#Interview

“Die Krise hat uns zu einer digitaleren Ausrichtung bewegt” 

wellabe, 2018 von Michael Theodossiou und Sebastian Dünnebeil gegründet, kümmert sich um das Thema “Betriebliche Gesundheitsmanagement”. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht wellabe-Macher Dünnebeil über Spiegeleier, Gesundheitswerte und Früherkennung.
“Die Krise hat uns zu einer digitaleren Ausrichtung bewegt” 
Dienstag, 20. April 2021VonAlexander Hüsing

Das junge Münchner Unternehmen wellabe, das 2018 von Michael Theodossiou und Sebastian Dünnebeil gegründet wurde, bietet Gesundheits-Check-ups am Arbeitsplatz und personalisierte, digitale Präventionsprogramme an. Es geht somit um das wichtige Thema “Betriebliche Gesundheitsmanagement”. Der Klinikbetreiber Sana Kliniken sowie die Altinvestoren Earlybird, Paua Ventures und Plug and Play investierten zuletzt 3 Millionen Euro in das Münchner E-Health-Startup.

Derzeit arbeiten 15 Mitarbeiter für das junge Unternehmen. “Darüber hinaus haben wir ein Netzwerk an Freiberuflern, beispielsweise unsere sogenannten Check-up Manager, die die Check-ups deutschlandweit durchführen. Diese haben inzwischen über 10.000 Check-ups bei den verschiedensten Kunden, vom Mittelstand bis zu Konzernen und vom Dienstleistungssektor bis zum fertigenden Gewerbe, durchgeführt”, sagt Gründer Dünnebeil.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der wellabe-Macher außerdem über Spiegeleier, Gesundheitswerte und Früherkennung.

Wie würdest Du Deiner Großmutter wellabe erklären?
Oma, als Du Deinen Herzinfarkt hattest, war das für uns alle ein großer Schock. Besonders für Opa, er kann sich ja nicht mal ein Spiegelei braten. Du hattest viel Glück, dass Du noch am Leben bist. Stell Dir vor, wir wären vor 20 Jahren zu Dir an Deinen Arbeitsplatz gekommen, hätten Deine wichtigen Gesundheitswerte gemessen und Dir hinterher genau erklärt, wie Du Dein Verhalten anpassen kannst. Peu à peu hättest Du Deinen Lebensstil etwas verbessern können. Du hättest bei uns regelmäßig die Möglichkeit gehabt, Deinen aktuellen Stand zu erfahren und mit dem Vorjahr zu vergleichen. Bei Verschlechterung hätten wir Dich sofort zum Arzt geschickt. So hättest Du den Herzinfarkt sehr sicher vermeiden können, weil Du über die Jahre ein Verständnis aufgebaut hättest, in welchem Zustand Dein Körper gerade ist und wie er auf Dein Verhalten reagiert. 

Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Aktuell ist es so, dass Arbeitgeber uns engagieren und wir mit unseren mobilen Laboren die Gesundheits-Check-ups vor Ort in den Unternehmen durchführen. Auch eine Beauftragung durch eine Krankenkasse ist bei der Durchführung denkbar, die Gesundheitsinitiativen im betrieblichen Kontext finanzieren. Für die Teilnehmer entstehen keine Kosten. Daten bleiben immer bei uns und werden weder mit der Krankenkasse noch mit dem Arbeitgeber geteilt. Neuerdings lizenzieren wir unsere Diagnose- und Telemedizinplattform auch für ausgewählte Leistungserbringer in Deutschland und Österreich. 

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Grundsätzlich sind wir unserem Konzept aus digitalem Kanal und persönlichem Kontakt treu geblieben. Aber natürlich passen wir unseren Check-up regelmäßig an und ergänzen ihn um neue Komponenten. So beispielsweise um eine HRV-Messung, um die Bausteine Stress und mentale Gesundheit noch besser abbilden zu können. Und gerade im letzten Jahr haben wir festgestellt, dass unser Angebot auch dezentraler und im Home-Office funktionieren muss. Daher sind wir bei der Produktentwicklung mit Kunden und Partnern im engen Austausch und haben unser Portfolio um Home-Tests für den Check-up zuhause erweitert. Mit einer smarten Waage, einem Blutdruckmessgerät und einem Bluttest, kann der Gesundheits-Status quo bequem zuhause erhoben und anschließend in Online-Gesundheitsberatungen mit unseren Ärzten und Coaches besprochen werden. Durch die Kooperation mit den Sana Kliniken konnten wir jetzt einen nahtlosen Übergang von Lifestyle Check-up am Arbeitsplatz zu einer Videosprechstunde durch einen niedergelassenen Arzt herstellen. Ferner kann unser Check-up bald auch in Präventions- und Versorgungszentren als medizinische Dienstleistung angeboten werden.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Da wir unsere Check-ups am Arbeitsplatz anbieten und dieser Zugangspunkt aufgrund von Kontaktbeschränkungen, Lockdowns und zunehmendem Home-Office zunächst wegfiel, haben wir die Auswirkungen sehr konkret gespürt. Die Durchführung der Check-ups wurde schwieriger und viele Termine wurden verschoben. Wie bereits genannt, haben wir im Zuge dessen unser Portfolio auch noch einmal erweitert und stehen unseren Kunden weiterhin als Partner in Gesundheitsfragen zur Seite. Grundsätzlich sehen wir auch deutlich, dass die Nachfrage gestiegen ist, weil die Krise zeigt, wie eng die Themen Gesundheit und wirtschaftlicher Erfolg von Unternehmen verknüpft sind. Der Stellenwert von Früherkennung, Prävention und telemedizinischen Angeboten hat sich noch einmal erhöht.

