15 Fragen an Florian Dorfbauer

“Man ist nah am Geist der Zeit, das Gefühl ist gut”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Florian Dorfbauer von Usersnap.
“Man ist nah am Geist der Zeit, das Gefühl ist gut”
Freitag, 2. Dezember 2016VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Ich freue mich jeden Tag, in einem so tollen Team zu arbeiten und an spannenden Projekten zu arbeiten. Was Produkte wirklich großartig macht, sind die Kreativität und die Ideen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Als eigener Chef kann man sich sein Team selber zusammenstellen, das ist letztlich die unmittelbarste Art, seines Glückes Schmied zu sein.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee zu Usersnap entstand aus einem echten Problem heraus. Wir haben damals schon als Webagentur zusammengearbeitet und stießen auf ein Problem: Wie kommuniziert man Designänderungen mit Kollegen oder Kunden und wie beugt man Missverständnissen vor? Uns hat damals ein Tool gefehlt, mit dem man visuell, mit Screenshots kommunizieren kann und das haben wir mit Usersnap entwickelt.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir haben 2013 ein Seed-Investment von Speedinvest erhalten sowie weitere Investments von vier Business-Angels.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Unser Tool ist vielseitig einsetzbar: als Bug Tracker für Webentwickler, als Feedback-Tool im Bereich User Testing und auch im Kundenservice-Bereich. Diese verschiedenen Funktionen zu kommunizieren und die richtige Zielgruppe anzusprechen, war eine große Herausforderung.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Usersnap hat sich über die Jahre hinweg immer weiterentwickelt. Es gab einige Dinge, die in der Gründungsphase schwierig waren, allerdings ist es mit begrenzten Ressourcen am Anfang immer sehr schwierig. Insgesamt gab es aber kontinuierlich Erfolgserlebnisse, wir konnten große Kunden gewinnen und uns international etablieren, sodass ich sehr zufrieden bin.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Für uns ist Inbound Marketing sehr wichtig. Nach dem Vorbild von Buffer haben wir bis vor kurzem alle unsere Kunden über Inbound-Marketing-Aktivitäten gewonnen. Unternehmen werden über unsere Blog Posts oder Gastbeiträge auf uns aufmerksam, abonnieren vielleicht unseren Newsletter und testen dann kostenlos unser Tool. Ab sofort werden wir auch Long-Form-Content, insbesondere E-Books, einsetzen.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Das waren ganz viele Leute. Besonders kann ich aber Michi Schuster von Speedinvest nennen. Das Seed-Investment hat uns nicht nur finanziell geholfen, sondern uns auch Zugang zu einem Netzwerk an Kontakten ermöglicht.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Release early and often. Es hilft sehr, eine Idee Freunden und Bekannten vorzustellen und Feedback zu Mockups oder Prototypen einzuholen. Damit stellt man sicher, dass man keine Probleme löst, die gar nicht existieren.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Für uns als österreichisches Startup sind vor allem Austausch-Programme interessant. In diesem Jahr waren wir einen Monat in Berlin, um die Startup-Szene dort kennenzulernen, letztes Jahr waren wir in den USA. Ich würde mir ein Investment in Programme dieser Art wünschen, damit auch ganz junge Start-ups von Anfang an die Möglichkeit haben, über den Tellerrand zu blicken.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich bin eigentlich promovierter Physiker, allerdings hat mir in der Physik das unternehmerhafte sehr gefehlt. Ich genieße es, in einem Tech-Start-up zu arbeiten. Man hat dort das Gefühl, man ist sehr nah dran, am Geist der Zeit. Vielleicht stimmt das auch nicht, aber das Gefühl ist gut.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Mäuschen spielen würde ich bei keinem wollen. Die meisten Gründer sind anderen Gründern ohnehin aufgeschlossen, will man etwas wissen kommt man mit Fragen sehr weit.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
In meine Jugend – dort würde ich mir selber erzählen, wie aufregend die Zukunft sein wird.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Vorausgesetzt ich hätte Zeit, würde ich ausgiebig Asien und Südamerika bereisen. Die dort gesammelten Ideen würden vermutlich zur Gründung ein neues Startups führen. Den Rest des Geldes würde ich dort reinstecken. Außerdem würde ich mir einige zero-G Flüge leisten.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Im grünen Prater in Wien mit meiner Frau und meinen zwei Söhnen. Wenn ich Glück habe, schaffe ich es, erst abends den Laptop anzuschalten und die nächste Woche vorzubereiten.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Kim Gordon, der ehemaligen Bassistin von Sonic Youth.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Florian Dorfbauer ist Mitgründer und Geschäftsführer des SaaS-Startups Usersnap. Zuvor war er CEO der Webagentur La Gentz. Er hält ein Doktorat in technischer Physik der Technischen Universität Wien.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.