Term-Sheet-Verhandlung 10
Wichtige Schlussbestimmungen in Term-Sheets
Dies ist der zehnte und damit letzte Beitrag einer Beitragsreihe über Term-Sheets und deren Verhandlung. Die Autoren gehen in dieser Beitragsreihe insbesondere auf die Unternehmenswert-Ermittlung bei Start-ups, auf Probleme des geistigen Eigentumsrechts und auf konkrete Regelungen eines Term-Sheets ein, und geben Gründern wertvolle Hinweise, wie sie sich auf eine Term-Sheet Verhandlung vorbereiten und was sie dabei beachten sollten.
Informationsrechte des Investors
Als Gesellschafter einer GmbH hat ein Investor gegenüber dem Start-up umfangreiche gesetzliche Auskunfts- und Einsichtsrechte, die nicht durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen werden können.
Diese Rechte beziehen sich auf Angelegenheiten des Start-ups, wobei Gesellschaftern auch die Einsicht in die Bücher und Schriften zu gestatten ist. Dabei muss der Investor auf sein Verlangen hin unter anderem über die wirtschaftliche Situation des Start-ups, Verträge mit Geschäftspartnern und die Struktur der Mitarbeiterschaft unterrichtet werden.
Daneben hat der Investor als Mitglied der Gesellschafterversammlung weitere Prüfungs- und Überwachungsbefugnisse.
So kann die Mehrheit der Gesellschafter des Start-ups die Geschäftsführung dazu verpflichten, über bestimmte Gegebenheiten Auskunft zu erteilen und Geschäftsunterlagen vorzulegen.
Über besondere Situationen, wie etwa einer drohenden finanziellen Krise des Start-ups, ist der Investor ebenfalls zu informieren.
Das Gesetz sieht allerdings nicht vor, dass die Geschäftsführung die Gesellschafter ohne deren Verlangen regelmäßig über Geschäftspolitik, Unternehmensplanung und die wirtschaftliche Situation des Start-ups aufklärt.
Zur Beobachtung der Entwicklung des Start-ups erwarten Investoren aber eine solche regelmäßige Unterrichtung.
Daher wird in Term-Sheets häufig ein Informationssystem festgelegt. Dieses kann auch zur Entlastung der Geschäftsführung führen, etwa wenn Investoren aufgrund der ohnehin regelmäßig erteilten Informationen von weiteren – außerplanmäßigen – Anfragen absehen und die Gründer damit nicht bei ihrer täglichen Arbeit blockieren.
Bei der Einrichtung eines Informationssystems ist allerdings Vorsicht geboten. Oftmals entlastet es die Geschäftsführung nicht, sondern blockiert sie stark, wenn etwa die zeitlichen Abstände der Unterrichtung zu nah beieinander liegen und/oder die Pflicht zur Erteilung der Informationen zu umfassend ist.
Gerade Start-ups sind aufgrund ihrer meist geringen Mannstärke und der oft (noch) unzureichenden Struktur nicht dazu in der Lage, den Investor in der Art und Weise zu unterrichten, wie dies etablierte Unternehmen leisten können.
Hier gilt es für Gründer in der Term-Sheet Verhandlung realistisch abzuschätzen, was sie überhaupt leisten können.
Zustimmungsvorbehalte des Investors
Als Gesellschafter des Start-ups ist der Investor Mitglied der Gesellschafterversammlung, deren zustimmender Beschluss zu einigen wesentlichen Änderungen und Maßnahmen des Start-ups erforderlich ist.
So entscheidet die Gesellschafterversammlung etwa über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses, die Einziehung von Geschäftsanteilen, die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern und etwaige Satzungsänderungen.
Zusätzlich kann noch ein weiteres Gremium, der Beirat, einrichtet werden.
Daneben sollte der Gesellschaftsvertrag die freie Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen sowie etwaige Belastungen unter den Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung stellen.
