Term-Sheet-Verhandlung 7

Verwässerungsschutz für die Beteiligungen von Investoren

Wie laufen Verhandlungen zwischen Start-ups und Investoren ab und was sind ihre Inhalte? Extrem praxisnah vermittelt diese Serie Know-How dazu – basierend auf der Verhandlung eines fiktiven Term-Sheets, die ein 'Start-up' mit einem 'Investor' führt, begleitet jeweils durch ihre Anwälte.
Verwässerungsschutz für die Beteiligungen von Investoren
Dienstag, 14. April 2015VonElke Fleing

Dies ist der siebte Beitrag einer Beitragsreihe über Term-Sheets und deren Verhandlung. Die Autoren gehen in dieser Beitragsreihe insbesondere auf die Unternehmenswertermittlung bei Start-Ups, auf Probleme des geistigen Eigentumsrechts und auf konkrete Regelungen eines Term-Sheets ein, und geben Gründern wertvolle Hinweise, wie sie sich auf eine Term-Sheet Verhandlung vorbereiten und was sie bei dieser beachten sollten.

Verringern sich Wert oder Quote einer Beteiligung aufgrund bestimmter Umstände, so spricht man von Verwässerung. Davor möchten sich Investoren regelmäßig schützen. Bei einer Term-Sheet Verhandlung bestehen sie daher auf sogenannte Verwässerungsschutzklauseln.

Typischerweise werden solche Klauseln für den Fall einer ‘Down-Round’ und der Erhöhung des Stammkapitals gefordert.

1. ‘Down-Round’
Die zwischen dem Investor und den Gründern in dem Term-Sheet vereinbarte Unternehmensbewertung bestimmt den Kaufpreis und die Höhe der Beteiligung des Investors.

Die Unternehmensbewertung basiert, anders als bei etablierten Unternehmen, nicht auf einer historischen Datengrundlage. Bei Start-Ups bestimmen andere Parameter, wie etwa die prognostizierte Entwicklung des Unternehmens, die Konkurrenz am Markt und das Leistungsvermögen der Gründer, den Unternehmenswert.

Diese Parameter basieren auf persönlichen Einschätzungen der Parteien, sodass der konkrete Unternehmenswert häufig schlicht das Ergebnis der Verhandlungen der Parteien ist.

Bei einer weiteren Finanzierungsrunde mit einem neuen Investor wird der Unternehmenswert im Zweifel wieder auf diese Art bestimmt.

Der neue Investor wird die Parameter aber möglicherweise anders bewerten, als der bereits beteiligte Investor, und die Gründer möglicherweise zu einer niedrigeren Unternehmensbewertung zwingen (‘Down-Round’).

Erhält der neue Investor aufgrund dieser niedrigeren Unternehmensbewertung ein besseres wirtschaftliches Ergebnis als der bereits beteiligte Investor, wird dadurch der Wert der Beteiligung des bereits beteiligten Investors ‘verwässert’.

Zur Vermeidung der ‘Verwässerung’ ihres Investments lassen sich Investoren in Term-Sheets das Recht einräumen, dass ihre Beteiligung bei einer späteren, niedrigeren Unternehmensbewertung wirtschaftlich an diese niedrigere Unternehmensbewertung angepasst wird.
Diese Anpassung wird durch ein einseitiges Bezugsrecht des bereits beteiligten Investors auf weitere Geschäftsanteile zu vergünstigten Konditionen erreicht:
Er ist berechtigt, so viele neue Geschäftsanteile zu erwerben (‘Anti-Dilution-Geschäftsanteile’), dass seine Beteiligung wirtschaftlich der neuen, niedrigeren Unternehmensbewertung entspricht und so die ökonomische Verwässerung voll ausgeglichen ist (‘Full-Rachet’).

Neben der Full-Rachet-Methode (bei der Geschäftsanteile üblicherweise zum Nennwert übernommen werden) gibt es noch eine Vielzahl weiterer Verfahren für die Berechnung der Anzahl der Anti-Dilution-Geschäftsanteile, wie etwa die Weighted-Average-Methoden.

Dabei können zum Beispiel auch die jeweiligen Investitionsvolumina der Finanzierungsrunden und die Anzahl der neu erworbenen Geschäftsanteile im Verhältnis zu sämtlichen Geschäftsanteilen berücksichtigt werden.

2. Erhöhung des Stammkapitals
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie sich ein Investor an dem Start-Up beteiligen kann:

Entweder er erwirbt bereits bestehende Geschäftsanteile von einem Gründer oder bereits beteiligten Investor oder es werden im Wege der Erhöhung des Stammkapitals neue Geschäftsanteile für ihn geschaffen.

