#Interview

“Der Ruhrpott ist ehrlich und herzlich”

"Hier bekommt man als Startup viel mehr Aufmerksamkeit von Endkunden, Politik und Presse. Wir waren mit Pottsalat in kurzer Zeit in allen Lokalzeitungen, im Radio und sogar in der 'Bild'", sagt Pottsalat-Mitgründer Ben Küstner über die Startup-Szene im Ruhrgebiet.
“Der Ruhrpott ist ehrlich und herzlich”
Freitag, 5. Juli 2019VonAlexander Hüsing

Das junge Food-Startup Pottsalat beliefert Essen und Umgebung mit leckeren Salaten. In Sachen Marketing setzt das Team des Startups voll und ganz auf Facebook. Mit Erfolg! Kürzlich wurde das Startup sogar von Facebook-Managerin Sheryl Sandberg lobend für seine Werbeaktivitäten erwähnt – siehe “Wenn Sheryl Sandberg deine Facebook-Ads lobt!“. Im Ruhr-Interview spricht Pottsalat-Mitgründer Ben Küstner, der die Jungfirma gemeinsam mit Pia Gerigk und Alexandra Künne führt, über die Startup-Szene in Essen und im Ruhrgebiet.

Reden wir über das Ruhrgebiet. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für das Ruhrgebiet als Startup-Standort?
Der Ruhrpott ist ehrlich und herzlich. Hier herrscht ein Zusammenhalt, den ich so nirgendwo auf der Welt kennen gelernt habe.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Essen aus?
Ein frisch gezapftes Stauder nach Feierabend.

Was ist in Essen einfacher als im Rest der Republik?
Hier bekommt man als Startup viel mehr Aufmerksamkeit von Endkunden, Politik und Presse. Wir waren mit Pottsalat in kurzer Zeit in allen Lokalzeitungen, im Radio und sogar in der “Bild”. In Berlin wäre das mit Sicherheit so nicht passiert. Der Wettbewerb um Aufmerksamkeit ist dort einfach viel höher. Auch junge Mitarbeiter zu finden, die Bock haben, etwas zu bewegen, ist hier glaube ich inzwischen leichter als an der Spree.

Was fehlt in Essen bzw. im Ruhrgebiet noch?
Im Vergleich zu den Startup Hochburgen fehlt hier ganz klar der Zugang zu relevanten Investoren. Das ist in Berlin natürlich viel besser. Dort kann man viele Leute auf dem kurzen Dienstweg in kurzer Zeit treffen. So ein Prozess dauert aus dem Pott heraus natürlich länger. Und auch wenn man jemanden an der Angel hat, bekommt man leider ständig die Frage gestellt, warum den nicht nach Berlin, Hamburg oder München gehen würde… Viele können sich das einfach nicht vorstellen und denken wir Leben hier hinterm Mond. In Sachen Gründergeist hinken wir jedoch noch stark hinterher. Der Verlust vorm Scheitern ist hier einfach sehr stark verankert. Aus meinem familiären Umfeld sowie dem Freundes und Bekanntenkreis waren die Meisten sehr skeptisch. Der Großteil hätte so einen Schritt, seine eigene Firma zu gründen und damit “alles auf eine Karte zu setzten” auch nicht gewagt. Auf der anderen Seite bin ich genauso froh nach Feierabend nicht ständig über irgendwelche Ex-Rocket Leute, die nächste Finanzierungsrunde und das Uber für X sprechen zu müssen.

Zum Schluss hast Du hast drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Ruhrgebiet?
Erstens: Mehr echter Gründergeist. Zweitens: Weniger künstlicher Hype. Drittens: Weniger Co-Working Spaces. Sorry aber die sprießen hier gerade stärker aus dem Boden, als es ernsthafte Gründungen gibt.

Der digitale Pott kocht – #Ruhrgebiet


Mit hunderten Startups, zahlreichen Gründerzentren und -initativen, diversen Investoren sowie dutzenden Startup-Events bietet das Ruhrgebiet ein spannendes Ökosystem für Gründer. ds, die Gründerallianz Ruhr und der ruhr:HUB berichten gemeinsam über die Digitalaktivitäten im Revier.

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Foto (oben): Pottsalat

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.