#Interview

“Der Imagewechsel war eine große Challenge”

Das junge Unternehmen WingGuard, das insbesondere auf nachhaltige Zahnbürsten und Masken setzt, wuchs in den vergangenen Jahren auf 20 Mitarbeiter:innen. "Wir haben zuletzt jährlich mehrere Millionen Euro Umsatz generiert und sind dabei profitabel gewesen", sagt WingGuard-Macher Burak Dönmezer.
“Der Imagewechsel war eine große Challenge”
Mittwoch, 23. März 2022VonAlexander Hüsing

Die Firmengeschichte von WingGuard ist eine Geschichte im Wandel, eine Geschichte voller Chancen, die die Gründer Burak Dönmezer und Louis Bahlmann wahrgenommen haben. Alles begann mit dem Thema Zahnzwischenraumreinigung und einer Interdentalbürste (mit der das Team sich auch in “Die Höhle der Löwen” wagte. Dann kam Zahnseide hinzu. Im Zuge der Pandemie erweiterte das junge Unternehmen sein Portfolio dann um wiederverwendbare Masken.

“Das hat uns allerdings nicht gereicht, da wir festgestellt haben, in wie vielen anderen Bereichen unseres alltäglichen Lebens wir noch auf Produkte zurückgreifen, die umweltschädlich und nicht smart sind. Um dieses Problem anzugehen, haben wir beschlossen, unseren Kunden ein ganzheitliches Sortiment im Haushalts-, Pflege- und Reinigungs-Bereich an nachhaltigen Produkten zur Verfügung zu stellen, um ihnen den Umstieg zu einem nachhaltigeren Lifestyle zu vereinfachen”, sagt Gründer Dönmezer.

Das Konzept ging auf. Inzwischen arbeiten 20 Mitarbeiter:innen für das Kölner Unternehmen. “Wir verzeichnen mehr als 250.000 Kunden, an die wir weit mehr als eine Million Produkte verkauft haben. Wir haben zuletzt jährlich mehrere Millionen Euro Umsatz generiert und sind dabei profitabel gewesen”, erzählt der WingGuard-Macher weiter. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Dönmezer zudem über Produktverpackungen, Qualitätsansprüche und Zulieferer.

Wie würdest Du Deiner Großmutter WingGuard erklären?
Liebe Omi bzw. Babaanne auf türkisch, wir haben ein Geschäft, in dem du ganz einfach, mit deinem Handy oder PC, Haushalts-, Pflege- und Reinigungs-Produkte einkaufen kannst. Alle Produkte, die du bei uns erhalten kannst, sind nachhaltig. Das heißt, sie sind besser für die Umwelt, als konventionelle Produkte, die du sonst einkaufst. Und wenn es ein Produkt noch nicht gibt, das besser für Dich und unsere Umwelt wäre, dann stellen wir es einfach selbst her!

Die Keimzelle von WingGuard war Wingbrush, eine Interdentalbürste zur Zahnzwischenraumreinigung. Wir genau ist daraus das heutige WingGuard geworden?
Wir hatten schon immer den Anspruch, nachhaltige Lösungen für Alltagsprobleme zu finden. Die Wingbrush war damals unser erstes Produkt, und hatte zum Ziel, die Zahnzwischenraumreinigung zu vereinfachen. Jedoch hat dies noch nicht unseren Nachhaltigkeitsansprüchen genügt, weshalb wir für unser zweites Produkt, die Wingbrush-Zahnseide, bereits die Produktion nach Europa verlagert und auf eine nachhaltige Verpackung gesetzt haben. Als die Corona-Pandemie dann richtig ins Rollen geraten ist, haben wir entsetzt festgestellt, welche enorme Belastung weggeworfene Einmalmasken für unsere Umwelt darstellen.

Wie ging es dann weiter?
Wir haben beschlossen, ausschließlich auf wiederverwendbare Masken zu setzen und haben damit scheinbar einen Nerv getroffen, da wir innerhalb kürzester Zeit zum größten Livinguard-Händler aufgestiegen sind. Das hat uns allerdings nicht gereicht, da wir festgestellt haben, in wie vielen anderen Bereichen unseres alltäglichen Lebens wir noch auf Produkte zurückgreifen, die umweltschädlich und nicht smart sind. Um dieses Problem anzugehen, haben wir beschlossen, unseren Kunden ein ganzheitliches Sortiment im Haushalts-, Pflege- und Reinigungs-Bereich an nachhaltigen Produkten zur Verfügung zu stellen, um ihnen den Umstieg zu einem nachhaltigeren Lifestyle zu vereinfachen.

