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Alles Thrasio, oder was? Die Rückkehr der Klon-Kriege!

Immer mehr junge Startups und etablierte Shop-Betreiber setzen auf das erfolgreiche Thrasio-Konzept. Schon jetzt hantieren einige Unternehmen mit dreistelligen Millionenbeträgen herum. Wohl auch, um die Konkurrenz zu verschrecken.
Alles Thrasio, oder was? Die Rückkehr der Klon-Kriege!
Freitag, 29. Januar 2021VonAlexander Hüsing

In der deutschen Startup- und Digitalszene herrscht weiter extremes Thrasio-Fieber. Immer mehr junge Startups wollen kleinere Amazon-Händler (FBA – Fulfillment by Amazon) aufkaufen  und deren Geschäfte weiterführen. In den USA brachte Thrasio dieses Konzept zuletzt sehr schnell zum ganz großen Erfolg. Zudem entdecken derzeit einige etablierte Shop-Betreiber das Segment für sich. Hier einmal wichtigsten Thrasio-Klone aus deutschen Landen sowie einige etablierte Unternehmen, die nun auch im Segment mitmischen.

FBA-Aufkäufer aka Thrasio-Klone aus Deutschland

Amazing Brands Group 
Hinter der Kölner Amazing Brands Group stecken Jaschar Hupperth, Michael Baßler und Christoph Baumann. Die Rheinländer schreiben über sich selbst: “Wir sind ein Team mit jahrelanger Gründer-Erfahrung im Tech- & E-Commerce Bereich”. Mitgründer Baumann baute zuvor etwa Postando, ein Startup rund um postalisches Direktmarketing auf. Hupperth war zuletzt mit Amazon Next Level unterwegs. Baßler zu guter Letzt war in den vergangenen Jahren bei getbaff und bei Postando aktiv.

Brands United
Brands United aus Berlin wurde vom Tradora-Gründer Dieter Pfeffer und Marc Nußbaumer, zuletzt mit der Schmuckmarke Argentum 360, die jetzt auf den Namen Diamala hört, unterwegs, gegründet. JuwelKerze-Gründer Martin Werle investierte nach unseren Informationen zuletzt in das junge Unternehmen. Der erfolgreiche Shop-Betreiber hält derzeit 8,3 % an Brands United.

Marketplace Powerbrands
Hinter dem Münchner Startup Marketplace Powerbrands stecken Max Fischer und Jens Köpke, die sich der Beteiligungsgesellschaft KKR kennengelernt haben. Zuletzt startete das Duo gemeinsam mit dem Betten- und Matratzenhersteller Hilding Anders das Matratzen-Startup Hilding Sweden. Das Family Office der Familie Neumüller (Cewe) investierte bereits in Marketplace Powerbrands.

Merx
Merx aus Ludwigsburg wird von Christoph Stark (Succedo und Co.) vorangetrieben. Das Startup war bisher sehr still. Auf der Website heißt es: “Wir kaufen erfolgreiche Amazon FBA Produkte und Marken, die innerhalb ihrer Kategorie in der organischen Suche hervorragend platziert sind, starke Kundenbewertungen aufweisen, und das Potential für langfristiges Wachstum bei attraktiven Margen haben”.

Orange Brands
Hinter Orange Brands steckt Glossybox-Gründer Charles von Abercron. Das junge Startup verspricht: “Wir haben eine Betriebsplattform aufgebaut, um sorgfältig ausgewählten Microbrands in Deutschland und Europa ein neues Zuhause zu bieten”. Bisher trat das Stealth-Startup überhaupt nicht offiziell in Erscheinung.

plusultragroup
Über das Team von plusultragroup ist auf der Website nichts zu erfahren. Bei Wortfilter ist davon die Rede, dass Garret Whitmore und Björn Röber, derzeit noch bzw. zuletzt bei der Strategieberatung goetzpartners tätig, hinter dem Startup stecken. Die angehenden Jungunternehmer wollen “die führende Gruppe von Nischenmarken aufbauen”.

Razor Group
Die Berliner Razor Group wurde von  Tushar Ahluwalia und Jonas Diezun gegründet. Investoren wie Redalpine, Global Founders Capital (GFC), 468 Capital, Presight Capital und Angel-Investoren wie Mato Peric investieren in den vergangenen Monaten bereits über 40  Millionen Euro in das Unternehmen, einschließlich einer Debt-Finanzierung von Claret Capital. Die Bewertung der Jungfirma nach unseren Informationen bereits bei über 100 Millionen Euro liegen.

