Bianca Gfrei im Interview

“Wir haben Kritikern eine große Angriffsfläche geboten”

Kiweno wurde 2014 von Bianca Gfrei und Robert Fuschelberger gegründet. Aus einer persönlichen Notwendigkeit heraus entstanden, begann die Gründerin damit, anwendbare Test-Kits für Zuhause zu verschicken. Vimedics oder Cerascreen bieten ein ähnliches Angebot und keines davon ist unumstritten.
“Wir haben Kritikern eine große Angriffsfläche geboten”
Dienstag, 17. Januar 2017VonChristina Cassala

Das E-Health-Unternehmen kiweno wurde 2014 von Bianca Gfrei und Robert Fuschelberger in Tirol gegründet. Aus einer persönlichen Notwendigkeit heraus entstanden, begann die Gründerin damit, anwendbare Test-Kits für Zuhause zu verschicken, mit denen der User schnell Klarheit über Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -intoleranzen erhält.

Die Auswertung erfolgt über ein zertifiziertes Labor, die persönlichen Ergebnisse und passende Ernährungstipps können online auf unserer Plattform eingesehen werden. Zu den Investoren zählen Hansi Hansmann und Rudi Semrad. 2016 erhielt kiweno eine Anschlussfinanzierung von der ProSiebenSat.1-Tochter 7NXT. Medizintests bieten auch die beiden Start-ups Vimedics oder Cerascreen und alle drei Unternehmen sind mit ihrem Angebot nicht unumstritten. Was das genau bedeutet und wie man damit umgeht, darüber sprach deutsche-startups.de mit der Gründerin.

kiweno ist 2015 mit zwei Selbsttests auf den Markt gekommen. Seither ist viel passiert: berichtet uns doch mal von euren wichtigsten Schritten?
Seither ist wirklich viel passiert! Ganz grundsätzlich ist kiweno den Kinderschuhen entwachsen: Wir haben unsere Strategie angepasst und mit der Erweiterung unseres Produktportfolios um Biomarker-Tests den Fokus noch stärker auf Gesundheitsprävention gelegt. In München haben wir ein eigenes Office bezogen und damit auch den ersten Stein für den Marktstart in Deutschland gelegt.

Anfang des Jahres habt ihr sieben Mio. Euro in der Sendung „2Minuten2Millionen“ (österreichisches Pendant zu „Die Höhle der Löwen) in Medialeistung eingesammelt: welche Erfahrungen habt ihr dort gesammelt und wie habt ihr das Geld bisher eingesetzt?
Auf der einen Seite hat uns die Präsenz in der Sendung viel Aufmerksamkeit und Kontakte zu Medien, Kooperationspartnern und weiteren Investoren gebracht. Andererseits haben wir durch die öffentliche Zurschaustellung auch etwas unserer Authentizität und Sympathie als kleines Start-Up einbüßen müssen. Als Start-Up sollte man sich genau überlegen, ob Kosten und Nutzen stimmen. Das Investment wird vor allem für Marketing-Kampagnen, u.a. eine TV-Kampagne in Deutschland und Österreich, eingesetzt.

Seit einigen Monaten sind vier weitere Tests auf dem Markt. Welche sind das und wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Wir möchten uns mit den neuen Produkten breiter aufstellen und unser ganzes Expertenwissen einbringen, um die Basis für eine ausgewogene Ernährung und Prävention zu schaffen. Die richtige Ernährung hat starken Einfluss auf Leistung, Konzentration, Gemüt und auch auf das äußere Erscheinungsbild. Unsere neuen Biomarker-Tests (veggie testet Biomarker für Vegetarier, performance testet Biomarker für Sportler, happy und beauty) messen verschiedene Nährstoffe und Hormone im Blut und Harn, um eine Mangel- oder Überversorgung frühzeitig anzuzeigen.

Wie sehr seid ihr mit eurem Angebot auf das Feedback der Kunden angewiesen?
Im Gegensatz zu manch anderem Start-up ist kiweno nicht am Reißbrett, sondern aus der persönlichen Notwendigkeit heraus entstanden. Insofern ist es unser aller Motivation und Antrieb zu schaffen, was unseren Kunden wirklich hilft. In der Weiterentwicklung gehen wir daher sehr stark auf das Feedback unserer Kunden ein, um das Produkt das wir für sie schaffen, ständig zu verbessern. Und Lob sowie wertvolle Kritik bekommen wir auch – über unsere Hotline, per Email oder beispielsweise auch über unsere Community auf Facebook.