Bei einer Kapitalerhöhung behalten die bisherigen Gesellschafter zwar ihre Geschäftsanteile. Indem neue Geschäftsanteile entstehen, ändert sich allerdings automatisch ihre Beteiligungsquote, wenn die bisherigen Gesellschafter keine neuen Geschäftsanteile übernehmen. Im Gegensatz zu der ‘Down-Round’ wird hier nicht der Wert der Beteiligung, sondern die Beteiligungsquote verwässert.

Beispiel: Wenn ein Gesellschafter bei einem Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro 12.500 Euro Geschäftsanteile im Nennwert zu je 1 Euro hält, ist er zu 50 % an der Gesellschaft beteiligt.

Sobald das Stammkapital im Wege der Kapitalerhöhung aber auf 50.000 Euro erhöht wird, ist dieser Gesellschafter mit den 12.500 Euro Geschäftsanteilen im Nennwert zu je 1 Euro nur noch mit 25 % an diesem Start-Up beteiligt.

Die Beteiligungsquote ist grundsätzlich ausschlaggebend für die Stimmgewichtung in der Gesellschafterversammlung und die Gewinnverteilung. Sie wirkt sich also unmittelbar auf die Handlungsmöglichkeiten der Gesellschafter aus und stellt für sie einen erheblichen Wert dar.

Zum Schutz der Gesellschafter einer GmbH ist daher anerkannt, dass sämtliche bereits beteiligten Gesellschafter das Recht haben, sich an der Kapitalerhöhung so beteiligen zu dürfen, dass ihre Beteiligung nicht verwässert wird (‘Bezugsrecht’). Das heißt, dass die Gesellschafter ihren bisherigen Anteil an der Gesellschaft durch die Übernahme neuer, mittels der Kapitalerhöhung geschaffener Geschäftsanteile erhalten können.

Die Umsetzung dieses Bezugsrechtes wird allerdings dann problematisch, wenn sich nicht nur der bereits beteiligte Investor, sondern auch die Gründer an der Kapitalerhöhung im Verhältnis ihrer Beteiligung möchten.

Schließlich würde sich die Beteiligungsquote bei keinem der Gesellschafter verringern, sodass sich ein neuer Investor nicht beteiligen kann. Bei einer Kapitalerhöhung unter Beteiligung eines neuen Investors muss daher zumindest ein Gesellschafter auf sein Bezugsrecht verzichten.

Im Folgenden wieder sinngemäße Auszüge aus einer fiktiven Term-Sheet-Verhandlung plus hochkarätige Tipps , die zur Gänze in diesem Video mitgeschnitten wurde:

Investor (I): Kommen wir nun zu Ziffer 12 des Term-Sheets, überschrieben mit ‘Verwässerungsschutz’.

Start-up (SU): Diese Regelungen habe ich noch nicht ganz verstanden.

I: Das Prinzip ist ganz einfach: Wir möchten nicht, dass unsere Beteiligung verwässert wird – weder indem Ihr mit einem neuen Investor eine niedrigere Bewertung für das Start-Up vereinbart und der neue Investor für weniger Geld gleich viele oder sogar mehr Geschäftsanteile erhält als wir, noch indem wir bei einer Kapitalerhöhung unsere Beteiligung nicht ebenfalls erhöhen dürfen, um weiterhin mit derselben Beteiligungsquote beteiligt zu sein.

SU: Aha. Und wie soll das praktisch ablaufen?

I: Naja, im Ergebnis muss unsere Post-Money-Bewertung der Pre-Money-Bewertung des neuen Investments entsprechen.

Hinweis: Mit ‘Pre-Money-Bewertung’ ist die Bewertung eines Unternehmens vor einem Investment gemeint. ‘Post-Money-Bewertung’ bezeichnet hingegen die Bewertung eines Unternehmens nach einem Investment.

SU: Okay. Die Einzelheiten sollen unsere Anwälte besprechen.

Hinweis: Es wird schwer, Investoren dies auszureden. Hier hätte der Gründer aber noch ein wenig mehr verhandeln können. Jetzt hat er sich schon fast auf die Full-Rachet-Methode eingelassen.

SU: Und was passiert, wenn die Unternehmensbewertung bei der nächsten Finanzierungsrunde höher ausfällt? Dann hättet Ihr ja mehr Geschäftsanteile für weniger Geld bekommen.