Welche Erfahrungen aus den ersten Jahren mit Wingbrush haben euch geholfen, euch so anders aufzustellen?
Wingbrush war für uns die perfekte Schule, um den E-Commerce, Einzelhandel, Logistik und alle Themen rund um die Produktentwicklung im kleinen Rahmen kennenzulernen. Von der Gestaltung des Webshops, über das Design von Produktverpackungen, das Einreichen von Patenten oder die Marketingkommunikation, haben wir Erfahrungen von unschätzbarem Wert gesammelt, die wir nun bei WingGuard skalieren können. Während es früher Wochen oder gar Monate gedauert hat, um beispielsweise ein fertiges Verpackungsdesign zu entwerfen, haben wir mittlerweile Strukturen geschaffen, um so etwas in wenigen Tagen zu verwirklichen.

Wie groß ist Wingbrush denn inzwischen?
Wir sind von anfangs drei Mitarbeiter:innen auf mittlerweile 20 herangewachsen. Aus ursprünglich einem Eigenprodukt sind mittlerweile Eigenprodukte im zweistelligen Bereich geworden sowie mehr als 300 weitere Produkte, die wir nun im Sortiment führen. Wir verzeichnen mehr als 250.000 Kunden, an die wir weit mehr als eine Million Produkte verkauft haben. Wir haben zuletzt jährlich mehrere Millionen Euro Umsatz generiert und sind dabei profitabel gewesen.

Wie sehr hat sich bei diesem Wandel denn das Team im Hintergrund verändert, immerhin habt ihr ja plötzlich ganz andere Themen gestemmt?
Wir sind größer und stärker geworden. Unser Fokus liegt dabei vor allem auf Expertise. Unsere Produktmanagerin Laura ist beispielsweise promovierte Biologin und untersucht für uns ganz genau die Zusammensetzung von Inhaltsstoffen, damit wir auch wirklich verstehen, wie ein Produkt funktioniert und wir es unseren Kunden auch erklären und empfehlen können. Diesen Qualitätsanspruch hegen wir in allen Bereichen, weshalb wir uns beispielsweise auch hinsichtlich IT, Shop-Management, Customer Journey etc. personell deutlich breiter aufgestellt haben, um den Kaufprozess zu optimieren und dem Kunden die bestmögliche Erfahrung zu ermöglichen.

Es lief doch aber sicherlich nicht alles glatt, oder? Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Baustellen und Herausforderungen gab es beinahe täglich. Der Imagewechsel, von einem innovativen Dentalunternehmen, das mit einem reinen Dentalprodukt in der ‘Höhle der Löwen’ aufgetreten ist, hin zu einem Unternehmen, das für nachhaltige Produkte im Haushalt-, Pflege- und Reinigungs-Bereich steht, war eine große Challenge, die nur mit sehr viel Marketing und Kommunikationsarbeit zu bewältigen war. Dann war natürlich die Logistik ein großes Problem in den letzten beiden Jahren, da Lieferketten gestört und die Beschaffung von Produkten und Rohstoffen mit großen Unwägbarkeiten verbunden war. Unsere Zulieferer konnten nur selten Liefertermine einhalten, sodass wir unsere Waren teilweise spontan vom einen auf den anderen Tag selbstständig quer durch Deutschland transportieren mussten, um unsere eigenen Liefertermine einhalten zu können. Aber auch auf technischer Ebene gab es große Challenges. Beispielsweise hatten wir beschlossen, unser Shopsystem zu wechseln, um bei dem neuen System mehr Möglichkeiten zur visuellen Shop-Gestaltung zu haben. Kurz bevor der neue Shop fertiggestellt war, haben wir, dank diverser Medien- und Presseberichte, eine so große Nachfrage im Shop erlebt, dass unser altes Shopsystem zusammengebrochen und der Shop nicht mehr erreichbar war. Glücklicherweise war der neue Shop schon so weit fertiggestellt, dass er noch am gleichen Tag online gehen konnte. Somit waren wir letztlich nur ein paar Stunden offline. Hätten wir aber nicht zufällig schon einige Wochen vorher, aus eigentlich ganz anderen Gründen, mit dem Aufbau des neuen Shops angefangen, wäre der Zusammenbruch des alten Shops fatal gewesen.

Wo steht WingGuard in einem Jahr?
In einem Jahr wird WingGuard für alle, die Ihr Leben nachhaltiger gestalten wollen und einen Wert auf Expertise und Produktqualität legen, die erste Anlaufstelle sein.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen genaueren Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründerinnen und Gründer, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen gerade von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): WingGuard

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.