#Interview

“Homebell hat turbulente Zeiten hinter sich, in denen das Unternehmen schnell gewachsen ist”

Homebell wandert unter das Dach von Portal United, dem Unternehmen hinter blauarbeit.de. "Wir sehen mit der Übernahme eine große Chance für die strategische Neupositionierung am Markt. Bisher waren wir ausschließlich im B2C-Geschäft tätig", sagt Alexander Oberst, Geschäftsführer von Portal United.
“Homebell hat turbulente Zeiten hinter sich, in denen das Unternehmen schnell gewachsen ist”
Donnerstag, 15. Oktober 2020VonAlexander Hüsing

Das Kölner Unternehmen Portal United, zu dem unter anderem die Handwerker-Plattform blauarbeit.de gehört, übernimmt die Überreste von Homebell. In das gescheiterte Berliner Startup, einem Handwerker-Dienstleister, das die Leistungen von Handwerksbetrieben vermittelte, flossen in den vergangenen Jahren rund 20 Millionen Euro – unter anderem von Rocket Internet, Lakestar, SevenVentures, Kärcher New Venture, Index Ventures, Helvetia Venture und Axa.

Anfangs war Homeball, das 2016 von Felix Swoboda und Sascha Weiler gegründet wurde, im B2C-Segment unterwegs, später folgte der Fokus auf B2B. Angedacht war zuletzt ein größerer Ausbau des Geschäftskundenbereiches, insbesondere für die Bearbeitung von Versicherungs-Schadenfällen. Weswegen wohl auch AXA Deutschland und Helvetia Versicherungen immer weiter in das Unternehmen investierten. Vor wenigen Monaten verschwand Homebell dann ohne große Ankündigungen aus dem Netz.

“Homebell hat turbulente Zeiten hinter sich, in denen das Unternehmen schnell sehr stark gewachsen ist. Der Wunsch der Gründer, Felix Swoboda und Sascha Weiler, die Handwerksplattform international zu betreiben, hat neben anderen Faktoren dazu geführt, dass das Unternehmen nicht die geplanten Umsätze verbuchen konnte. Aus den Herausforderungen und Learnings der letzten Jahre möchten wir nun einen Neustart in Angriff nehmen”, sagt Alexander Oberst, Geschäftsführer von Portal United.

Die Rheinländern wollen sich mit Homebell nun auch im B2B-Segment etablieren. “Wir glauben fest daran, dass das Prinzip funktioniert. Anders als in den vergangenen Jahren, sollen Homebell und die entstehenden Geschäftsmodelle im Bereich B2B unter dem Dach der Portal United GmbH langfristig aufgebaut werden. Wir werden den Fokus und die Investments ganz klar auf die Geschäftsfelder setzen, die sich nach einer ersten Anlaufphase auch als langfristig erfolgversprechende Modelle herausstellen”, führt Oberst aus.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Portal United-Macher außerdem über organisches Wachstum, kundenorientierte Lösungen und finale Entscheidungen.

Homebell ist vor einigen Monaten sang- und klanglos aus dem Netz verschwunden. Nun wandert die Plattform unter das Dach von Portal United. Was sind die Gründe für die Übernahme?
Wir, die Portal United GmbH, die ja mit blauarbeit.de auch das älteste Handwerksportal in Deutschland betreibt, sehen mit der Übernahme von Homebell eine große Chance für die strategische Neupositionierung am Markt. Bisher waren wir ausschließlich im B2C-Geschäft tätig und über viele Jahre erfolgreich. Nun gilt es, vor allem den Handwerksbetrieben, die gemeinsam mit Blauarbeit gewachsen sind, weitere spannende Optionen an die Hand zu geben. Diese sehen wir vor allem im B2B-Geschäft. Homebell hat, auch wenn es noch keinen durchdringenden Markterfolg gab, vor allem systemseitig enorm gute Voraussetzungen dafür geschaffen. Daran gilt es anzuknüpfen und die Fesseln, die es zu Beginn der Homebell-B2B-Phase gab, schnell abzulegen. Vor dem Hintergrund der langfristigen strategischen Denkweise, die uns bei Portal United auszeichnet, sollen nach und nach neue Mehrwerte für Handwerksbetriebe entstehen, sowohl im Bereich B2C, aber vor allem auch im B2B Geschäft.

