#Interview

“Durch unsere Erfahrungen hatten wir die Möglichkeit, schlank und fokussiert zu starten”

mokebo verkauft unter anderem Sofas, Kastenmöbel und Sitzsäcke. Das profitable Unternehmen erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz in Höhe von rund 3 Millionen Euro. 2021 werden die Kölner beim Umsatz auf jeden Fall um 100 % zulegen.
“Durch unsere Erfahrungen hatten wir die Möglichkeit, schlank und fokussiert zu starten”
Mittwoch, 21. Juli 2021VonAlexander Hüsing

Das Kölner Möbel-Startup mokebo, das 2018 von Philip Kehela und Moritz Messinger gegründet wurde, arbeitet seit dem ersten Jahr profitabel. 2020 erwirtschaftete das Unternehmen, das Sofas, Kastenmöbel, Metallkleinmöbel, Sitzsäcke und Heimtextilien anbietet, einen Umsatz “von mehr als 3 Millionen Euro”. “Wir können schon jetzt sagen, dass wir der Gesamtwert der Verkäufe in 2021 um über 100 % im Vergleich zum Vorjahr wachsen wird”, sagt Gründer Kehela.

Die Rheinländer bauten ihr Unternehmen bisher ohne Investoren auf. “Durch unsere Erfahrungen im E-Commerce und in der Plattform-Ökonomie hatten mein Mitgründer und ich die Möglichkeit, schlank und fokussiert zu starten. Nach der Gründung haben wir uns zunächst auf einen Lean-Launch mit einem Hersteller, der auch heute noch ein wichtiger strategischer Partner ist, sowie den Vertriebskanal Amazon fokussiert”, erzählt Kehela.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der mokebo-Macher zudem über Lieferketten, eBay und Köln als Gründerstandort.

Wie würdest Du Deiner Großmutter mokebo erklären?
Liebe Oma, Möbel kann man mittlerweile auch super online kaufen – und das sogar in einem bequemen und einfachen Prozess, sodass du mit Beginn der Bestellung viel Freude mit unseren langlebigen Produkten hast. Kund:innenzufriedenheit und Nachhaltigkeit sind für uns sehr wichtig, aber auch Transparenz. Unsere Kund:innen sollen wissen, wie die Möbel, die sie kaufen, genau aussehen, wie das Preis-Leistungs-Verhältnis ist und unter welchen Umständen und Bedingungen die Möbelstücke hergestellt wurden. Auf der anderen Seite der Lieferkette erleichtern wir es den Hersteller:innen, mit denen wir zusammenarbeiten, ihre Ware online zu verkaufen. Das machen wir auf unserer eigenen Website mokebo.de und auf den Plattformen von Otto und Amazon.

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Direkt nach unserer Gründung 2018 war unser Geschäftsmodell sehr stark auf Fremd-Plattformen ausgerichtet. Wir haben neben unserer eigenen Website auch über Amazon, Otto, eBay, Real und Hood verkauft. Weil wir aber effizienter sein wollten und bei der Kund:innenzufriedenheit Verbesserungspotenzial sahen, konzentrieren wir uns seit Anfang 2021 nur noch auf Otto und Amazon, die beide etwa 60 bis 70 % der Nachfrage für Home & Living-Produkte im deutschen E-Commerce abdecken. Zudem haben wir uns mehr auf unsere Brand und unseren eigenen Webshop konzentriert. Und dabei festgestellt, dass Kund:innen ihre Zweitkäufe lieber über mokebo.de tätigen und gerne direkt mit jemandem sprechen. Heute zählt unsere eigene Website zu unserem am schnellsten wachsenden Vertriebskanal.

Du hast mokebo bisher ohne Fremd-Finanzierungen und Kapitalgeber aufgebaut. War dies von Anfang an eine bewusste Entscheidung?
Ja! Durch unsere Erfahrungen im E-Commerce und in der Plattform-Ökonomie hatten mein Mitgründer Moritz und ich die Möglichkeit, schlank und fokussiert zu starten. Nach der Gründung haben wir uns zunächst auf einen Lean-Launch – also die perfekte Kombination aus so wenig Komplexität wie möglich und bestmöglicher Qualität zu machen – mit einem Hersteller, der auch heute noch ein wichtiger strategischer Partner ist, sowie den Vertriebskanal Amazon fokussiert. Zusammen mit der Tatsache, dass wir uns auf die Logistiklösung des Dropshippings konzentriert haben, konnten wir bereits im ersten Jahr profitabel operieren.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Die Produktsparte Home & Living gehört zu den Profiteuren im E-Commerce, denn durch die Corona-Krise kam es zum sogenannten Cocooning-Effekt: Es haben sich viele Menschen in die eigenen vier Wände zurückgezogen. Und dann wollten sie diese auch hübsch haben. Bei gleichzeitig geschlossenen Möbelhäusern hat das zu einem Boom des Online-Möbelmarkts geführt. Aber auch wir haben die Schattenseite zu spüren bekommen: Ressourcen-Engpässe und überhitzte Lieferketten haben uns das Leben nicht immer leicht gemacht. Kunststoff ist durch die weltweite massive Produktion von Covid-Antigen-Schnelltests rar geworden. Daher hat unser Kastenmöbel-Hersteller zum Beispiel bereits angekündigt, dass es bald zu ernsthaften Engpässen bei den aus Kunststoff bestehenden Druckknopf-Öffnern – Push-To-Open – für Türen und Schubladen kommen wird.