I: Naja, dann lohnt sich unser Investment offensichtlich. In Erwartung eben dieser Wertsteigung beteiligen wir uns ja an Euch.

SU: Und die zweite Regelung unter Ziffer 12 des Term-Sheets brauchen wir doch gar nicht, oder?

I: Welche meinst Du?

SU: Da steht: ‘Investor ist berechtigt, sich bei weiteren Finanzierungsrunden durch andere Investoren ebenfalls weiter an der Gesellschaft zu beteiligen und seine Beteiligungshöhe konstant zu halten.’ Das dürft ihr doch ohnehin, sodass wir diese Regelung gar nicht aufnehmen müssen?

Hinweis: Der Gründer hat Recht. Grundsätzlich haben sämtliche Gesellschafter einer GmbH ein Bezugsrecht auf neue Geschäftsanteile gemäß § 186 AktG analog. Das heißt, dass sämtliche Gesellschafter das Recht haben, im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligungen an der Kapitalerhöhung teilzunehmen.

I: Unsere vorgeschlagene Regelung ist wohl ein wenig unklar. Es geht nicht darum, dass wir unser Bezugsrecht ausüben dürfen. Vielmehr sollt Ihr auf die Ausübung eures Bezugsrechtes zugunsten eines neuen Investors verzichten.

SU: Das heißt, dass unsere Beteiligungsquote sinkt, wenn sich ein neuer Investor im Wege der Kapitalerhöhung an dem Start-Up beteiligt?

I: Ja.

Hinweis: Die Beteiligungsquote ist grundsätzlich für die Stimmgewichtung in der Gesellschafterversammlung sowie für die Gewinnverteilung maßgeblich. Eine Reduzierung der Beteiligungsquote hat also eine direkte Wirkung auf die Gründer.

SU: Ok. Ich finde es im Ergebnis ja gar nicht schlecht, wenn Ihr Euch an einer weiteren Finanzierungsrunde beteiligt. Dann lass uns das doch so regeln, dass Ihr nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet seid, Euch bei einer weiteren Finanzierungsrunde zu beteiligen.

Hinweis: Solche ‘Pay-to-Play’-Klauseln sind für das Start-Up eine sichere Einnahmequelle und daher von Vorteil. Eine präzise Formulierung ist hier wichtig. Der Investor muss dazu verpflichtet und nicht nur berechtigt sein, von seinem Bezugsrecht bei der nächsten Finanzierungsrunde Gebrauch zu machen.

I: Dann zieht Ihr uns ja noch mehr Geld aus der Tasche. Aber gut, ich bin einverstanden.

Die bisherigen Beiträge dieser Serie:

Start-ups und geistiges Eigentum

Unternehmensbewertung und Meilensteine

Due Diligence: Was Gründer alles wissen müssen

Welche Garantien wollen Investoren von Start-ups?

Liquidation Preference: Erlösverteilung beim Exit

Heikel: Drag along-, Tag along-Rechte und Vorkaufsrechte

Vesting-Klauseln: Damit Gründer aktiv an Bord bleiben

Im nächsten Beitrag beschäftigen sich die Autoren mit Regelungen zu Mitarbeiterbeteiligungen im Term-Sheet.

Zu den Personen:

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Caroline Schimpeler ist Rechtsanwältin bei der global tätigen Anwaltskanzlei Norton Rose Fulbright für die Bereiche Corporate, M&A und Venture Capital. Sie berät unter anderem Start-ups in allen Lebenslagen – von der Gründung über die Beteiligung von Investoren bis zum vollständigen Verkauf. Zur Zeit der Term-Sheet-Verhandlung war sie noch als Rechtsanwältin in demselben Bereich bei der Anwaltskanzlei Bird & Bird LLP tätig.

Dr. Bahne Sievers berät als Rechtsanwalt bei Bird & Bird LLP, Hamburg seit Jahren vor allem nationale und internationale Medienunternehmen sowie Startups im Bereich IP und Commercial. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet insbesondere die Beratung von digitalem Content-Vertrieb, Apps, Online-Auftritten und Social Media.

Foto oben: Mit freundlicher Genehmigung von Hamburg Startups

Elke Fleing

Elke Fleing aus Hamburg liefert Texte aller Art, redaktionellen Content und Kommunikations-Konzepte. Sie gibt Seminare, hält Vorträge und coacht Unternehmen. Bei deutsche-startups.de widmet sie sich vor allem Themen und Tools, die der Erfolgs-Maximierung von Unternehmen dienen.