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Webtrekk: “Fortbestand überwiegend wahrscheinlich”

In den vergangenen Jahren lief es nicht rund bei Webtrekk. Die Markteinführung der Webtrekk Suite dauerte länger als gedacht. Und der Aufbau war teuer! Zudem brach zuletzt ein Großkunde weg. "Der Fortbestand der Gesellschaft ist überwiegend wahrscheinlich", teilt das Unternehmen nun mit.
Webtrekk: “Fortbestand überwiegend wahrscheinlich”
Dienstag, 5. Februar 2019VonAlexander Hüsing

Seit 2004 buhlt das Berliner Unternehmen Webtrekk, eine Customer Analytics-Plattform, um Kunden. Über 100 Mitarbeiter wirkten zuletzt für Webtrekk, das von Christian Sauer und Norman Wahnschaff gegründet wurde. Webtrekk unterstützt seine Kunden dabei, das Verhalten ihrer Webseiten- und App-Nutzer geräteübergreifend zu verstehen, zu analysieren und gezielt für Marketing-Maßnahmen anzuwenden. Klingt alles gut, zuletzt lief es aber nicht rund bei Webtrekk, wie ein Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt.

Im aktuellen Jahresabschluss heißt es: “Insgesamt konnte Webtrekk die gesetzten Wachstumserwartungen im Jahr 2016 nicht erfüllen”. Und auch 2017 lief es gar nicht rund bei den Hauptstädtern: “Im Umsatz konnte Webtrekk die für 2017 geplanten Budget-Zahlen nicht erreichen und bleibt mit einem Umsatz von TEUR 11.641 unter Vorjahresniveau”. Und auch 2018 lief es nicht wirklich rund! “Die hohen Vertragsabschlüsse Ende 2017 und Anfang 2018 haben dazu geführt, dass die Umsätze im Zeitraum Januar bis August 2018 um 16 % über denen des Vorjahres lagen. Für das Geschäftsjahr 2018 wird aufgrund der Weiterentwicklung der Webtrekk Customer Analytics Platform mit neuen Features und dem Ausbau der Vertriebsaktivitäten eine Fortsetzung der Dynamik der ersten acht Monate in den restlichen Monaten des Jahres 2018 erwartet”, heißt es im Jahresabschluss.

Aussichtslos ist die Lage aber nicht: “Da die Kosten unterhalb des Planungs-Niveaus liegen, wird für das Geschäftsjahr 2018 eine starke Verbesserung des EBITDA gegenüber dem Vorjahr sowie ein leicht positives EBITDA (> TEUR 500) erwartet. Aufgrund des gegenüber dem Vorjahr besserten EBITDA und dem Ertrag aus dem Verkauf einer Tochtergesellschaft wird im Vergleich zum Vorjahr ein deutlich besseres und positives Ergebnis vor Gewinnabführung erwartet (TEUR >750)”. Mit der Tochtergesellschaft ist AdClear gemeint. “Durch Erlöse aus dem Verkauf der Tochtergesellschaft zum Jahreswechsel 2017/2018 (Barkaufpreis TEUR 2.681) kann die Finanzierung der Webtrekk gesichert werden”, heißt es weiter im Jahresabschluss. Klingt nicht gut! Gut klingt es auch nicht, wenn das Unternehmen in eigener Sache schreibt: “Auf Grundlage der in 2018 fortgeschriebenen Unternehmensplanung und der oben beschriebenen Maßnahmen gehen wir davon aus, dass der Fortbestand der Gesellschaft überwiegend wahrscheinlich ist”.

Hier einige Hintergründe zur angespannten Lage bei Webtrekk: Die Markteinführung der Webtrekk Suite dauerte länger als gedacht. Und der Aufbau war teuer! “Die Fertigstellung der Analytics Komponente der Webtrekk Suite ging mit dem vorübergehenden Ausbau personeller Ressourcen im Bereich Entwicklung und Produktmanagement einher. Dadurch erhöhte sich der Personalaufwand um TEUR 1.136 auf TEUR 7.173”, heißt es im Jahresabschluss. 2017 konnte das Unternehmen dann vermehrt Neukunden gewinnen. Gleichzeitig brach ein Großkunde weg. Dazu heißt es seitens des Unternehmens: “Allerdings hat der bis dato größte Webtrekk Kunde das Geschäftsvolumen zum Jahreswechsel 2016/2017 signifikant reduziert. Die in 2017 gewonnenen Neukunden konnten diesen Geschäftsverlust nicht vollständig kompensieren”. 2019 muss Webtrekk nun wieder in die Spur kommen, sonst muss ein neuer Plan her. Zuletzt lief es aber gut für das Unternehmen: 2018 ist Webtrekk nach eigenen Angaben (vorläufige Zahlen) um 15 % gewachsen.