Wie ist überhaupt die Idee zu wellabe entstanden?
Mir wurde klar, dass wir zu wenig über unsere eigene Gesundheit wissen und oft erst agieren, wenn es Probleme gibt, die nicht mehr zu ignorieren sind. Gesundheit kann aber auch proaktiv und persönlich sein. Ich wollte ein Produkt schaffen, das Menschen frühzeitig einen transparenten und verständlichen Einblick in ihre Gesundheit gewährt. Viele kostet es Überwindung, sich aktiv mit dem Thema der eigenen Gesundheit auseinanderzusetzen. Wir setzen auf Neugierde und Vertrauen und senken damit auch die Barrieren bei unseren Teilnehmern. 

Wie hat sich wellabe seit der Gründung entwickelt?
2016 starteten wir als Projekt der Allianz X und gründeten 2018 wellabe – damals noch unter dem Namen Bodylabs – als GmbH aus. Seit der Early Stage sind Earlybird Venture Capital, Paua Ventures sowie Plug and Play Tech Center an Bord. Mit unserer letzten Finanzierungsrunde, die wir Ende 2020 abgeschlossen haben, haben wir zudem die Sana Kliniken als strategischen Investor und Partner gewonnen. Wir konnten über die Jahre renommierte Arbeitgeber als Kunden gewinnen, große Krankenversicherer als Reseller und etablierte Gesundheitsdienstleister als Anbieter unser Leistung. 

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist wellabe inzwischen ?
In unserem Büro im Münchner Technologiezentrum arbeiten aktuell rund 15 Mitarbeiter. Darüber hinaus haben wir ein Netzwerk an Freiberuflern, beispielsweise unsere sogenannten Check-up Manager, die die Check-ups deutschlandweit durchführen. Diese haben inzwischen über 10.000 Check-ups bei den verschiedensten Kunden, vom Mittelstand bis zu Konzernen und vom Dienstleistungssektor bis zum fertigenden Gewerbe, durchgeführt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wie schon angesprochen, hat uns Corona vor große Herausforderungen gestellt. Wir wollten unser Produkt immer dahin bringen, wo unsere Nutzer sich am häufigsten aufhalten, um Gesundheitsvorsorge so einfach und zugänglich wie möglich zu machen. Wir wollten einen digitalen Kanal, aber auch ganz explizit den persönlichen Kontakt. Dass sich von einer Woche zur anderen die Welt durch Corona so grundlegend verändert, dass wir unsere Check-ups nicht mehr am Arbeitsplatz anbieten können, das konnten wir uns nicht vorstellen. Wir mussten unser Produkt auf einmal ganz anders denken und lernen, agil zu bleiben, um innerhalb kürzester Zeit neue Lösungen und Konzepte entwickeln und umsetzen zu können. Wir mussten lernen, was es bedeutet für eine Zeit wirklich ausschließlich auf den digitalen Kanal angewiesen zu sein. Langfristig hat die Krise uns sicher zu einer digitaleren Ausrichtung bewegt

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir wollten ein Gesundheitsangebot entwickeln, das auf den Nutzer fokussiert ist, ein tolles Erlebnis bietet und Verständnis und Kommunikation auf Augenhöhe ermöglicht. Wenn wir unseren Teilnehmern und den sehr hohen Zufriedenheitswerten Glauben schenken dürfen, haben wir hier fast alles richtig gemacht. Einen so umfassenden Einblick in die eigene Gesundheit und das in dieser kurzen Zeit, gepaart mit den Ergebnissen in Echtzeit auf einen Blick und verständlich in der App, kommt sehr gut an. Auch dass wirklich fast alle unsere Kunden über Jahre geblieben sind zeigt, dass wir eine nachhaltige Beziehung zu unseren Kunden und Nutzern aufbauen.

Wo steht wellabe in einem Jahr?
Wir werden in diesem Jahr weitere Kunden und Teilnehmer für unsere Check-ups und Gesundheitsplattform gewinnen können. Teilnehmer sollen neben den digitalen Präventionsangeboten in Zukunft auch verstärkt Zugang zu passenden, medizinischen Leistungen erhalten. Zusätzlich wird das digitale Angebot wachsen. Neben Webinaren werden wir auch eine Reihe weiterführender Beratungen anbieten. So wollen wir unsere Teilnehmer noch langfristiger begleiten. Darüber hinaus soll der Check-up künftig auch in medizinischen Zentren angeboten werden. Wir werden damit unabhängiger von den Lokalitäten der Arbeitgeber.  Zudem investieren wir weiter in die Produktentwicklung und passen unseren Check-up regelmäßig an. 

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Foto (oben): wellabe

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.