SellerX
Hinter SellerX stecken Malte Horeyseck (Dafiti-Gründer) und Philipp Triebel. Cherry Ventures investierte zunächst gemeinsam mit Felix Capital, Village Global und Business Angels wie David Schneider, Johannes Schaback, Philipp Kreibohm und Malte Huffmann 6 Millionen Euro in SellerX. Danach verkündete das Startup noch den Einstieg von TriplePoint Capital. Insgesamt ist von einer Investmentrunde in Höhe von 100 Millionen die Rede. Wobei es sich vor allem um Kredite handeln soll.

Thirstii
Das junge Unternehmen Thirstii wurde von Sami Turkie und Karsten Weber ins Leben gerufen. Kurz nach dem Start übernahm der amerikanische Amazon-Shop-Aufkäufer Thrasio seinen  deutschen Klon. Das Thirstii-Team fungiert nun als Thrasio Deutschland. Um die deutschen Klone ein wenig zu verschrecken verkündete der amerikanische Shop-Aufkäufer gegen Ende des vergangenen Jahres “für die Übernahme deutscher Amazon-Händler” ein “Investitionsvolumen von 225 Million US-Dollar”.

Zeelos
Zeelos wurde nach eigenen Angaben “von einem multidisziplinären Team aus den Bereichen Technologie, Supply Chain und Brand Management gegründet”. Weiter teilt das stille Startup mit: “Unsere Investoren sind erfahrene Gründer, CEOs und Family Offices”. Ein Impressum gibt es auf der Website des Startups auch nach Monaten noch immer nicht.

Weitere Shop-Aufkäufer aus Deutschland

Berlin Brands Group 
Auch die Berlin Brands Group, früher als Chal-Tec bekannt, mischt inzwischen im Shop-Aufkäufer-Segment mit. Die Hauptstädter suchen derzeit verkaufswillige Online-Händler mit einem Jahresumsatz zwischen 500.000 und 30 Millionen Euro. Insbesondere Shops aus den Berlin Brands Group-Kategorien Haushaltsgeräte, Audio und Gartenmöbel stehen dabei im Fokus. In den nächsten 18 Monaten plant das Unternehmen 250 Millionen Euro in “Akquisition von E-Commerce-Marken und Amazon-Händlern zu investieren”.

KW-Commerce 
KW-Commerce, 2012 von Jens Wasel und Max Kronberg gegründet, gilt als einer der größten Marktplatzhändler in Europa. Mittlerweile arbeiten über 300 Mitarbeiter für das Unternehmen, an dem die JCK Holding (Unternehmer und Mäzen Günter Kollmann) inzwischen 25 % hält. Zum Thema Aufkäufe heißt es von KW-Commerce: “Wir kaufen i.d.R. nur die Marke und die Produkte. D.h., dass nach dem Kauf eine Übertragung von Marken und Produkten aus Ihrem eigenen Lager oder dem Amazon Lager an uns transferiert werden”.

The Stryze Group
Der Berliner D2C-Champion ManuCo wandelt sich mit Hilfe von Alstin Capital, also Carsten Maschmeyer, dem Thrasio-Finanzierer Upper90 und einer Stiftung, die bis zu 100 Millionen Dollar in das Unternehmen stecken, zur The Stryze Group. Hinter dem Unternehmen stecken Szeneköpfe wie Sebastian Funke, Mark Hartmann, Sascha Krause und Taro Niggemann. ManuCo betreibt seit etlichen Jahren Direct-to-Consumer-Brands wie Gourmesso, Glorybrew, Barista Moments, Amazy, Lineavi, High Pulse, Eberbart, Bella & Balu sowie Nutrani.

Bonus: In Großbritannien setzt unter anderem Heroes auf das Thrasio-Modell. Das Londoner Unternehmen, das von den gebürtigen Hamburgern Riccardo Bruni und Alessio Bruni gegründet wurde, konnte kürzlich 65 Millionen Euro einsammeln – unter anderem von 360 Capital, Fuel Ventures und Upper90. Zudem baut Target Global derzeit mit Branded einen weiteren deutschen bzw. europäischen Anbieter auf.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.