#Interview

“Wir verabschieden uns immer mehr vom Affiliate-Marketing”

Hinter dem Urlaubsguru-Team liegen harte Zeiten. Die Ruhrgebietler nutzen die Krisenjahre für einen großen Umbau - weg von Affiliate-Einnahmen. "2023 zählt als eins der erfolgreichsten Jahre in unserer Geschichte", sagt Gründer Daniel Krahn.
“Wir verabschieden uns immer mehr vom Affiliate-Marketing”
Dienstag, 12. März 2024VonAlexander Hüsing

In den vergangenen Jahren stand das Travel-Grownup Urlaubsguru vor zahlreichen Herausforderungen. Nun blicken die Gründer wieder extrem optimistisch in die Zukunft! “Durch einen Strategiewechsel konnte der Krisenmodus beendet werden”, sagt Gründer Daniel Marx. Im Gegensatz zu früher verabschiedete sich das Unternehmen von seinem Fokus auf Affiliate-Marketing. Stattdessen setzt das Team nun auf Online Travel Agency-Konzept und ermöglicht so direkte Reisebuchungen.

“Durch den Fokus auf die eigene Pauschalreisebuchungsstrecke konnten wir die Marge der vermittelten Produkte erhöhen und damit unsere Wirtschaftlichkeit stärken. Das Jahr 2023 zählt trotz der Verbindlichkeiten, die wir wegen der Corona-Pandemie aufnehmen mussten, als eins der erfolgreichsten Jahre in unserer Unternehmensgeschichte”, sagt Gründer Krahn. Derzeit arbeiten rund 80 Mitarbeitende für Urlaubsguru, das 2012 von Daniel Krahn und Daniel Marx gegründet wurde.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Urlaubsguru-Gründer außerdem über Aufbruchstimmung, Hagelschauer und Feel-Good-Management.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Urlaubsguru erklären?
Liebe Oma, Urlaubsguru ist nicht mehr das, was es früher war. Du kennst es vielleicht noch als Schnäppchen-Portal, das Angebote von unterschiedlichen Websites für dich gefiltert hat. Inzwischen kannst du über Urlaubsguru direkt deinen nächsten Urlaub buchen. Wenn Opa also mal wieder mit dir in die Türkei möchte, weißt du, wo ihr das richtige Angebot findet. Mit ein paar Klicks ist der Urlaub gebucht. Das Online-Reisemagazin von Urlaubsguru hat weiterhin jede Menge Tipps für euch und eure nächste Reiseplanung.

Die Corona-Krise traf Euch 2020/21 hart, der Umsatz brach ein, Ihr musstet das Team verkleinern. Wo steht Urlaubsguru derzeit?
Insgesamt rund 80 Mitarbeitende arbeiten aktuell für Urlaubsguru an den Standorten in Holzwickede, Wien, Utrecht in den Niederlanden und Palmanova auf Mallorca. Durch einen Strategiewechsel konnte im Jahr 2023 der Krisenmodus beendet werden. Urlaubsguru verstärkt seit ein paar Jahren seine Position als OTA und hat sich gegen den bisherigen Fokus auf Affiliate-Marketing entschieden. OTA bedeutet Online Travel Agency und meint Online-Reiseportale über die User ihre Reise direkt buchen können.

Wie genau hat sich Urlaubsguru durch diesen Pivot vom Schnäppchendienst zur Buchungsplattform verändert – auch in Bezug auf die Mitarbeiter:innen?
Man kann sagen, dass wir erwachsener geworden sind. Wir arbeiten deutlich datengetriebener und analysieren mehr. Die Transformation des Geschäftsmodells und der Fokus auf eigene Buchungsstrecken bringen klare Zielsetzungen mit sich. Das motiviert auch die Mitarbeitenden. Die Krise hat zudem die Mitarbeiterbindung gestärkt und das stärkste Team, das Urlaubsguru bisher hatte, hervorgebracht.

Wo genau steht Urlaubsguru denn nun wirtschaftlich – auch im Vergleich zu früheren Jahren?
Durch den Fokus auf die eigene Pauschalreisebuchungsstrecke konnten wir die Marge der vermittelten Produkte erhöhen und damit unsere Wirtschaftlichkeit stärken. Das Jahr 2023 zählt trotz der Verbindlichkeiten, die wir wegen der Corona-Pandemie aufnehmen mussten, als eins der erfolgreichsten Jahre in unserer Unternehmensgeschichte. Wir verabschieden uns immer mehr vom Affiliate-Marketing. Im letzten Jahr lag der Anteil am Umsatz durch diesen Geschäftsbereich bei nur noch etwa 20 %. Durch den Fokus auf den Ausbau unseres OTA-Business konnten wir Pauschalreisen und Hotelübernachtungen in der DACH-Region im Wert von über 100 Millionen Euro vermitteln.

