"Es geht auch"

Wie Christian Wolf unfreiwillig zum Sologründer wurde

Wenn es muss, würde Christian Wolf, Gründer von asgoodasnew, wieder alleine gründen. "Timing ist bei vielen Geschäftsideen sehr wichtig. Statt ewig nach dem perfekten Co-Founder zu suchen muss man vielleicht schnell starten indem man fehlende Kompetenzen bei Agenturen einkauft".
Wie Christian Wolf unfreiwillig zum Sologründer wurde
Montag, 13. Oktober 2014VonAlexander Hüsing

In unserem Themenschwerpunkt Sologründer beschäftigen wir uns ausführlich mit Einzelgründern, also Gründern die als Einzelperson ein Start-up hochziehen – siehe dazu auch “Einzelgründer müssen nicht immer kleine Brötchen backen“. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Christian Wolf, Gründer von asgoodasnew (WirKaufens), über sein zunächst unfreiwilliges Leben als Einzelkämpfer.

Eigentlich wollten Sie Ihr Start-up asgoodasnew im Zweierteam hochziehen, wurden dann aber doch zum Einzelkämpfer. Wir kam es dazu?
Ende 2008 gründeten meine Lebensgefährtin und ich asgoodasnew gemeinsam. Zunächst schien das eine gute Idee: sie war Logistikexpertin und hatte Erfahrung im Elektronikrefurbishment, ich war bereits bei mehreren Startups involviert und verstand etwas vom Onlinebusiness, dem Markt und der Finanzierung von Startups. Nach wenigen Monaten gingen wir allerdings wieder getrennte Wege, leider auch privat.

Was lief beruflich falsch in ihrer Gründerbeziehung?
In der Rückschau würde ich sagen, Hauptgrund für das Scheitern unserer Geschäftsbeziehung war, dass wir uns vor der Gründung nicht offen über unsere Motive für die Selbständigkeit unterhielten und nicht detaillierte Absprachen darüber getroffen haben, wer wie viel Zeit und Geld investiert. Es hat sich schnell herausgestellt, dass wir komplett andere Vorstellungen von der Unternehmensentwicklung hatten, daher auch von dem Einsatz, den es braucht. Der Streit, der sich daran fast täglich entzündet hat, war sehr schwer zu ertragen.

Sie wurden somit etwas unfreiwillig zum Sologründer. Was ist die größte Herausforderung, der sich Einzelkämpfer stellen müssen?
Alleine mit Ängsten und Sorgen zu sein, ist das Schlimmste. Mit einem Mitgründer kann man sich offen austauschen und sich gegenseitig stützen. Mit Angestellten kann man es nicht in vollem Umfang, die sollen sich auf ihre Arbeit konzentrieren können; mit Investoren kann man es auch nicht, man will keine Schwäche zeigen; im privaten Umfeld gibt es nicht immer jemand, der die Sorgen eines Unternehmers erfassen und verstehen kann.

Wie haben Sie dieses Problem gelöst?
Ich habe dieses Problem nicht bewusst lösen können, ich hab das ziemlich lange aushalten müssen.

Wie groß ist als Einzelgründer die Gefahr, dass man sich verrennnt?
Es gibt natürlich auch eine Gefahr, sich in seinen eigenen Vorstellungen zu verrennen. Gerade in der Anfangsphase ist es gut, ein zweites oder drittes Mal über wegweisende Entscheidungen nachzudenken. Einem Mitgründer seine Ideen “verkaufen” zu müssen ist da ein gutes Korrektiv gegen Fehlentwicklungen. Ein intelligenter und kreativer Mitgründer ist auch eine tolle Quelle an Inspiration und Energie in der Gründungsphase. Das fehlt einem Einzelgründer einfach und kann auch nur schwer durch etwas anderes ersetzt werden.

Ihr Unternehmen ist schnell gewachsen und immer größer geworden. Gab es einen Punkt, an dem es als Einzelkämpfer kaum noch weiter ging?
Ja, als die Company circa eineinhalb alt war und rund 13 Mitarbeiter hatte, war ich sehr glücklich auf Christoph Magnussen zu treffen, der sich uns angeschlossen hat. Er hat als COO bei asgoodasnew die Professionalisierung unserer bis dahin “historisch gewachsenen” Prozesse vorangetrieben. Er und ich sind auf dem Weg auch gute Freunde geworden, haben ein tolles Vertrauensverhältnis aufgebaut und wir haben uns oft wortlos verstanden. Natürlich haben wir bei manchen Entscheidungen diskutiert, aber dank gegenseitigem Respekt und einer gemeinsamen Vision für die Firma war das immer konstruktiv und hat manchmal zu tollen neuen Erkenntnissen geführt.

Würden Sie noch einmal ein Unternehmen alleine gründen?
Wenn ich muss, ja. Timing ist bei vielen Geschäftsideen sehr wichtig. Statt ewig nach dem perfekten Co-Founder zu suchen muss man vielleicht schnell starten indem man fehlende Kompetenzen bei Agenturen einkauft. Meine Erfahrung mit asgoodasnew hat mir gezeigt, dass das auch geht. Mit einer ausformulierten Vision und ein wenig Traction lassen sich manchmal Mitstreiter leichter finden als mit einer vagen Idee.

Warum ist es eigentlich zu schwierig, den perfekten Co-Gründer zu finden?
Ich glaube, es gibt genug gute Gründer-Talente, sie finden nur nicht zusammen. Die Bereitschaft eine bisher verfolgte Idee sterben zu lassen und eine Bereitschaft zu teilen gehören dazu, wenn man einen Co-Founder sucht. Und, natürlich, begegnen muss man sich noch. In den vergangenen Jahren habe ich in Gesprächen mit Gründern immer wieder gehört, wie schwer es sei geeignete Co-Founder zu finden, besonders solche mit technischem Hintergrund. Gleichzeitig sehe ich viele me-too-Gründungen und Produkte, die vor Jahren schon mal gefloppt sind, manchmal auch einfach schlecht durchdachte Konzepte von eigentlich vielversprechenden Persönlichkeiten.

Blicken wir zum Schluss einmal auf die positive Seite: Was ist der größte Vorteil, den Sologründer haben?
Genossen habe ich die Möglichkeit, ziemlich kompromisslos meine Vorstellungen umsetzen zu können. Das kann ein großer Vorteil sein, wenn man reif genug ist sich Rat und Feedback von außen zu holen.

Passend zu unserem Themenschwerpunkt Sologründer empfehlen wir folgende Artikel: “Als Einzelgründer durchstarten – aber wie?” und “Mit weniger als 1.000 Euro zum eigenen Start-up?“. Weitere Artikel über Einzelgründer gibt es in unserer Übersicht zum Themenschwerpunkt Sologründer.

Buchtipp: Ausführliche Informationen über Solopreneurship bietet das brandneue Buch “Solopreneur von Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg. Hier ein Auszug: “Lieber solo gründen? Drei Mythen rund um Teams“.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.