Andernfalls könnten einzelne Gesellschafter ihre Geschäftsanteile an dem Start-up frei veräußern, sodass die übrigen Gesellschafter keinen Einfluss auf die Auswahl des Erwerbers und damit des neuen Mitgesellschafters hätten.
Häufig wird zudem ein Kanon zustimmungspflichtiger Geschäfte von der Gesellschafterversammlung festgelegt.
Dadurch wird die Geschäftsführung des Start-ups gezwungen, eine Erlaubnis der Gesellschafterversammlung vor Durchführung bestimmter Maßnahmen einzuholen.
So können die Gesellschafter beispielsweise beeinflussen, in welchem Umfang die Geschäftsführung Verträge für das Start-up abschließen darf.
Allen vorgenannten Zustimmungsvorbehalten beziehungsweise Beschluss-Gegenständen der Gesellschafterversammlung ist gemein, dass grundsätzlich Stimmmehrheiten in der Gesellschafterversammlung über sie entscheiden.
Gibt es mehrere Gesellschafter, von denen keiner allein eine Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung besitzt, bilden mehrere Gesellschafter gemeinsam eine Mehrheit.
Insbesondere dann, wenn der Investor gerade keine Stimmenmehrheit besitzt, lässt er sich daher ‘persönliche’ Zustimmungsvorbehalte einräumen.
Bei solchen Zustimmungsvorbehalten ist dann jedenfalls eine Zustimmung des Investors erforderlich – unabhängig davon, welche Stimmmehrheit er besitzt. Dies ermöglicht es dem Investor, einen erheblichen Einfluss auf das Start-up auszuüben.
Inwieweit Gründer Investoren derart erhebliche Steuerungsmittel einräumen, ist oftmals – wie so vieles – Verhandlungssache. Gründer sollten dabei vor allem darauf achten, dass es Investoren versagt ist, allein über die weitere – gesellschaftliche und unternehmerische – Entwicklung des Start-ups zu entscheiden.
Exklusivität, Vertraulichkeit und Kosten
In fast jedem Term-Sheet finden sich Regelungen zur Exklusivität, Vertraulichkeit und zu den Kosten.
Dies sind zumeist die einzigen tatsächlich rechtlich verbindlichen Regelungen zwischen den Parteien, während der Großteil des Term-Sheets für die Parteien rechtlich unverbindlich ist.
Nichtsdestotrotz sollten auch die übrigen Regelungen des Term-Sheets von den Gründern nach Beendigung der Verhandlungen mit dem Investor nicht erneut in Frage gestellt werden. Dazu mehr im Beitrag Unternehmensbewertung und Meilensteine .
Exklusivität
Insbesondere erfahrene Investoren werden sich von den Gründern zusichern lassen, dass sie für eine bestimmte Periode nicht mit anderen potentiellen Investoren über eine entsprechende Beteiligung verhandeln.
Dies schränkt Gründer in ihrer Suche nach Liquidität selbstverständlich erheblich ein. Daher sollten sie es – wenn möglich – vermeiden, Investoren eine Exklusivitätsperiode einzuräumen. Beharren Investoren darauf, sollte die Exklusivität zumindest gegenseitig bestehen und zeitlich eng begrenzt sein.
Vertraulichkeit
Neben den Gründern selbst sind ihre Idee – wie etwa ein bestimmter Algorithmus -, die gefundene Marktnische und die Art und Weise der Umsetzung das größte Asset des Start-ups. Offenbaren Gründer diese Komponenten, kann der Traum von einem erfolgreichen Start-up schnell zerplatzen – überall lauern Nachahmer und Trittbrettfahrer.
Potentielle Investoren sollten daher keinen Einblick in das Start-up erhalten, ohne eine schriftliche Vertraulichkeitserklärung abzugeben. Dabei genügt es nicht, wenn diese erst im Rahmen des Beteiligungsvertrages geregelt wird. Investoren wären nämlich erst ab diesem Zeitpunkt zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Kosten
Häufig entstehen bereits in der Vorbereitungsphase zu dem Beteiligungsvertrag auf beiden Seiten erhebliche Kosten.