Seit der Gründung im Jahre 2015 investierten diverse Geldgeber knapp 20 Millionen Euro in Homebell. Die Verluste von Homebell waren fast genauso hoch. Kann das Homebell-Prinzip überhaupt langfristig funktionieren?
Wir glauben fest daran, dass das Prinzip funktioniert. Anders als in den vergangenen Jahren, sollen Homebell und die entstehenden Geschäftsmodelle im Bereich B2B unter dem Dach der Portal United GmbH langfristig aufgebaut werden. Wir werden den Fokus und die Investments ganz klar auf die Geschäftsfelder setzen, die sich nach einer ersten Anlaufphase auch als langfristig erfolgversprechende Modelle herausstellen. Rund um Philipp Hamm, der 2019 schon bei Homebell für das B2B-Geschäft verantwortlich war, soll in Berlin perspektivisch ein neues Team aus motivierten MitarbeiterInnen aufgebaut werden, um mit voller Überzeugung die Potenziale im Bereich B2B auszuschöpfen. Homebell hat turbulente Zeiten hinter sich, in denen das Unternehmen schnell sehr stark gewachsen ist.

Was lief dabei schief?
Der Wunsch der Gründer, Felix Swoboda und Sascha Weiler, die Handwerksplattform international zu betreiben, hat neben anderen Faktoren dazu geführt, dass das Unternehmen nicht die geplanten Umsätze verbuchen konnte. Aus den Herausforderungen und Learnings der letzten Jahre möchten wir nun einen Neustart in Angriff nehmen. Zu Beginn werden wir daher verschiedene Geschäftsmodelle im Bereich B2B im Markt validieren, bevor wir eine finale Entscheidung treffen.

Wie viel vom alten Homebell steckt überhaupt noch im neuen Homebell?
Grundsätzlich gilt die Devise: Wir möchten das, was bei Homebell schon gut angelaufen ist, in die neue Struktur übernehmen. Allerdings werden wir das, was wir durch unsere vorhandene Struktur und unsere langjährige Erfahrung am Markt glauben besser zu können, auch umsetzen. Die Kombination dieser beiden Punkte soll Homebell zum Erfolg führen. Während Homebell zwischenzeitlich in mehreren Ländern aktiv war, konzentriert sich Portal United nach dem Relaunch zunächst auf deutschlandweite Aktivitäten. Daher werden wir Homebell mit Sitz in Berlin unter der Leitung von Philipp Hamm neu aufbauen. Dabei gibt es auf unserer Seite eine große Offenheit, über das ehemalige Homebell-B2B-Geschäft hinaus auch neue Ansätze zu prüfen. Falls Bedarf und Potenzial am Markt besteht, werden wir diese auch angehen. Wir sind sehr stolz darauf, dass uns grundsätzlich trotz der Übernahme nahezu alle bisherigen Handwerksbetriebe weiter ihr Vertrauen schenken. Das möchten wir durch die Bereitstellung von Mehrwert bringenden Lösungen auch zurückgeben.

Homebell war zwischenzeitlich in mehreren Ländern aktiv. Ist dies auch künftig eine Option?
In absehbarer Zeit ist dies nicht geplant, da der Geschäftsaufbau zunächst Schritt für Schritt in Deutschland durchgeführt werden soll und wir organisches Wachstum erzielen möchten.

Zu Portal United gehören auch blauarbeit.de und meister.de. Wie sollen diese Plattformen und Homebell zusammenarbeiten?
Mit der Portal United GmbH schaffen wir Plattformen, über die AuftraggeberInnen zu professionellen HandwerkerInnen und DienstleisterInnen rund um Haus und Grund finden. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist hierbei unser oberstes Gebot, um den Endkunden und AnbieterInnen der Dienstleistungen den bestmöglichen Service zu liefern. Unser Ziel ist es, durch die Integration kundenorientierter Lösungen, einen Mehrwert für beide Seiten zu schaffen und ein möglichst breites Angebot im Bereich Dienstleistungen abzudecken. Zur möglichen Zusammenarbeit: Jeder Plattform liegt ein eigenes Geschäftsmodell und eine eigenständige Organisation zugrunde, aber natürlich liegt es auf der Hand, dass die einzelnen Portale auch eng zusammenarbeiten. Ein konkretes Beispiel ist, dass wir an einer übergeordneten Kundendaten-Struktur arbeiten, um für jede/n KundIn, egal ob VerbraucherIn oder HandwerkerIn, am Ende ein passendes Angebot für den jeweiligen Bedarf zu haben. Durch die deutliche Erweiterung unseres Portfolios ist das nun ganz gezielt möglich.

Wo steht Homebell in einem Jahr?
Das mit den Homebell Assets ausgestaltete B2B-Geschäft wird ein sehr gut integrierter und wichtiger Teil der Portal United sein und wird im ersten Jahr “unter neuem Dach” schon enorm von der vorhandenen Expertise profitiert haben. Darauf aufbauend hat sich das Geschäft im Laufe des Jahres 2020 für viele Unternehmen, die im B2B-Bereich Bedarf an Handwerkerleistungen haben, bereits als ein/e wertvolle/r PartnerIn auf Augenhöhe entwickelt.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.