"Kann jederzeit Entscheidungen treffen"

Sologründer Thorsten Kucklick über seine One-Man-Show

„Den größten Vorteil sehe ich in der Wendigkeit, also der Manövrierfähigkeit des eigenen Unternehmens. Ich kann jederzeit Entscheidungen treffen und sofort umsetzen, ohne sie vorher in Meetings oder anderen langwierigen Verfahren abzustimmen“, sagt Sologründer Thorsten Kucklick.
Sologründer Thorsten Kucklick über seine One-Man-Show
Dienstag, 7. Oktober 2014VonAlexander Hüsing

In unserem Themenschwerpunkt Sologründer beschäftigen wir uns ausführlich mit Einzelgründern, also Gründern die als Einzelperson ein Start-up hochziehen – siehe dazu auch “Einzelgründer müssen nicht immer kleine Brötchen backen“. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Sologründer Thorsten Kucklick, der Ultrapress, einen WordPress-Baukasten, alleine hochzieht, über sein Leben als Einzelkämpfer.

Sie haben UltraPress als Sologründer hochgezogen. Was ist die größte Herausforderung, der sich Einzelkämpfer stellen müssen?
Als Sologründer kann ich normalerweise nicht alle Tätigkeitsbereiche im Unternehmen allein abdecken, zumindest nicht dauerhaft. Daher kommt es darauf an, sich ein gutes Netzwerk an Partnern aufzubauen. Das können einzelne Freelancer sein, oder Unternehmen, die bestimmte Aufgaben dauerhaft oder projektweise übernehmen. Parallel dazu bedarf es transparenter Strukturen und Prozesse, damit sich die Arbeit aller Beteiligten gut verzahnt.

Vor UltraPress haben Sie MeinSpiel gemeinsam mit einen Mitgründer hochgezogen. Wann sollte man auf ein Team setzen und wann lässt sich ein Projekt auch als Sologründer umsetzen?
Ein Team ist, glaube ich, dann sinnvoll, wenn man dauerhaft bestimmte Kompetenzen und entsprechende Verantwortlichkeiten direkt im Unternehmen haben will. Das kann beispielsweise das Marketing sein, der Technologiepart oder andere Bereiche, die zum Kern der jeweiligen Unternehmenstätigkeit gehören. Wichtig ist, dass man sich über die Verteilung der einzelnen Verantwortlichkeiten klar ist. Bei MeinSpiel hat das trotz relativ deckungsgleicher Ausbildungshintergründe ganz gut geklappt. Ich kenne aber auch Fälle, wo genau diese Frage irgendwann zum Problem wurde. Welche Arten von Businessmodellen sich für Einzelgründer eignen, darüber werden wir übrigens auch demnächst auf dem Solopreneur Day am 30. Oktober in Hannover diskutieren.

Sie sprachen gerade von einem Netzwerk an Partnern, auf das man sich als Einzelkämpfer setzen sollte. Wie baut man sich so ein Netzwerk auf?
Um Partner zu finden, gehe ich je nach Bedarf vor. Im besten Fall kommt der Partner aus dem eigenen Netzwerk, ansonsten arbeite ich teils mit Projektbörsen oder recherchiere einfach nach geeigneten Unternehmen für bestimmte Aufgaben. Dann sind zunächst mal ein wenig Zeit und Geduld nötig. Denn ob eine Person oder ein Unternehmen zum eigenen Start-up passt, zeigt sich meist nur durch die konkrete Zusammenarbeit. Hab’ ich in einem ersten Gespräch kein gutes Bauchgefühl, fange ich eine solche Zusammenarbeit gar nicht erst an – selbst wenn die rein formalen Fakten für jemanden sprechen. Ansonsten versuche ich immer, erstmal projektweise Partner in die Arbeit einzubinden. Und dann kann das Ganze nach und nach vertieft werden.

Welche Tools, Dienstleister und Services sollten sich Sologründer einmal ansehen?
Vor allem Einzelgründer im Online-Bereich sollten sich unbedingt mit WordPress beschäftigen, weil sich damit mittlerweile ein Vielzahl von Geschäftsmodellen als Website abbilden lässt. Fürs Projektmanagement habe ich kürzlich Trello entdeckt, was ich absolut empfehlen kann. In der Buchhaltung bieten sich FastBill und ähnliche Tools an. Und daneben gibt es je nach Geschäftsmodell natürlich eine Vielzahl an spezialisierten Tools und Services, die sich meist für günstiges Geld mieten und in die individuelle Unternehmens-Infrastruktur einbauen lassen.

