“Die einzige Chance, die es gibt” – MyParfum insolvent

Noch im Dezember gab sich MyParfum-Gründer Matti Niebelschütz zuversichtlich, dass sein Unternehmen wieder ein “positives Betriebsergebnis” einfahren kann. Kurz darauf folgte eine Entlassungswelle und die Reduzierung der Mitarbeiteranzahl von 60 auf 25. Am […]
“Die einzige Chance, die es gibt” – MyParfum insolvent
Dienstag, 5. März 2013VonAlexander Hüsing

Noch im Dezember gab sich MyParfum-Gründer Matti Niebelschütz zuversichtlich, dass sein Unternehmen wieder ein “positives Betriebsergebnis” einfahren kann. Kurz darauf folgte eine Entlassungswelle und die Reduzierung der Mitarbeiteranzahl von 60 auf 25. Am Freitag der nächste traurige Schritt: MyParfum (www.myparfum.de) ist insolvent, wie Gründerszene berichtet. Gegenüber deutsche-startups.de spricht Niebelschütz von einer “extrem unangenehmen Situation”. MyParfum, inzwischen auf 11 Mitarbeiter geschrumpft, soll nun “grundlegend saniert werden”. Hauptaugenmerk liege dabei auf dem Erhalt von Arbeitsplätzen und der Fortführung des Geschäftsbetriebs.

Die Insolvenz sei eine Chance, sagt Niebelschütz. “Die einzige Chance, die es gibt”. Als Gründe für die Insolvenz nennt der MyParfum-Macher Liquititätsprobleme. Der Parfummarkt sei extrem saional, gerade November und Dezember würden über das ganze Geschäftsjahr entscheiden. Insgesamt habe man zu stark auf gute Ergebnisse im vierten Quartal gesetzt. Diese sind dann wohl ganz offensichtlich ausgeblieben, was das Unternehmen vor den Abgrund führte. Auch der Werbe-Deal mit SevenVentures, dem Venture-Arm der Münchner ProSiebenSat.1 Group, zündete somit nicht richtig. Exciting Commerce spricht von einer “strategischen Beteiligung”. Satte 12 % sicherte sich SevenVentures an MyParfum. Zielsetzung war dabei über TV-Werbung viele Nutzer auf die Plattform zu locken, damit diese sich ihre individuellen Duftwässerchen mischen. Zur Erinnerung: 2011 stand in den Büchern von MyParfum, das 2008 gegründet wurde, ein Jahresüberschuss in Höhe von rund 63.000 Euro.

2011: Choice of Nature floppt

Schon in der Vergangenheit lief bei MyParfum nicht immer alles rund: Im September 2011 beerdigte das kleine Unternehmen seinen Kosmetikableger Choice of Nature. “MyParfuem ist mit seinem Projekt ‘Choice of Nature’ grandios gescheitert” – mit diesen harten Worten fasste Niebelschütz das Ende von Choice of Nature damals zusammen. Knapp 100.000 Euro flossen in das ambitionierte Mass Customization-Projekt. “Durch massives Bootstrappen und Fokussierung auf unser Kerngeschäft konnten wir den Verlust ausgleichen”. Zumindest muss man in diesem Zusammenhang die offene Kommunikationspolitik von Niebelschütz loben – und auch in der Insolvenz zieht der nicht den Kopf ein. Offen spricht er über Fehler und blickt dennoch – wie der Insolvenzverwalter – optimistisch in die Zukunft.

Mal sehen, ob MyParfum gestärkt aus der Insolvenz hervorgehen kann und wenigstens die 11 verbliebenen Arbeitsplätze gerettet werden können. Und vielleicht kann Niebelschütz dann seinen 5-Jahresplan wieder angehen, den er im vergangenen Jahr verkündete: “In fünf Jahren werden wir gemeinsam mit unseren Kunden weltweit das Parfum neu erfunden haben. Gleichzeitig werden wir den Menschen ein Stück Einzigartigkeit zurückgegeben haben. Unsere Technologie-Führerschaft und exzellente Produktqualität stellt schon heute vieles in den Schatten. In einigen Monaten jedoch, werden wir die großartigsten Parfums weltweit entwickeln. Gleichzeitig werden wir uns die Freunde daran bewahren”. Vielleicht beschwert zunächst einmal Ostern und Muttertag MyParfum ein wenig Zulauf.

Hausbesuch bei MyParfuem

Das erste Büro vo MyParfuem wirkte in mancherlei Hinsicht noch etwas provisorisch – und war es sicherlich auch. Davon kann im neuen Domizil keine Rede mehr sein. Auf den 236 Quadratmetern ist genügend Platz für alle. Bunte Fläschchen, Steinchen, Anhängerchen und vieles mehr gibt es in unserer Fotogalerie zu sehen.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.