Auf Gründerseite fallen etwa Rechtsanwaltskosten an, auf Investorenseite kommen noch die Kosten für die Due Diligence hinzu.
Gerade für das Start-up mit seiner im Zweifel ohnehin angespannten finanziellen Lage ist es unerlässlich zu wissen, ob es die Kosten für die nicht erfolgte Beteiligung tragen muss. Dies gilt es selbstverständlich zu vermeiden.
Sollte der Investor auf die Einräumung einer Exklusivitätsperiode bestehen, können die Gründer versuchen, von dem Investor als Gegenleistung die Kostenübernahme zu verlangen.
Im Folgenden zum letzten Mal (schade, seufz…) sinngemäße Auszüge aus einer fiktiven Term-Sheet-Verhandlung plus hochkarätige Tipps , die zur Gänze in diesem Video mitgeschnitten wurde:
INVESTOR (I): So, dann kommen wir zu den letzten Regelungen des Term-Sheets.
START-UP (SU): Ja, besonders haben wir uns über Ziffer 16 des Term-Sheets – Informationsrechte / Unternehmensplanung – gefreut. Ihr möchtet dann also monatlich nach Hamburg kommen um Euch mit uns zur Unternehmensplanung zu treffen?
I: Ich mich auch. Es ist eine so pulsierende Atmosphäre hier in Hamburg. Spaß beiseite, wir möchten Euch Gründer natürlich nicht über Gebühr beanspruchen. Ihr sollt Euern Arbeitsalltag ja mit Eurer App und den Usern und nicht damit verbringen, Reportings für uns zu erstellen.
Was wir benötigen sind sinnvolle Auswertungen: wie viele aktive Nutzer gibt es täglich beziehungsweise monatlich, wie oft loggen die sich ein, und so weiter. Das wollen wir wissen, da das ja wesentliche Steuerungsmittel sind. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, wie teuer verschiedene Marketingkanäle sind und wie hoch die Viralität ist.
Wir könnten uns hier auf ein paar sinnvolle KPIs einigen, das müsste dann ja eigentlich automatisch aus Euerm System ablesbar sein, ohne dass ihr viel Aufwand damit habt.
Hinweis: Was Investoren als ‘automatisch aus dem System ableitbar’ erachten, kann manchmal fernab jeder Realität liegen.
Gründer sollten daher selbst überprüfen, ob und was sie aus ihrem System ableiten können und dem potentiellen Investor gegebenenfalls erklären, warum sie bestimmte Parameter nicht ableiten können.
Der Grund dafür darf selbstverständlich nicht in dem persönlichen Unvermögen der Gründer liegen. Je nach Professionalität des Investors wird er dies erahnen, was einen schlechten Eindruck bei ihm erweckt.
Gründer sollten sich bereits vor der Term-Sheet Verhandlung eingehende Gedanken darüber machen, wieviel Aufwand es sie kostet, den Anforderungen des Investors nachzukommen.
SU: Ja, okay. Das muss für uns aber alles praktikabel sein. Wir sollten ausdrücklich festlegen, wann Ihr welche Informationen von uns haben wollt. Ihr werdet verstehen, dass wir nicht den ganzen Tag damit zubringen möchten, Excel Sheets für Euch zusammenbasteln.
Hinweis: Guter Punkt! Gründer sollten darauf beharren, dass sich potentielle Investoren hinsichtlich der verlangten Informationen festlegen. Andernfalls können immer wieder neue Anfragen mit neuem Inhalt kommen.
I: Na klar, das machen wir. Dann sind wir uns hier einig und kommen zu unseren Zustimmungsvorbehalten, Ziffer 17 des Term-Sheets. Diese Zustimmungsvorbehalte sind für uns unverzichtbar. Wir möchten gefragt werden, bevor wesentliche Änderungen auf Gesellschafts- und Unternehmensseite vorgenommen werden.