Bluttests, wie sie sowohl kiweno als auch Konkurrenz wie z.B. Vimedics oder Cerascreen anbieten, sind bei Medizinern nicht unumstritten. Wie sehr wirft euch das in der Unternehmenskultur zurück und wie reagiert ihr öffentlich auf diese Kritik?
Wir haben den Kritikern in der Vergangenheit eine große Angriffsfläche geboten, weil wir beispielsweise keine klaren Disclaimer auf der Homepage hatten. Doch wir haben aus diesen Fehlern gelernt und nehmen Kritik als eine Möglichkeit an, uns zu verbessern. „Ihr bewegt etwas. Ihr bekommt nur so viel Kritik ab, weil die großen Institutionen ihr Geschäftsmodell gefährdet sehen. Das ist für ein Startup per se keine schlechte Nachricht“, meinte unser Investor Hansi Hansmann im Hinblick darauf. Es ist ein hart umkämpfter Markt, in dem wir uns bewegen. Aber auch hier wird sich einiges entwickeln in den kommenden Jahren.

Ihr plant eine weitere Finanzierungsrunde für 2017. Macht sich die Kritik bemerkbar bei der Suche nach weiteren Investoren?
Die Reaktionen fallen ganz unterschiedlich aus. Während manche dann erst recht Aufklärung wünschen, reagieren andere wiederum mit Desinteresse. Das Gesundheitssystem wird von einer enormen Lobby dominiert. Um sich professionell ein Gesamtbild zu machen, sollte daher auch immer die Gegenseite angehört werden.

Wir bauen auf Investoren und Experten, die in neuen medizinischen Forschungsrichtungen eine Chance sehen. Und wir sehen an unseren Kunden, wie sehr wir ihnen im Alltag mit einfachen Tests helfen können. Das spornt uns und unsere Investoren tagtäglich an.

Wie sehr sind Ärzte und vor allem Krankenkassen an eurem Angebot interessiert?
Das Konzept, das wir verfolgen, ist noch sehr neu und innovativ. Bis vor kurzem war es nahezu undenkbar, dass medizinische Tests unkompliziert und schnell zu Hause durchgeführt und zur Auswertung in ein Labor geschickt werden. Wir bieten damit nun eine neue Möglichkeit, seine Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Damit sehen wir uns als Partner in der Gesundheitsprävention und Ergänzung zum medizinischen Angebot: In diesen Bereichen möchten wir zu einem innovativen Partner für Unternehmen, Versicherungen und Krankenkassen werden und erfahren dabei zum Teil auch schon regen Zuspruch. Wir können Ärzten und Krankenkassen als digitaler Partner zur Seite stehen und maßgeblich zur Digitalisierung im Bereich Gesundheit und Medizin beitragen.

In eurer Vision: wohin geht die Reise in den nächsten Monaten?
Unsere Vision ist es, Gesundheit zu demokratisieren. Das heißt den Zugang zu vormals kostenintensiver Labordiagnostik zu erleichtern. Wir werden unser Portfolio erweitern, als auch unsere Gesundheitsplattform my.kiweno, die unseren Usern nicht nur Zugang zu ihren persönlichen Gesundheitsdaten, sondern auch zahlreiche weiterführende Informationen und praktische Tipps liefert, weiterentwickeln. Dabei werden wir stark mit Kunden zusammenarbeiten und in unseren Innovationsprozess miteinbeziehen.

Wie viele Tests habt ihr bislang verkauft, bzw. wie viele Kunden hat kiweno Stand heute?
Wir haben schon wenige Monate nach Launch eine sechsstellige Stückzahl an Tests verkauft. Wir sehen also, dass wir mit unserem Angebot den Nerv der Zeit treffen und ein Bedürfnis abdecken. Was uns ganz besonders freut, dass der Großteil der Kunden gleich mehrere Produkte bestellt – dies zeigt, dass das Vertrauen seitens der Kunden groß ist und unsere Produkte auch gerne Freunden und Familie weiterempfohlen werden.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.