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11 ultimative Tipps für alle, die auf Bootstrapping setzen

Nicht jedes Geschäftsmodell braucht Venture Capital. Auch wenn es sich manchmal anders anfühlt, denn in der Startup-Welt geht es leider oft immer wieder nur um das nächste Investment. Dabei ist Bootstrapping seit Jahren ein fester Bestandteil der Startup-Szene.
11 ultimative Tipps für alle, die auf Bootstrapping setzen
Freitag, 15. März 2024VonTeam

In der Startup-Welt dreht sich vieles um Investmentsuche, Millioneninvestments und mögliche Exits. Aber nicht jedes Startup kann und muss dieses riskante Millionenspiel mitmachen – und das ist auch gut so! Neben Ventures Capital ist deswegen das Wort Bootstrapping seit jeher fest mit der Startup-Welt verbunden. Beim Bootstrapping geht es schlicht und ergreifend darum, ein Unternehmen  mit begrenzten Ressourcen und ohne externe Finanzierungen aufzubauen.

Große Unternehmen lassen sich auch ohne Investorengelder aufbauen. Zu nennen wären hier spannende und erfolgreiche Digital-Unternehmen wie Leapsome, kartenmachereiKolibri GamesStudyflixEgoditor und Bears with Benefitsdie dies zuletzt in ganz unterschiedlichen Segmenten gezeigt haben. Das Berliner Unternehmen Leapsome, 2016 von Kajetan von Armansperg und Jenny von Podewils gegründet, bauten ihr Unternehmen, eine “Software für Performance Management und Engagement” bis 2022 ohne Geldgeber auf. Und holten sich dann als profitables Unternehmen Insight Partners, Creandum und Visionaries Club samt 60 Millionen Finanzspritze an Bord.

“Die Entscheidung Geld aufzunehmen haben wir ganz pragmatisch getroffen. Wir hätten es nicht gemusst. Es ist schön, aus einer Position der Stärke heraus ins Fundraising zu gehen, nicht, weil man unter Druck ist und das Geld braucht. Wir sind fünfeinhalb Jahre ohne Venture Capital genauso schnell gewachsen wie VC-finanzierte Startups. Für die Finanzierungsrunde haben wir uns schlussendlich entschieden, weil gerade der richtige Zeitpunkt dafür ist. Alle Zeichen stehen auf Wachstum”, sagte  Leapsome-Gründer von Armansperg damals.

Sein Tipp an alle Gründerinnen und Gründer, die ebenfalls auf Bootstrapping setzen möchten: “Grundsätzlich ist es empfehlenswert, so schnell wie möglich mit dem operativen Geschäft zu starten. Denn es gibt kein besseres Feedback als das der echten Kunden. Von daher würde ich dringend empfehlen: Startet mit einem ersten Prototypen und Kunden, denen ihr bereits vertrauen könnt, die volles Verständnis dafür haben, wenn es noch an der ein oder anderen Stelle hakt. Hängt euch also nicht zu lange daran auf, das in der Theorie perfekte Produkt zu entwickeln und dann erst in den Vertrieb zu gehen. Die Zauberformel lautet permanentes Iterieren anhand der Wünsche und Bedürfnisse der Kunden. Keine noch so teure Marktforschung kann mit diesem pragmatischen Ansatz konkurrieren.”

“Sales pays Salaries. Fokus zu Beginn muss deswegen auf einem guten Vertrieb liegen. Wenn niemand für deine Idee bezahlen möchte, gibt es vermutlich bessere Ideen, auf die du dich fokussieren kannst”, lautet der Tipp von Lukas Morys, Gründer von Scable. Das Stuttgarter Startup, 2017 gegründet, digitalisiert Fabriken. “Wir sorgen dafür, dass in der Fabrik Papierzettel verschwinden und alles am Smartphone erledigt werden kann”, sagt Morys das Konzept.

“Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, was einem bevorsteht – man muss sich jahrelang auf das Notwendigste beschränken. Ursprünglich hatten wir das nicht so geplant, aber wie gesagt, wollte uns in den ersten Jahren niemand Geld geben. Obwohl alle von der Technologie überzeugt waren, wollten sie erst sehen, ob der Markt unsere Lösung annimmt. Es ist als Geduld gefragt und man braucht Überzeugung für den eigenen Weg”, sagt Cristian Mudure, Gründer von Stackfield. Das Münchner Startup, 2012 gegründet, positioniert sich als “digitales Projektmanagement-Werkzeug”, das diverse Funktionen, die Teams für die Zusammenarbeit brauchen, kombiniert.

“Leider geht es nicht bei allen Geschäftsmodellen, von Anfang an profitabel zu sein. Aber sollte es möglich sein, sich mit erspartem Geld zu finanzieren, um das Geschäftsmodell und den Markt zu testen, kann ich das wärmstens empfehlen. Statt einem Tanz um Investoren, kann man sich voll und ganz auf das Problem und den Kunden konzentrieren und man sollte wirklich nicht unterschätzen, wie viel Arbeit Investoren auch mit sich bringen. Außerdem muss man sich auch gut überlegen, ob der Markt und das Geschäftsmodell wirklich Unicorn-Potenzial hat. Es gibt sehr viele sehr schöne Businesses, die deutlich gesünder laufen könnten ohne Investorendruck – siehe Pitch, welche gerade den Switch zu einer profitablen Firma probieren”, sagt Patrice Becker, Gründer von Throne. Das  deutsch-amerikanische Startup, 2021 gegründet, kümmert sich um das große Thema Creator Commerce.

Der Berliner Gründer Moritz Lindner, der reisetopia 2016 als Hobby-Blog über Meilen und Punkte gegründet und zum “Reisebüro und einer Tageszeitung” ausbaute, rät Bootstrapping-Gründerinnen und -Gründer vor allem zu Geduld: “Wenn mich die letzten Jahre eines gelehrt haben, dann ist es, dass durch das Bootstrapping alles ein wenig länger dauert und man sich manchmal ärgert, dass die Konkurrenz es schneller hinbekommt, weil sie mehr Mittel hat. Gerade am Anfang nagt es an einem, dass das Wachstum des Unternehmens lange dauert – manchmal kommt in dieser Zeit gerade mal ein neuer Leser am Tag dazu. Die Skaleneffekte bei Empfehlungen setzen schlicht deutlich später ein und auch dann geht es noch langsamer als bei Unternehmen, die viel Geld in Marketing investieren. Doch Geduld ist nicht nur bei der Kundengewinnung oder dem Umsatzwachstum notwendig. Die Mitarbeitergewinnung dauert länger, die Suche nach einem Büro dauert länger, die technische Entwicklung dauert länger und da einem auch weniger Türen durch Kontakte offenstehen, dauert auch der Beziehungsaufbau länger. Das Schöne ist allerdings, dass man als Gründer durch das Bootstrapping viel über Geduld lernt und sich umso mehr freut, wenn es vorangeht und man einzelne Erfolge feiert – diese fühlen sich deutlich realer und echter an, wenn man weiß, wie lange man darauf gewartet und wie viel Zeit und Kraft man investiert hat.”

“Der erste Rat ist: Nicht in Panik geraten!”, sagt Lars Reinartz, Gründer von Varycon. Das Mönchengladbacher Unternehmen, 2019 gegründet, hilft mit seiner Lösung Unternehmen dabei, ihren Media Content zu erstellen und international zu adaptieren. “Wenn man sich selbst finanziert, achtet man auch mehr darauf, was man macht und wie man sein Geld einsetzt und wird gegebenenfalls sehr vorsichtig. Man denkt mehr über einzelne Schritte nach. Wichtig ist dabei aber auch – und das ist mein zweiter Rat – man sollte die Sachen nicht zerdenken, denn das lähmt einen als Unternehmer und Organisation langfristig. Wenn sich eine Chance auftut, sollte man sie kurz überdenken, aber sie dann auch ergreifen, bevor es ein Anderer macht”, führt er weiter aus.

