#Interview

“Das Ruhrgebiet ist ein Ort der Macher, nicht der Denker”

Mit "Tausche Bildung für Wohnen" unterstützen Bildungspaten SchülerInnen. Studenten oder Bundesfreiwilligendienstleistende helfen bei den Hausaufgaben und der Freizeitgestaltung. Finanziert wird das Projekt über Stiftungen, Sponsoren und dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes.
“Das Ruhrgebiet ist ein Ort der Macher, nicht der Denker”
Freitag, 13. September 2019VonSümeyye Algan

Seit 2014 hat sich in Duisburg ein Projekt etabliert, das die Bedürfnisse von Schülern und Studenten gleichermaßen erfüllt. Die Rede ist von “Tausche Bildung für Wohnen”. Studenten unterstützen Kinder und Jugendliche beim Lernen und bekommen dafür ein kostenloses WG-Zimmer im Stadtteil Marxloh. Die Gründer Christine Bleks und Tazeoglu gelten als Vorreiter einer Idee, die mittlerweile in Dortmund und Gelsenkirchen fortgeführt wird. In unserer Interview-Reihe haben wir mit Christine Bleks über das Ruhrgebiet gesprochen.

Reden wir über das Ruhrgebiet. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für das Ruhrgebiet als Startup-Standort?
Das Ruhrgebiet ist noch nicht so saturiert und heiß gekocht wie Berlin. Hier gründet man nicht, weil es cool ist GründerIn zu sein und ein Projekt zu haben, sondern weil man gründen will oder muss und es so viel Erneuerungsbedarf und Opportunitäten gibt! Traditionell ist das Ruhrgebiet ja ein Ort der Macher, nicht der Denker. Ein Ort, in dem man in den Tiefen nach Schätzen sucht und keine Angst hat sich dabei schmutzig zu machen. Als wir 2012 in Duisburg-Marxloh Tausche Bildung für Wohnen gegründet haben, hatten wir keine „Konkurrenz“ in der Nähe. Es gab niemanden, der Sozialunternehmertum, wie wir es begonnen hatten, betrieben hätte. Aufmerksamkeit zu bekommen war daher einfach.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Duisburg aus?
Mit der Impact Factory Duisburg hat Duisburg einen „Diamanten-Schleifer“, auf den sie hoffentlich ordentlich stolz ist. Ich persönlich bin jedenfalls dankbar und sehr froh, dass es einen Ort für Zukunftsmacher gibt. Hier entsteht ein Netzwerk, ein Ökosystem, das soziale, ökologische und ökonomische Innovationen nach vorne bringen wird, da besonders gestaltungsgestriebene Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen hier zusammen kommen.

Was ist in Duisburg einfacher als im Rest der Republik?
Jemanden, den man gerade erst getroffen hat, zu Duzen.

Was fehlt in Duisburg/im Ruhrgebiet noch?
Kollaboratives Denken und Handeln zwischen den Kommunen und hunderten Inititativen des Ruhrgebiets, kompetentere Gegenüber in den Kommunen und Behörden, Bürokratieabbau, sehr viel mehr Geld für Bildung und ein besserer und vorallem günstigerer Nahverkehr!

Zum Schluss hast Du hast drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Ruhrgebiet?
Erstens nicht immer nach Berlin schauen und den Schwanz einziehen, sondern weiter an der eigenen, besonderen Identität arbeiten. Dann weniger Konkurrenz und Kirchturmdenken der einzelnen Städte und mehr gemeinsames Denken und Handeln. Außerdem mehr Programme und Geld, von dem GründerInnen in der Gründungsphase leben können – und die dauert länger als sechs Monate.

Der digitale Pott kocht – #Ruhrgebiet


Mit hunderten Startups, zahlreichen Gründerzentren und -initativen, diversen Investoren sowie dutzenden Startup-Events bietet das Ruhrgebiet ein spannendes Ökosystem für Gründer. ds, die Gründerallianz Ruhr und der ruhr:HUB berichten gemeinsam über die Digitalaktivitäten im Revier.

Einhörner an der Emscher?! #BUCHTIPP

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Foto (oben): Tausche Bildung für Wohnen

Sümeyye Algan

Sümeyye Algan, Redakteurin bei deutsche-startups.de, mit Blick aufs Ruhrgebiet, seine Geschichten und Persönlichkeiten. Nach zwei Praktika bei der WELT in Berlin und dem WDR in Essen, arbeitete sie u.a. für den WDR und als freie Autorin für Informer Online.