#Interview

“Es ist nicht mein Ziel möglichst schnelles Wachstum zu erreichen”

Das HR-Startup Jobpushy liefert seinen Kunden kostenlos "maßgeschneiderte Jobangebote". "Geld verlangen wir von Firmenkunden, wenn ihre Jobpostings priorisiert und eine Vielzahl von Jobs ausgeschrieben werden sollen", sagt Gründer Marc-Oliver Scheele.
“Es ist nicht mein Ziel möglichst schnelles Wachstum zu erreichen”
Freitag, 18. Oktober 2019VonAlexander Hüsing

Seit rund drei Jahren positioniert sich Jobpushy als Empfehlungsdienst für IT-Jobs und IT-Projekte.  “Wir bieten Softwareentwicklern, Admins usw. einen Alerting-Dienst, der Ihnen E-Mails zusendet, falls im Internet ein Job auftaucht, der wirklich gut zu ihnen passt. Noch anders ausgedrückt:  Wir sind ein Marktplatz für IT-Jobs, der ein wenig anders funktioniert und vor allem die Wünsche der ITler im Auge behält”, erklärt Sologründer Marc-Oliver Scheele das Konzept hinter seinem Startup. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Münchner außerdem über schnelles Wachstum, Überzeugungen und Preisgestaltungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Jobpushy erklären?
In der schönen Vorstellung meine Großmutter würde noch leben und sie wüsste, was Computer sind und was man unter Informationstechnologie  versteht, würde ich es wie folgt probieren: Frauen und Männer, die in der IT arbeiten, können sich von uns einen neuen und gut passenden Job suchen lassen. Das funktioniert sowohl für Festanstellungen, wie auch für freiberufliche Projekte. Dazu teilen Sie uns auf Jobpushy stichwortartig ihre Wünsche und Qualifikation mit. Dann können sie sich zurücklehnen und warten bis wir ihnen via E-Mail passende Jobangebote zu schicken. Unsere Jobpushy-Software durchsucht das Internet dafür laufend nach passenden Projekt- und Stellenanzeigen. Spannende Jobs können Firmen bei uns auch direkt melden. Genauso wie wir Menschen, probiert auch unser Jobpushy-Service ständig dazu zu lernen. Dazu können die ITler die vorgeschlagenen Jobs mit einem Mausklick bewerten. Bei den nächsten Jobvorschlägen wird dieses Feedback dann berücksichtigt. Unsere Mission bei Jobpushy.de ist es, jedem Softwareentwickler, Administration, Produktmanager und anderen ITlern einen Job zu vermitteln, der wirklich gut passt und rundum glücklich macht.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Das Grundkonzept, ein IT-Job-Altering-System anzubieten, welches zielgerichtet, datensparsam und ohne unqualifizierte Anfragen auskommt, hat sich nicht verändert. Allerdings gab in den letzten drei Jahren viele Ausbaustufen von Jobpushy. Im Sinne des Lean-Startups Ansatzes bin ich mit einem MVP gestartet. Damals existierte de facto nur das Frontend. Das Backend, welches die Jobs im Internet scannt und das Matching macht, war ich in Persona. Das wurde schnell ziemlich stressig! Für jede Anmeldung musste ich manuell auf Jobsuche gehen und die Ergebnisse an den User versenden. Mittlerweile ist unser Jobpushy-System zum großen Teil automatisiert. Insbesondere das Backend mit seinen Matching-Fähigkeiten und dem Job-Importer bzw. Job-Crawler ist sehr mächtig geworden. Weiter haben wir die Konzepte im User-Bereich weiterentwickelt. Hat der ITler anfangs nur eine kurze Beschreibung plus Link zum Stellenangebot bekommen, erhält er heute von uns eine Zusammenfassung innerhalb unserer Dienstes und kann sich auf Wunsch direkt über unser System bewerben.