“Es ist wichtig, flexibel zu bleiben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und kluge Entscheidungen in Bezug auf Ausgaben zu treffen. Es ist auch wichtig, sich auf den Aufbau von Kundenbeziehungen und auf die Qualität des Produktes oder der Dienstleistung zu konzentrieren. Vor allem aber auch nicht zu viele Features zu entwickeln und stark auf das Feedback zu hören und viel Arbeit in UX zu stecken”, sagt Dominik Rapacki, Gründer von meetergo. Beim Kölner Unternehmen, 2021 gegründet, dreht sich alles um Termine.

“Wenn Du ein Business hast, welches kein Marktplatzmodell in einem ‘Winner takes it all’-Markt ist, was wohl für die meisten Businesses der Fall sein sollte, spricht aus meiner Sicht erst einmal viel für Bootstrapping oder alternative Finanzierungsmöglichkeiten, von denen es erstaunlich viele gibt. Mit Venture Capital ist der Weg vorprogrammiert – es muss ein Exit her, denn so funktioniert Venture Capital. Aber für ein Unternehmen gibt es ja viele andere Möglichkeiten und einen Exit verbaue ich mir nicht, nur weil ich kein Venture Capital aufgenommen habe. Alle anderen Möglichkeiten, wie zum Beispiel ein profitables Unternehmen langfristig zu führen, aber schon”, sagt Maximilian Zielosko, Gründer von BuchhaltungsButler. Das Berliner Startup, 2015 gegründet, möchte den Prozess der Finanzbuchhaltung automatisieren. Kürzlich übernahm der norwegische Softwarekonzern Visma das Unternehmen.

“Ich würde raten, die Konkurrenz genau im Auge zu behalten. Denn wenn das eigene Startup keinen messerscharfen USP hat bzw. das Produkt nicht um Klassen besser ist als das der Mitbewerber:innen, dann spielt das vorhandene Geld sehr wohl eine Rolle. Denn in einem Markt, an dem externe Investitionen ein Unternehmen rasant nach vorne katapultieren und Marktanteile bedeuten, macht das Geld eben doch einen Unterschied. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, die – nach Meinung vieler Expert:innen sowie auch meiner eigenen – vor uns liegen, kann Bootstrapping allerdings die sichere und bessere Wahl sein. So können Startups unabhängiger von der nächsten Finanzierungsrunde arbeiten und behalten bei gutem Wirtschaften den längeren Atem”, sagt Michael Hollauf, Gründer von MindMeister.

“Bootstrapping ist sicherlich nicht in allen Bereichen möglich. Aber wenn man im Gründungsteam alle wichtigen Kompetenzen vereint und keine teure Hardware oder Ähnliches benötigt, ist das eine super Möglichkeit, ein Business aufzubauen”, sagt Theresa Grotendorst, Gründerin von fobizz. Das Hamburger Startup, 2018 gegründet, setzt auf Online-Fortbildungen für Lehrkräfte.

“Bootstrapping ist vor allem im E-Commerce Bereich eine gute Option. Versuch Dein Produkt auf Marktplätzen anzubieten, wo Du eine vorhandene Infrastruktur nutzen kannst und teste, ob die User es interessant finden. Es muss nicht gleich der eigene Shop sein. Teste erstmal und nutze den Traffic, der auf Plattformen wie Amazon, Ebay oder sogar Etsy bereits vorhanden ist. Auch das Produkt muss noch nicht “perfekt” sein, nutze das Kundenfeedback auf den Plattformen und mach es besser – auch wir sind mit einem einzigen MVP gestartet, dass wir seitdem stetig verbessert haben”, sagt Laurence Saunier, Gründerin von Bears with Benefits. Das Münchner Startup, 2018 gegründet, verkauft Nahrungsergänzungsmittel in Form von Gummibärchen. Havea übernahm das Unternehmen Ende 2022. Der Kaufpreis lag im “zweistelligen Millionenbereich”.

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