Nun einmal zu positiven Seite des Einzelkämpfertums: Was ist der größte Vorteil, den Sologründer haben?
Den größten Vorteil sehe ich in der Wendigkeit, also der Manövrierfähigkeit des eigenen Unternehmens. Ich kann jederzeit Entscheidungen treffen und sofort umsetzen, ohne sie vorher in Meetings oder anderen langwierigen Verfahren abzustimmen. Dadurch sind die einzelnen Entscheidungen vielleicht nicht alle besser als Team-Entscheidungen, aber durch die hohe Schlagzahl an Entscheidungen komme ich einfach schneller voran.

An welchen Stellen ist man als Einzelgründer langsamer?
Langsamer kann man als Einzelgründer sein, wenn es nicht gelingt, funktionierende Prozesse aufzubauen, in denen mehrere Beteiligte gleichzeitig mitwirken. Das heißt, wenn man am Ende doch wieder “selbst und ständig” arbeiten muss. Außerdem glaube ich, dass Teams, so sie denn mit ausreichend Kapital bestückt sind, in Wettbewerbssituationen Vorteile haben, wenn es darum geht, auf neuen lukrativen Märkten brachial um Marktanteile zu kämpfen. Zum Beispiel würde man als Einzelgründer ohne entsprechendes Kapital im Kampf der Lieferdienste ziemlich alt aussehen. Aber solche Märkte muss man ja auch nicht zwingend ansteuern.

Und was der größte Nachteil?
Das hängt in meinen Augen von der eigenen Persönlichkeit ab. Wer sich gern vor Entscheidungen durch Feedback absichert oder einfach ein gewisses Gesprächs-Ping-Pong vorher braucht, hat vielleicht Schwierigkeiten ganz allein zu entscheiden. Und dann sollte man auch damit klar kommen können, dass man – zu Beginn jedenfalls – von außen hier und da kleiner wahrgenommen wird als Teamgründungen, nach dem Motto “Das ist ja nur ´ne One-Man-Show”.

Kann man verhindern, dass man nur als Mini-Firma wahrgenommen wird – sollte man Größe vortäuschen?
Ein klares Jein! Ich denke, man sollte auf der einen Seite nichts vorgeben, was nicht auch tatsächlich so ist. Das kann sonst schnell ins Auge gehen. Auf der anderen Seite gibt es aus meiner Sicht keinen Anlass sich unnötig klein darzustellen, wenn man in der Lage ist, einen Service oder Produkte zu liefern, die den Leistungen eines größeren Unternehmen in nichts nachstehen. Mit dem Komponenten-Ansatz, bei dem man sich für alle Unternehmensbereiche Partner sucht, oder diese mit Tools automatisiert, lässt sich letztlich auch eine Unternehmsstruktur nach außen repräsentieren, die die gleichen Funktionen beinhaltet wie die von größeren Unternehmen.

Würden Sie wieder ein Unternehmen alleine gründen?
Definitiv ja. Ich würde das zwar nicht jedem empfehlen, weil es wie gesagt auch von der eigenen Persönlichkeit abhängt, und wie man selbst am liebsten arbeitet, doch für mich überwiegen schon die Vorteile der schnellen Entscheidungen und auch der Unabhängigkeit generell. Ich mag es einfach, meine Ideen unmittelbar umzusetzen.

Passend zu unserem Themenschwerpunkt Sologründer empfehlen wir folgende Artikel: “Als Einzelgründer durchstarten – aber wie?” und “Mit weniger als 1.000 Euro zum eigenen Start-up?“. Weitere Artikel über Einzelgründer gibt es in unserer Übersicht zum Themenschwerpunkt Sologründer.

Buchtipp: Ausführliche Informationen über Solopreneurship bietet das brandneue Buch “Solopreneur von Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg. Hier ein Auszug: “Lieber solo gründen? Drei Mythen rund um Teams“.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.