Wie ist überhaupt die Idee zu mokebo entstanden?
Meinem besten Kumpel Moritz und mir war eigentlich schon immer klar, dass wir selbst gründen wollen. Ursprünglich hatten wir eine ganz andere Geschäftsidee: Wir wollten ein Food-Startup aufbauen. Allerdings ist auch Handel und Vertrieb unser Ding. Wir wussten, dass der Möbelhandel viel Potenzial besitzt und es einen dringenden Bedarf gibt, nachhaltige Alternativen in diesem Segment zu schaffen. Uns hat der Ehrgeiz gepackt, den E-Commerce-Markt mit frischen Ideen und Ansätzen zu bereichern. Ich habe den Sprung aus meiner Festanstellung bei Amazon in die Selbständigkeit gewagt und zusammen mit Moritz mokebo gegründet.

Wie hat sich mokebo seit der Gründung entwickelt?
Wir sind seit dem ersten Jahr profitabel und hatten im Geschäftsjahr 2019 einen Gesamtumsatz von über einer Millionen Euro. Wir können schon jetzt sagen, dass wir der Gesamtwert der Verkäufe in 2021 um über 100 % im Vergleich zum Vorjahr wachsen wird. Zu unserem Sortiment zählt das, was viele Menschen im Zuge des Cocoonings suchen: Sofas, Kastenmöbel, Metallkleinmöbel, Sitzsäcke und Heimtextilien. Diese Produkte werden von sechs Partnern, mit denen wir insbesondere an nachhaltigen und fairen Arbeitsbedingungen arbeiten, hergestellt. In diesem Jahr ist geplant, zwei Möbelhersteller aus Dänemark in unser Konzept aufzunehmen und unser Sortiment dadurch um Lampen, Spiegel, Bilder und Bilderrahmen zu ergänzen. Wir haben zu zweit angefangen – das waren Moritz und ich. Mittlerweile sind wir 14 Leute, die entweder in Köln oder aus dem Home Office heraus arbeiten. 2020 haben wir einen Gesamtumsatz von mehr als drei Millionen Euro gemacht. Das entspricht einer angestrebten Wachstumsrate von 150 % von 2018 bis 2022.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Unser Vertrauen in eBay ist in die Brüche gegangen. Wir haben schmerzlich erfahren, wie abgeschlagen die Plattform im Vergleich zu Wettbewerbern mittlerweile ist und wie wenig sie für unsere Produkte als Vertriebskanal taugt – von überalterten Produktseiten über ein kaum zu skalierenden After-Sales bis hin zum ausbleibenden Erfolg durch die geringe Reichweite. Deswegen haben wir uns von eBay recht schnell zurückgezogen. Anfang 2019 ist dann unser zweiter Hersteller insolvent gegangen. Wir waren gerade erst gestartet und dabei, richtig Gas zu geben. Den dänischen Hersteller für Sitzsäcke und Lampen hatten wir für etwa vier Monate bei uns eingebunden, aufgebaut, sehr viel Arbeit und Liebe in die Produkte gesteckt und einen riesigen Erfolg im letzten Quartal 2018 erzielen können. Bis wir Anfang 2019 plötzlich keine Rückmeldung mehr bekamen. Als wir schließlich über die Insolvenz informiert wurden, mussten wir eine riesengroße Anzahl an offenen Bestellungen stornieren. Das war das Schlimmste, was uns als junges Start-up passieren konnte.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Bei unserem konsequenten Fokus auf Operational Excellence zum einen und exklusiven Möbelmodellen zum anderen. Bei uns wissen Kund:innen genau, wann ihre Möbel geliefert werden. Wir sind hier knallhart transparent. Niemand soll sich ärgern, dass das Lieferdatum ohne Information nach dem Kauf immer weiter verschoben wird. Wir gehen damit proaktiv und offen um und halten unsere Kund:innen auf dem Laufenden. Diese Kund:innenzentriertheit macht uns stolz und hebt uns von Mitbewerber:innen ab, ist aber verdammt schwierig herzustellen. Deshalb optimieren wir die Abläufe immer weiter, setzen auf Hersteller:innen aus Europa und exklusive, ausgewählte mokebo-Produkte.

Wo steht mokebo in einem Jahr?
Wir möchten unseren Weg als service-orientiertes, ehrliches und transparentes Startup in der Home & Living-E-Commerce-Branche weiter gehen und unsere Position auf dem Markt deutlich stärken. Dabei ist es unser Ziel, in allen Bereichen weiter zu wachsen: Wir möchten mehr Hersteller:innen und Partner:innen in unser Konzept aufnehmen, 100.000 Kund:innen bei ihrem Möbelkauf glücklich machen und unser Team vergrößern. Wir werden unseren Kund:innen außerdem das mokebo-Certified-Konzept vorstellen. Das ist ein Leitindex, den wir entlang von Kriterien wie Nachhaltigkeit, Preis-/Leistungsverhältnis und Produktfeatures entwickeln werden. Dadurch möchten wir Produktversprechen greifbarer machen, um so Menschen jeglicher Präferenzen und Budgets ansprechen und bedienen zu können.

Reden wir über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Die großen Möglichkeiten für tolle und talentierte Young Professionals. In Köln und der Umgebung gibt es viele starke Wirtschafts-Hochschulen. Außerdem hat Köln eine sehr bodenständige Mentalität. Wir müssen hier keinen „How to Start-up“-Regeln folgen, wie es teilweise in Berlin gelebt wird, sondern können eine eigene Identität entwickeln.

Was fehlt in Köln noch?
Mehr Startups, die wie wir die Welt des Handels von morgen auf den Kopf stellen wollen.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Mehr Mut, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, eine noch bessere Verzahnung zwischen Unis und Unternehmen und mehr Wahrnehmung für den Startup-Standort Köln nach außen.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen genaueren Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründerinnen und Gründer, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen gerade von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

KoelnBusiness

Foto (oben): mokebo

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.