SU: Die ersten beiden Punkte sind nachvollziehbar. Wir sollten aber für ‘Zustimmungsvorbehalt Investor bei wesentlichen und bei von der Unternehmensplanung abweichenden Maßnahmen der Unternehmensplanung’ einen konkreten Katalog festlegen. Sonst wissen wir nie, wann wir Eure Zustimmung benötigen, und wann nicht.
I: Ja, das können und sollten wir machen.
SU: Gut! Dann kommen wir schon zu den letzten drei Regelungen des Term-Sheets: Kosten, Exklusivität und Vertraulichkeit. Einig sind wir uns sicher hinsichtlich der Vertraulichkeit, oder? Wenn Ihr Einblick in unser Unternehmen bekommt, müsst Ihr uns versichern diese Interna nicht weiterzugeben.
I: Klar, das ist absolut gängig. Damit haben wir kein Problem.
SU: Schön. Wir haben allerdings mit den anderen beiden Regelungen ein Problem. Auf der einen Seite möchtet Ihr eine Exklusivitätsperiode von vier Monaten haben, auf der anderen Seite sollen wir unsere Kosten selbst tragen.
I: Ja, und?
SU: Wenn wir Euch schon eine Exklusivitätsperiode von vier Monaten einräumen – was in unserem Business wirklich lang ist – dann sollt Ihr auch unsere Kosten tragen.
I: Warum das?
SU: Naja, wir dürfen in diesen vier Monaten nicht mit anderen Investoren verhandeln und verlieren, wenn Ihr Euch nicht beteiligt, mindestens vier Monate, in denen wir keine weitere Liquidität erhalten.
Und dann würde es ja auch noch einmal weitere Monate dauern, bis sich ein anderer Investor beteiligt und uns mit Kapital versorgt.
Dann wollen wir nicht auch noch auf den Kosten sitzenbleiben, die uns durch die Verhandlungen entstanden sind. Als Start-up haben wir ohnehin schon genug Probleme zu überleben.
I: Im Zweifel ist es aber ja nicht unsere Schuld, wenn wir uns nicht beteiligen. Stell Dir mal vor, wir finden in der Due Diligence heraus, dass das Produkt gar nicht Euch gehört. Dann werden wir uns sicher nicht beteiligen, was nachvollziehbar ist. Warum sollen wir dann Eure Kosten zahlen?
SU: Weil wir Euch eine Exklusivitätsperiode von vier Monaten einräumen!
I: Okay, okay, verstanden. Machen wir so.
Die bisherigen Beiträge dieser Serie:
Start-ups und geistiges Eigentum
Unternehmensbewertung und Meilensteine
Due Diligence: Was Gründer alles wissen müssen
Welche Garantien wollen Investoren von Start-ups?
Liquidation Preference: Erlösverteilung beim Exit
Heikel: Drag along-, Tag along-Rechte und Vorkaufsrechte
Vesting-Klauseln: Damit Gründer aktiv an Bord bleiben
Verwässerungsschutz für die Beteiligungen von Investoren
Mitarbeiter-Beteiligungs-Regelungen in Term-Sheets
Wichtige Regelungen zu Schutzrechten in Term-Sheets
Zu den Personen:
Caroline Schimpeler ist Rechtsanwältin bei der global tätigen Anwaltskanzlei Norton Rose Fulbright für die Bereiche Corporate, M&A und Venture Capital. Sie berät unter anderem Start-ups in allen Lebenslagen – von der Gründung über die Beteiligung von Investoren bis zum vollständigen Verkauf. Zur Zeit der Term-Sheet-Verhandlung war sie noch als Rechtsanwältin in demselben Bereich bei der Anwaltskanzlei Bird & Bird LLP tätig.
Dr. Bahne Sievers berät als Rechtsanwalt bei Bird & Bird LLP, Hamburg seit Jahren vor allem nationale und internationale Medienunternehmen sowie Startups im Bereich IP und Commercial. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet insbesondere die Beratung von digitalem Content-Vertrieb, Apps, Online-Auftritten und Social Media.