Wie funktioniert denn das Geschäftsmodell?
Die Basis-Funktionen von Jobpushy sind für beide Seiten des Marktplatzes kostenlos. Die jobsuchenden ITler können unseren Service voll umfänglich gratis nutzen. Firmen kommen ebenfalls in den Genuss gratis bei uns Jobs zu posten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Firma ein Startup ist, besonders moderne Technologien nutzt oder ein überdurchschnittliches Gehalt zahlt. Geld verlangen wir von Firmenkunden, wenn ihre Jobpostings priorisiert und eine Vielzahl von Jobs ausgeschrieben werden sollen. Zusätzlich unterstützen wir die Unternehmen gegen ein gewisses Entgelt bei der Erstellung von fachlich ansprechenden IT-Stellenbeschreibungen, sowie beim technischen Screening durch fachliche Interviews – auf Wunsch inklusive Coding-Aufgaben. Zukünftig werden die IT-Jobsuchenden uns ebenfalls finanziell unterstützen können. Für einen geringen fixen Betrag können Sie auf einen “VIP-Account” upgraden. Hierdurch bekommen Sie regelmäßiger qualitätsgeprüfte Jobangebote. Zusätzlich können sie sich im Interview auf unserem Blog “vermarkten” und erhalten im persönlichen Gespräch mit mir Tipps für ihren Lebenslauf und die Jobwahl.

Wie genau hat sich Jobpushy seit der Gründung entwickelt?
Langsam, aber stetig. Den Service Jobpushy.de entwickle ich als sogenannter Solopreneur. Somit ist es nicht mein Ziel durch viele Mitarbeiter möglichst schnelles Wachstum zu erreichen. Stattdessen finanziert sich unser Jobvermittlungsangebot aus eigener Kraft. Stichwort: Bootstrapped, In Zukunft plane ich meine Erfahrungen mit anderen Solopreneuren auf der Website solopreneur.club zu teilen.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß istJobpushy inzwischen?
Fester Mitarbeiter: Einer! Wir haben einige tausend User auf unserer Plattform. Der MRR ist im niedrigen vierstelligen Bereich. Um die Jahrtausendwende habe ich das schnell wachsende Startup SeachBroker gegründet. Wir waren mit 4 Millionen Mark finanziert und die Investoren hatten ordentlich gepushed. Am Ende sind wir mit der Blase geplatzt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die Krise überlebt hätten, wenn wir aus eigener Kraft gewachsen wären. Das hat mich zu der Überzeugung gebracht, dass es oft gesünder ist, gerade in der Anfangsphase ohne fremdes Kapital auszukommen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Da gab es in der Anfangsphase ein kleinen Fauxpas in Sachen Markenanmeldung: Nachdem das grobe Konzept stand, die Domains jobpushy.de und jobpushy.com registriert waren, melde ich Jobpushy als Marke in Europa und in den USA an. Ich verzichte auf anwaltliche Unterstützung und meldete die Marken selber an. Ich tätigte ein kleine Google-Recherche um sicherzustellen, dass Jobpushy bisher noch nicht in Nutzung ist und somit einer Anmeldung nichts im Wege steht. Nachdem ich mich durch die recht aufwendige Registrierung des amerikanischen PTO gekämpft hatte und die anständige Registrierungsgebühr überwiesen hatte, kam ein paar Wochen später das Feedback vom Amt: Die Markenanmeldung sei nicht möglich, da bereits vor mir ein Eintrag für die Marke “Jobpusher” eingegangen ist. Glück im Unglück: Die Anmeldung der Konkurrenzmarke war noch nicht vollständig. Nachdem der Markenanmelder die Informationen über zwei Jahre nicht nachgereicht hatte, wurde seine Anmeldung gestrichen. So wurde uns die Markenanmeldung glücklicherweise letztes Jahr auch noch in den USA zugesprochen.

Und wo hast Du bisher alles richtig gemacht?
Da unser Service sehr preisgünstig gegenüber vergleichbaren Angeboten ist, konnten wir auch ohne großes Marketing einen stetigen Zulauf verzeichnen. Diese Preisgestaltung ist durch unsere minimale Teamgröße und die sehr niedrigen Fixkosten erst möglich geworden. Persönlich bin ich froh, durch das genügsame Wachstum ein vernünftige Balance zwischen dem Job/Unternehmertum und meiner fünfköpfigen Familie gefunden zu haben.

Wo steht Jobpushy in einem Jahr?
Jobpushy ist kein Geheimtipp mehr, sondern eine bekannte Marke für zielgerichtete Vermittlung von passenden IT-Jobs. Wir hoffen jeden Monat an die 100 IT-ler nachweislich in einen Job gebracht zu haben, der voll den Erwartung entspricht und rund.um glücklich macht.

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Foto (oben): Jobpushy

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.