Boomsegment Luxusuhren

Horando: “Schlanke Strukturen” vs. Millionen-Startups

"Alles richtig haben wir sicher nicht gemacht, aber ich denke, wir waren immer wendig genug, uns auf gewisse Veränderungen zügig einzustellen und flexibel zu sein. Zwischenzeitlich haben wir uns als Händler gut im Markt etabliert", sagt Stefan Seboek von Horando.
Horando: “Schlanke Strukturen” vs. Millionen-Startups
Mittwoch, 29. Juni 2016VonAlexander Hüsing

Mehrere Start-ups setzen gerade an, den lukrativen Markt für Luxusuhren zu digitalisieren – siehe “5 Start-ups, die richtig teure Luxusuhren verkaufen“. Mehr als 50 Millionen Euro Risikokapital flossen zuletzt in das junge Segment. Der Uhrenshop Horando kam bisher ohne große Millionenrunden aus – und ist damit schon fast die Ausnahme im Boomsegment.

Schon während ihres Studiums verkauften Christopher Fischer und Stefan Seboek gebrauchte Uhren. 2013 gegründete das Duo dann Horando, einen Online-Shop für Luxusarmbanduhren. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Seboek über Käufertypen, Finanzierungsrunden und Strukturen.

Uhren scheinen sich gerade zu einem neuen Hype-Segment im Netz zu entwickeln. Mit Horando sind Sie bereits seit 2013 im Markt aktiv. Wie hat sich das Segment seitdem entwickelt?
Unsere Geschichte beginnt schon ein wenig eher. Mein Mitgründer Christopher Fischer und ich haben schon gemeinsam in Heidelberg studiert und damals bereits begonnen, mit gebrauchten Uhren zu handeln. Schon damals 2007/08 merkten wir, welche Power im online Handel mit exklusiven Uhren steckt. In den letzten Jahren hat sich der gesamte Markt nochmal richtig stark verändert. Wir merken vor allem, dass die Hemmschwelle Luxusgüter online zu kaufen immer weiter sinkt. Die meisten Kunden wissen heute ziemlich genau, welches Uhrenmodell für sie in Frage kommt! Bereits im Vorfeld lesen sie Erfahrungsberichte, vergleichen Uhrenmodelle und tauschen sich in Foren aus, bis dann die finale Kaufentscheidung fällt. Luxusuhrenkäufer sind vielschichtig. Egal, ob die Uhr als Sammlerobjekt, Wertanlage oder Statussymbol gekauft wird. Die verschiedenen Käufertypen haben eines gemeinsam – sie möchten eine perfekte Uhr zu besten Konditionen entspannt erwerben. Das ist sicherlich ein wichtiger Indikator für den derzeitigen Hype, den auch viele unserer jetzigen Kollegen erkannt haben.

Einige Ihrer Wettbewerber haben zuletzt mehrstellige Millionenbeträge aufgenommen – wie wollen Sie sich gegen diese finanziellen Schwergewichte langfristig behaupten oder gar durchsetzen?
Natürlich, einige unserer Kollegen haben hohe und sehr respektable Finanzierungsrunden abgeschlossen und sind dadurch natürlich in vielerlei Hinsicht flexibler. Wir haben Horando gestartet, indem wir ausgewählte Rolex Uhren über Plattformen wie eBay verkauft haben und die ersten Gewinne in unseren Webshop investierten. Zwei völlig unterschiedliche Ausgangssituationen und trotzdem stehen wir alle gemeinsam auf der ersten Seite, wenn man bei Google nach Luxusuhren sucht. Für uns sprechen effiziente und schlanke Strukturen, direkte Markenkonzessionen und ein wirklich sehr gutes und breites internationales Lieferantennetzwerk.

Blicken Sie bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Grundsätzlich müssen wir sagen, dass wir sehr froh sind, dass bisher nichts so richtig schief gegangen ist. Es gibt natürlich gewisse Dinge, die man heute anders machen würde bzw. Entscheidungen, die heute sicherlich anders ausfallen würden. Aber man lernt ja aus den Fehlern, die man gerade am Anfang gemacht hat. Wir sind mit unserer derzeitigen Situation nicht unzufrieden.

Und wo haben Sie alles richtig gemacht?
Alles richtig haben wir sicher nicht gemacht, aber ich denke, wir waren immer wendig genug, uns auf gewisse Veränderungen zügig einzustellen und flexibel zu sein. Zwischenzeitlich haben wir uns als Händler gut im Markt etabliert und konnten vergangenes Jahr das ehemalige Juweliergeschäft eines Rolex-Konzessionärs übernehmen und umbauen. Hier haben wir Büro und Showroom miteinander kombiniert. Wir sind direkter und vermutlich jüngster Deutscher Vertragshändler für vier Schweizer Luxusuhrenmarken. Anfang Mai fand zudem unsere erste Auktion mit Vintage Uhren, Schmuck und Modern Art statt. Horando ist also recht vielseitig aufgestellt, auch wenn unser Fokus ganz klar auf dem Handel mit neuen Luxusuhren liegt. Geht man nach dem bisherigen Feedback unserer Kunden, dann ist unser Konzept sehr stimmig. Darüber sind wir dann natürlich schon zufrieden.

Was sind denn die Vorteile, die Sie durch das stationäre Juweliergeschäft haben?
Unser Showroom ist eine Mischung aus Büro und Ladengeschäft. Modern umgebaut und vom Konzept ganz anders als dies bei stationären Juweliergeschäften der Fall ist. Wir sind dadurch Vertragshändler für ausgewählte Marken geworden und schaffen auch bei Kunden im Ausland nachhaltiges Vertrauen, wenn wir auf unser Juweliergeschäft verweisen.Durch direkte Markenkonzessionen sind wir in der traditionellen Uhrenbrache gut vernetzt. Wir waren beispielsweise bei der diesjährigen BASELWORLD bei sehr renommierten Herstellern, darunter auch Marken, die wir nicht direkt vertreten, zur Warenpräsentation eingeladen. Durch unser Konzept des hybriden Handels können wir den Online-Markt weltweit bedienen, aber zeigen den traditionellen Marken eben auch den nötigen Respekt, uns Ware auf Lager zu nehmen sowie diese in einem traditionellen Umfeld zu vertreten.

Wo steht Horando in einem Jahr?
Wir möchten unsere Marktposition natürlich weiter ausbauen und weiter wachsen. Horando hat schlanke Strukturen und wir managen mit einem im Vergleich zu unseren Kollegen verhältnismäßig kleinem Team unser Business äußerst effizient. Ob es Veränderungen an Standort, Gesellschafterstruktur oder weiteren direkten Markenkonzessionen geben wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Aber zur Frage – bei Google definitiv noch weiter oben.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.