Fakten aus dem Jahresabschluss 2016
* Insgesamt verzeichnet die Webtrekk GmbH im Geschäftsjahr einen Anstieg des Nettoumsatzes iHv. TEUR 527 (4,6% Wachstum gegenüber dem Vorjahr) von TEUR 11.486 im Geschäftsjahr 2015 auf TEUR 12.013. Der Nettoumsatz ist definiert als Umsatz abzüglich des bezogenen Mediavolumens (zB Google AdWords), welches an Kunden weiter verrechnet wird. Der Nettoumsatz ist ein wesentlicher finanzieller Leistungsindikator.8 Aufgrund der im Vergleich zur Planung für das Geschäftsjahr 2016 deutlich späteren Markteinführung der Suite fiel das Umsatzwachstum deutlich geringer aus als geplant.
* Anfang 2016 waren bei der Gesellschaft 117 Mitarbeiter beschäftigt, zum 31. Dezember 2016 waren dies 117, d. h. der Mitarbeiterbestand ist auf Jahressicht konstant geblieben.
* Insgesamt sind die Umsätze der Gesellschaft im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 % leicht zurückgegangen auf insgesamt TEUR 12.059. Dies ist zunächst auf die Einstellung des SEM-Services zurückzuführen, der in 2015 noch knapp über TEUR 1.200 Umsatz generierte. Dabei handelt es sich um bezogene Medien-Fremdleistungen, die an Webtrekk Kunden weiterverrechnet wurden. Betrachtet man den Umsatz abzüglich des im SEM-Bereich weiterverkauften Medienvolumens (zB Google AdWords) erhält man den Nettoumsatz. Der Nettoumsatz hat sich von TEUR 11.486 im Jahr 2015 auf TEUR 12.014 im Geschäftsjahr gesteigert. Dies entspricht einer Wachstumsrate von 4,6 %. Somit hat 2016 das durch den Vertrieb realisierte Neugeschäft den stattgefundenen Bestandskundenverlust überkompensiert.
* Insgesamt konnte Webtrekk die gesetzten Wachstumserwartungen im Jahr 2016 nicht erfüllen. Die verspätete Markteinführung der Suite hatte zur Folge, dass die Suite-Umsätze aus Upselling bei Bestandskunden und mit Neukunden unter dem Budget lagen. Die höheren Personalkosten – insbesondere im Entwicklungsbereich – sowie die geringeren Umsätze haben zu der Ausweitung des negativen Ergebnisses aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit ggü dem Vorjahr geführt.
* Darauf aufbauend konnte Webtrekk in 2017 die Kundenbasis durch zahlreiche Neukunden deutlich ausweiten. Allerdings hat der bis dato größte Webtrekk Kunde das Geschäftsvolumen zum Jahreswechsel 2016/2017 signifikant reduziert. Die in 2017 gewonnenen Neukunden konnten diesen Geschäftsverlust nicht vollständig kompensieren. Im Umsatz (TEUR 11.641) konnte Webtrekk die für 2017 geplanten Budget-Zahlen nicht erreichen.
* Die Gesellschaft hat im Geschäftsjahr 2018 operative Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung ergriffen: (a) Erwerb einer vormals als Aufwand bezogenen Softwarelizenz, (b) Erwerb von Serverinfrastruktur, die vormals geleast wurde und (c) Reduktion von bezogenen Leistungen für die Q3 und Analytics Software-Entwicklung und (d) Reduktion der Marketingaufwendungen. Des Weiteren wird eine deutliche Umsatzsteigerung und eine geringere Aufwandsquote erwartet.
* Auf Grundlage der in 2018 fortgeschriebenen Unternehmensplanung und der oben beschriebenen Maßnahmen gehen wir davon aus, dass der Fortbestand der Gesellschaft überwiegend wahrscheinlich ist.
* Durch Erlöse aus dem Verkauf der Tochtergesellschaft AdClear zum Jahreswechsel 2017/2018 (Barkaufpreis TEUR 2.681) kann die Finanzierung der Webtrekk gesichert werden.
* Die hohen Vertragsabschlüsse Ende 2017 und Anfang 2018 haben dazu geführt, dass die Umsätze im Zeitraum Januar bis August 2018 um 16% über denen des Vorjahres lagen. Für das Geschäftsjahr 2018 wird aufgrund der Weiterentwicklung der Webtrekk Customer Analytics Platform mit neuen Features und dem Ausbau der Vertriebsaktivitäten eine Fortsetzung der Dynamik der ersten acht Monate in den restlichen Monaten des Jahres 2018 erwartet. Da die Kosten unterhalb des Planungs-Niveaus liegen, wird für das Geschäftsjahr 2018 eine starke Verbesserung des EBITDA gegenüber dem Vorjahr sowie ein leicht positives EBITDA (> TEUR 500) erwartet. Aufgrund des gegenüber dem Vorjahr besserten EBITDA und dem Ertrag aus dem Verkauf einer Tochtergesellschaft wird im Vergleich zum Vorjahr ein deutlich besseres und positives Ergebnis vor Gewinnabführung erwartet (TEUR >750).

Webtrekk im Zahlencheck

2017: 11,6 Millionen Euro (Umsatz)
2016: 12,0 Millionen Euro (Umsatz); 10,0 Millionen Euro (Rohergebnis); -3,8 Millionen Euro (Ergebnis nach Steuern)
2015: 11,5 Millionen Euro (Umsatz); 10,5 Millionen Euro (Rohergebnis); -2,3 Millionen Euro (Ergebnis nach Steuern)
2014: 10,3 Millionen Euro (Umsatz); 7,6 Millionen Euro (Rohergebnis); 631.706 Euro (Jahresfehlbetrag)
2013: 9,7 Millionen Euro (Umsatz); 8,0 Millionen Euro (Rohergebnis); 923.337 Euro (Jahresüberschuss)
2012: 957.712 Euro (Jahresüberschuss)
2011: 627.400 Euro (Jahresüberschuss)

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.