Kundenstammes und Geschäftsbetriebs erreicht werden.
* Der Rohertrag 2019 (Nettoumsatz nach Retouren, Rabatten und Wareneinsatz) konnte auf EUR 42,2 Mio. gesteigert werden, davon betrug der über Outfittery Plattformen generierte Rohertrag EUR 38,4 Mio. Dies entspricht einem Zuwachs von 30 % gegenüber dem Vorjahr (Vorjahr: EUR 32,4 Mio.). Durch die Verschmelzung sind die Umsatzerlöse und der Rohertrag nur eingeschränkt mit dem Vorjahr vergleichbar. Der Rohertrag der Curated Shopping GmbH lag im Geschäftsjahr 2018 bei EUR 11,5 Mio.
* Der wesentliche Anteil der Umsatzerlöse wird in der DACH-Region erzielt. Die Steigerung des Umsatz ist maßgeblich auf die Verschmelzung und die damit zusammenhängende Erweiterung des Kundenstamms zurückzuführen.
* Bedingt durch die Integration der Curated Shopping GmbH, welche bis Jahresmitte einen eigenen operativen Betrieb aufwies, sind die indirekten Personalkosten (Fremdarbeiten ohne Service Kosten und direkte Personalkosten des Lagers) im Vergleich zum Vorjahr verhältnismäßig stark angestiegen, wobei sich in den auf die Verschmelzung folgenden Monaten schnell Synergieeffekte heben ließen. Für das Geschäftsjahr 2020 wird dementsprechend eine deutliche Verbesserung erwartet. Das Jahresergebnis ist durch einmalige Aufwendungen im Zuge der Verschmelzung, die Unterhaltung zweier administrativ tätiger Unternehmungen bis einschließlich Juli sowie die Abschreibung des im Rahmen der Verschmelzung bilanzierten Geschäfts- oder Firmenwerts belastet, wodurch sich der Jahresverlust im Verhältnis zum Umsatz auf -28,54 % verschlechterte (EUR -20,24 Mio.).
* Im Februar 2020 wurden erste Zeichen der weltweiten “COVID-19”-Pandemie in Europa sichtbar, welche zu einem signifikanten Rückgang der Kundennachfrage ab März 2020 führten. Die Gesellschaft kompensierte den temporären Nachfragerückgang durch die Ausweitung des Produktangebotes, wie die Einführung von “Self-Service”-Optionen, und erzielte in 2020 ein zum Vorjahr vergleichbares Umsatzergebnis. Fokus im Jahr 2021 ist die Beschleunigung des Wachstums, insbesondere im Neukundengeschäft.
* Hinsichtlich der wesentlichen finanziellen Leistungsindikatoren konnten für 2019 sowohl die ursprüngliche Umsatzprognose, welche vor Vollzug der Verschmelzung aufgestellt wurde, als auch der Ausbau des positiven Deckungsbeitrags III deutlich übertroffen werden. Die EBIT-Marge hingegen, belastet durch verschmelzungsbezogene Einmaleffekte, lag deutlich unter den geplanten Werten.
* Die Gesellschafter haben in 2020 und 2021 weitere finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Durch hohe Kapitalbindung im Working Capital insbesondere aus Lagervorrat und Kundenforderungen, ist ein entsprechendes Liquiditäts- und Working Capital Management sehr wichtig. Dies wurde frühzeitig erkannt und daher unterliegt das gesamte Cash- und Working Capital Management einer professionellen und engmaschigen Steuerung in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung sowie einer permanenten Optimierung. Die Liquiditätssituation der Gesellschaft wird laufend überwacht.
* Das Eigenkapital lag zum Jahresende 2019 bei EUR -17,8 Mio. (Vgl. EUR -6,8 Mio. in 2018). Das negative Eigenkapital ist in voller Höhe durch gewährte Wandeldarlehen der Gesellschafter in Höhe von EUR 12,4 Mio. sowie klassische Gesellschafterdarlehen in Höhe von EUR 8,9 Mio. gedeckt. Die Darlehen sind mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen. Aus der bestehenden Fremdkapitallinie wurden in 2019 weitere EUR 6,5 Mio. gezogen. Der Finanzmittelbestand zum Jahresende betrug EUR 3,0 Mio. (Vorjahr: EUR 8,8 Mio.).
* Nach dem Bilanzstichtag wurden weitere Finanzierungsmaßnahmen in Form von Eigen- und Fremdkapitalzuführungen abgeschlossen, sodass die Gesellschaft über ausreichend finanzielle Mittel für die Befriedigung der aktuellen und zukünftigen finanziellen Verpflichtungen bis 2022 verfügt.
* Das Neukundengeschäft hingegen war durch extreme Rabattprogramme der Wettbewerber und erhöhte Werbeaufwendungen zur Kundengewinnung geprägt, und ist daher im Geschäftsjahr 2020 hinter den Erwartungen geblieben.
* Die Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahresende betrug 462.

Outfittery im Zahlencheck

2019: 70,9 Millionen Euro (Umsatz); 42,2 Millionen Euro (Rohertrag); 20,2 Millionen (Jahresfehlbetrag)
2018
: 52,6 Millionen Euro (Umsatz); 32,4 Millionen Euro (Rohertrag); 7,9 Millionen (Jahresfehlbetrag)
2017
: 44,0 Millionen Euro (Umsatz); 26,3 Millionen Euro (Rohertrag); 7,0 Millionen (Jahresfehlbetrag)
2016: 42,6 Millionen Euro (Umsatz); 22,6 Millionen Euro (Rohertrag); 14,6 Millionen (Jahresfehlbetrag)
2015: 36 Millionen Euro (Umsatz); 18,8 Millionen Euro (Rohertrag); 17,1 Millionen (Jahresfehlbetrag)
2014: 18,7 Millionen Euro (Umsatz); 8 Millionen Euro (Rohertrag); 10,8 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2013: 3,6 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2012: 620.000 Euro (Jahresfehlbetrag)

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Foto (oben): Outfittery

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.