#Interview

“Viele Startups messen ihrem Recruiting nicht genug Bedeutung bei”

Teylor wandelte sich vom Kreditgeber an Mittelständler zum Technologie-Anbieter. "Seit der Gründung hat sich die Teylor-Plattform somit zu einer ganzheitlichen Lösung für alle Stakeholder des KMU-Kreditmarktes entwickelt", sagt Gründer Patrick Stäuble.
“Viele Startups messen ihrem Recruiting nicht genug Bedeutung bei”
Dienstag, 17. Mai 2022VonAlexander Hüsing

Das junge FinTech Teylor, das 2018 von Patrick Stäuble in Zürich gegründet wurde, vermittelte zunächst Kredite an Mittelständler. Inzwischen bietet das Unternehmen seine Kredit-Technologie auch Banken an. Ilavska Vuillermoz, Weisshorn Asset und ehemalige Banker investierten zuletzt 6,5 Millionen Schweizer Franken in das Unternehmen. “Vor allem wollen wir das Geld nutzen, um in ganz Europa zu expandieren”, sagt Gründer Stäuble.

40 Mitarbeiter:innen arbeiten derzeit für Teylor. “2021 konnte Teylor den Umsatz pro Monat durchschnittlich um 30 % steigern und hat für das vierte Quartal 2021 den Break-Even erreicht. Wir haben Bankkunden aus der gesamten DACH-Region und erste Projekte außerhalb des DACH-Raumes. Über unsere Plattform haben wir 2021 ein Kreditvolumen von über zwei Milliarden Euro bearbeitet”, sagt Stäuble zum Stand der Dinge bei Teylor.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Teylor-Macher unter anderem über Technologien, Aufholbedarf und Feedback.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Teylor erklären?
Meine Großmutter kennt noch die Zeit, in der es weder Computer noch das Internet gab. Für einen Kreditantrag musste man zum Bankgespräch und stapelweise Papierkram ausfüllen. Trotz der Digitalisierung in vielen anderen Bereichen ist das im Firmenkundengeschäft heute in vielen Banken immer noch so. Deshalb haben wir eine Software entwickelt, die KMU-Kreditprozesse digitalisiert und automatisiert. Diese nutzen wir, um schnell und unkompliziert über eine digitale Plattform Kredite zu vergeben. Wir stellen die Software außerdem Banken zur Verfügung, um deren Kreditprozesse zu digitalisieren.

War dies von Anfang an euer Konzept, oder hat sich euer Modell seit dem Start irgendwie verändert?
2018 haben wir Teylor zunächst als reine Kreditplattform gegründet. Diese war schnell sehr erfolgreich und wir bekamen Anfragen von Banken, die an unserer Technologie interessiert waren. Anschließend haben wir unsere SaaS-Lösungen entwickelt und auf den Markt gebracht. Da wir über kostengünstige und effiziente digitale Kanäle Zugang zu einer umfangreichen Pipeline an qualitativ hochwertigen Kreditnehmern haben, konnten wir zudem das Interesse verschiedener Debt-Investoren wecken. Seit der Gründung hat sich die Teylor-Plattform somit zu einer ganzheitlichen Lösung für alle Stakeholder des KMU-Kreditmarktes entwickelt.

Ihr konntet kürzlich 6,5 Millionen Schweizer Franken einsammeln. Wofür braucht ihr das Geld?
Vor allem wollen wir das Geld nutzen, um in ganz Europa zu expandieren. Wir haben bereits mehrfache Anfragen von europäischen Banken und sind mit einigen davon schon in fortgeschrittenen Verhandlungen. Außerdem wollen wir einen Teil der Finanzierung in die Weiterentwicklung unserer Tech-Plattform investieren.

Wie ist ist denn die Schweizer Sicht auf die deutsche FinTech- und Startup-Welt?
Im Vergleich zur Schweiz ist die deutsche Szene viel größer. Derzeit tut sich viel im deutschen Markt, vor allem in der Berliner Start-up-Szene. Mit Blick auf die Finanzindustrie sehe ich nach wie vor einen hohen Aufholbedarf bei deutschen Banken, was Möglichkeiten für FinTechs schafft. Außerdem sind deutsche Finanzinstitute auch sehr offen für eine Zusammenarbeit.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Die Teylor-Plattform ist das Bindeglied zwischen KMU, Banken und Debt-Investoren. Wir bieten KMU eine schnelle, unkomplizierte Online-Finanzierung während wir Banken Software-as-a-Service-Lösungen zur Digitalisierung ihrer Kreditprozesse zur Verfügung stellen. Zudem bekommen Debt-Investoren über unseren Kreditfonds einfachen Zugang zu unserer KMU-Kreditpipeline und profitieren von unseren digitalen Vertriebskanälen und Risiko-Tools. Mit diesem Ansatz lösen wir das strukturelle Ertragsproblem des KMU-Kreditmarkts nicht nur teilweise, sondern ganzheitlich für alle involvierten Stakeholder. Unser Vorteil dabei ist, dass wir drei unterschiedliche Ertragsquellen haben und Synergien im Finanzierungs- und Softwaregeschäft nutzen können. Wir haben somit einen enormen Wettbewerbsvorteil. Denn die meisten Fintechs machen nur Tech und die meisten Finanzierungsunternehmen nur Finanzierung. Wir machen beides.

