#Interview

“Wir haben fast jeden Prozesschritt zunächst selber gemacht”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Die ersten 30 Minuten sind für Mails und Tagesplanung reserviert. Danach kurze Check-In Calls mit den Teams, die im Home Office oder im Außendienst unterwegs sind", sagt Friedrich Kalthoff von Kraftling.
“Wir haben fast jeden Prozesschritt zunächst selber gemacht”
Mittwoch, 16. Juni 2021VonAlexander Hüsing

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Friedrich Kalthoff von Kraftling. Das Startup aus Köln bietet energiegeladene Saft-Kick-Drinks an.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Die ersten 30 Minuten sind für Mails und Tagesplanung reserviert. Danach kurze Check-In Calls mit den Teams, die im Home Office oder im Außendienst unterwegs sind. Wenn dann nicht gerade irgendwelche Notfälle sind, liegt der Fokus auf den wesentlichen Wachstumshebeln. Dabei darf natürlich ein Kraftling nicht fehlen – meist in Kombi mit einem doppelten Espresso.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Ein perfekter Tag endet mit Joggen oder einer Runde Tennis mit den Co-Founder oder Freunden. Meistens ist das allerdings zeitlich nicht drin. Ansonsten versuche ich mich zunehmend als Home-Chef in der Küche, tausche mich gerne mit anderen Unternehmern aus und versuche mich durch diverse Podcasts weiterzubilden.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich glaube, dass ich eine gute Vorstellung davon hatte, was es heißt zu gründen und komme auch mit den meist unglamorösen Seiten des Gründerlebens gut klar. Dennoch hätte ich sicherlich nicht vor Gründung gedacht, dass wir die ersten 80.000 Stück mit den eigenen Händen in der WG etikettieren würden. Aber auch das gehört dazu und ist im Nachhinein eine wertvolle Erfahrung. Wir haben fast jeden Prozesschritt zunächst selber gemacht, daraus viel gelernt und können jetzt besser bestimme Prozesse und Kosten bei externen Dienstleistern einschätzen.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Die größte Herausforderung war es den 100%-igen Fokus zu erlangen. Alle anderen Themen müssen radikal abgeschnitten werden. Der Fokus muss einzig und allein auf der Firmengründung und dem Wachstum liegen. Damit einhergehend auch harte Einschnitte bei Gehalt, Sicherheit und Lifestyle.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Wir hätten sicherlich schon früher anfangen müssen mit professionellen Marktdaten zu arbeiten. Mittlerweile sind das für uns wesentliche Entscheidungsgrundlagen geworden.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Es gibt vermutlich nicht den einen Kanal, der für Recruiting super funktioniert oder wir haben ihn noch nicht gefunden. Dennoch zeigt sich immer wieder, dass unsere Kraftlinge auch andere tolle Menschen von unserem Purpose begeistern können und somit immer gute neue Kraftlinge ins Team kommen. Ganz nach dem Motto: Great people know great people!

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Die Liste ist lang aber hier ein wesentlicher Tipp: Sucht Euch Co-Founder, denen Ihr vertraut und die genauso committed und ambitioniert seid wie Ihr. Wichtig dabei: Ein komplementäres Skillset und einen gleichen Wertekompass.

Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Excel.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Zum einen sind es die Erfolge, die gute Stimmung ins Team bringen und die wir gemeinsam in Townhalls feiern. Auf der anderen Seite motivieren wir uns gegenseitig vor allem in harten, stressigen Zeiten und sind füreinander da. Es ist vor allem der positive Spirit im Team, der für gute Stimmung sorgt.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Im Januar 2018 brauchten wir eine ordentliche Saftpresse nach industriellen Maßstäben – ein bisschen mehr als nur der Handmixer. Wir haben also online eine Maschine gefunden und die Bezahlung via Escrow abgewickelt. Wir sind dann mit einem Transporter mit Ladefläche morgens früh mit der ersten Fähre nach England gefahren und haben in einem Hinterhof diese Maschine gekauft und eingepackt. Nach dieser 24Uhr Tour stand die Maschine dann endlich in unserer ersten eigenen Produktionsumgebung – in dem 19m2 Restaurantkeller von Olli&Sohn im Mediapark in Köln und nach 2 Std. Power-Nap haben wir direkt den ersten großen Batch produziert. Ein absolutes Highlight!

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit circa 400 Startups, über 60 Coworking Spaces, Acceleratoren und Inkubatoren sowie attraktiven Investoren, zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH#Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): Kraftling

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.