Was war die größte Herausforderung, was die größte Schwierigkeit bei eurem Wandel?
Alle mitzunehmen – intern wie extern. Urlaubsguru stand jahrelang für Schnäppchen-Angebote für eine Vielzahl an Urlaubsarten. Durch den Strategiewechsel haben wir unser Produktportfolio komprimiert, klare Richtlinien entwickelt, ab wann es ein Produkt auf unsere Website schafft und unter anderem mit höherpreisigen Reisen auch neue Zielgruppen erschlossen. Veränderungen erfordern immer eine transparente, nachvollziehbare und stetige Kommunikation. Wir haben gute Wege gefunden und so die Zufriedenheit unserer Mitabreitenden erhöht. In unserer jährlich stattfindenden Mitarbeiterumfrage wurde die interne Kommunikation so gut wie noch nie bewertet. Wir konnten auch bereits für Akzeptanz und Begeisterung in unserer Community sorgen. In der breiten Öffentlichkeit müssen wir aber noch ein bisschen was tun, um unsere Transformation und die Bekanntheit unserer Buchungsstrecken zu stärken.

Hättet Ihr diesen Pivot auch ohne die Corona-Krise gemacht?
Ja. Bereits im Jahr 2019 haben wir durch erste interne Umstrukturierungen den Fokus auf die Tourismussparte gelegt und unsere Produktsegmente auf ihre Wirtschaftlichkeit analysiert. 2021 folgte die Umfirmierung von der UNIQ GmbH in die Urlaubsguru GmbH. Die Pandemie hat den Prozess allerdings deutlich beschleunigt.

Welchen Tipp gibst Du anderen Gründern, die vor einem Pivot stehen?
Ein Strategiewechsel erfordert eine Menge Geduld und Vertrauen in die eigenen Stärken. Man darf das Ziel auch bei kleinen Rückschlägen nicht aus den Augen verlieren. Genauso wichtig ist es aber auch, auf das Team zu hören und alle mitzunehmen, um gemeinsam den Wandel umzusetzen.

Derzeit herrscht wieder Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Monate?
In der Reiseindustrie herrscht eher Aufbruch- statt Krisenstimmung. Viele Reiseunternehmen blicken somit optimistisch auf die nächsten Monate. Wir wissen aber durchaus, dass sich das Blatt schnell wieder wenden kann. Das haben wir in den vergangenen Jahr schmerzlichst lernen dürfen, daher blicken wir von Urlaubsguru eher verhalten optimistisch auf die nächsten Monate.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Ein Unternehmen zu führen bzw. ein Startup aufzubauen ist sehr gut mit dem Wetter zu vergleichen. Es gibt immer mal das ein oder andere Hoch mit traumhaftem Sonnenschein und einem Gefühl von Unbeschwertheit. Auf der anderen Seite gibt es aber auch stürmische Zeiten mit Hagelschauern und Gewitter und vielen dunklen Stunden. Und was eigentlich jeder weiß: Das Wetter kann man – kaum – beeinflussen. Wichtig ist einfach, dass man weiß, dass nach jedem schönen Sommertag auch mal schlechtes Wetter kommen kann und dass nach stürmischen Zeiten auch wieder die Sonne scheinen wird. Deshalb: Nicht ungeduldig oder nervös werden, sondern für jedes Wetter gewappnet sein.

Wo steht Urlaubsguru in einem Jahr?
Urlaubsguru existiert seit über 11 Jahren. Als Grownup versuchen wir aber uns unsere Startup-Mentalität beizubehalten, indem wir flexibel auf unser Marktumfeld und externe Einflussfaktoren reagieren, unser Feel-Good-Management weiter ausbauen und gemeinsam interne Strukturen schaffen, die zu unserer Unternehmenskultur passen. Wir wollen unser sehr erfolgreiches Jahr 2023 in 2024 fortführen, uns noch stärker auf unser OTA-Business konzentrieren und dadurch weiter wachsen.

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Foto (oben): Urlaubsguru

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.