Wie ist überhaupt die Idee zu Teylor entstanden?
Vor Teylor habe ich zunächst als Produktmanager und anschließend als Head of Business Development bei einem Zürcher Fintech gearbeitet. Während dieser Zeit stand ich im Austausch mit vielen Banken und mir fiel auf, dass es im Privatkundengeschäft vonseiten der Banken bereits umfangreiche digitale Angebote gibt. Der KMU-Markt wurde jedoch komplett vernachlässigt. Dieses Problem wollte ich mit Teylor lösen. Später wurde uns bewusst, dass die mangelnde Digitalisierung nicht nur ein Problem für KMU ist, sondern auch für Banken und Kapitalgeber. Deshalb sind nach dem Launch der Kreditplattform später die Softwaresparte und der Kreditfonds entstanden.

Wie hat sich Dein Teylor seit der Gründung entwickelt?
2018 habe ich Teylor alleine gestartet und dann die ersten zwei Mitarbeiter eingestellt. Inzwischen besteht das Team aus 40 Mitgliedern. Wir suchen auch weiterhin nach Verstärkung, denn wir verzeichnen starkes Wachstum. 2021 konnte Teylor den Umsatz pro Monat durchschnittlich um 30 % steigern und hat für das vierte Quartal 2021 den Break-Even erreicht. Wir haben Bankkunden aus der gesamten DACH-Region und erste Projekte außerhalb des DACH-Raumes. Über unsere Plattform haben wir 2021 ein Kreditvolumen von über zwei Milliarden Euro bearbeitet.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Bislang ist eigentlich nichts so richtig schief gelaufen. Natürlich hat COVID auch unser Kreditgeschäft eingetrübt – so wie bei allen anderen Kreditplattformen und Banken – aber das konnten wir durch das starke Wachstum im Softwaregeschäft mehr als ausgleichen. Was für uns, wie sicherlich auch für die meisten Startups, zeitweilig herausfordernd war, ist die richtigen Leute für das Team zu finden. Mittlerweile gelingt uns das ganz gut, da wir im Markt einen gewissen Bekanntheitsgrad haben und wir sowohl in den Junior-Positionen als auch für das Senior Management sehr gute Kandidaten finden.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben sehr gut und schnell auf die Anforderungen des Marktes reagiert. Wir haben von Anfang an den Ansatz verfolgt, unsere Lösungen schnell auf den Markt zu bringen, um schnell Feedback zu bekommen und dieses dann auch zügig umzusetzen. Daraus sind neue Produkte entstanden wie etwa unser SaaS-Geschäft und der Kreditfonds. Aber auch die bestehenden Lösungen entwickeln wir konstant weiter basierend auf dem Feedback unserer Kunden. Aufgrund dieses agilen Ansatzes ist es uns gelungen, das am Markt führende Angebot zu entwickeln und uns von der Konkurrenz abzusetzen.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründern mit auf den Weg?
Hört auf eure Kunden! Statt de facto ein Produkt für sich selbst zu entwickeln, sollte man so schnell wie möglich an den Markt, um Feedback zu bekommen. Das ist entscheidend. Außerdem ist das Team enorm wichtig. Das klingt nach einer Binsenweisheit, aber ich sehe viele Startups, die ihrem Recruiting nicht genug Bedeutung beimessen. Dabei kann man mit dem richtigen Team jede Herausforderung meistern.

Wo steht Teylor in einem Jahr?
Wir wollen in diesem Jahr weiter aggressiv wachsen. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Unser Ziel ist es, die europaweit führende KMU-Kreditplattform zu werden. Außerdem wollen wir die Plattform weiter ausbauen und weitere Softwaremodule entwickeln. In einem Jahr wird keine Bank, keine KMU und kein Finanzierer mehr an Teylor vorbeikommen.

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Foto (oben): Teylor

 

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.