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“Witzigerweise titelte die Bild-Zeitung: ‘Mega-Flop mit veganer Milch'”

Im vergangenen Herbst wagten sich die drei Vly-Gründer in die Vox-Show "Die Höhle der Löwen". Am Ende ging es in der Sendung nur um die Bewertung, die den Löwen viel zu hoch war, der jungen Foodfirma. Inzwischen ist die Bewertung noch viel höher!
“Witzigerweise titelte die Bild-Zeitung: ‘Mega-Flop mit veganer Milch'”
Mittwoch, 17. März 2021VonAlexander Hüsing

Im vergangenen Jahr waren Nicolas Hartmann, Niklas Katter und Moritz Braunwarth, die Gründer von Vly, mit ihrer Erbsenproteinmilch in der Vox-Show “Die Höhle der Löwen” zu Gast. Unser Fazit damals: “Den Löwen gefiel das Produkt und der Auftritt der Gründer – die Bewertung allerdings gar nicht” – siehe “Ein Hype ist keine Bewertungsbegründung“. “Die ‘Löwen’ hielten den zum Zeitpunkt der Aufzeichnung – also vor gut einem Jahr – aufgerufenen Unternehmenswert von 5 Millionen Euro für überzogen. Heute reden wir schon von einem Vielfachen der damaligen Unternehmensbewertung”, sagt Vly-Macher Hartmann.

Derzeit arbeiten 15 Mitarbeiter für die junge Foodfirma. “Unser Umsatz lag 2020 im mittleren Millionenbereich. Dieses Jahr wollen wir zehn neue Produkte auf den Markt bringen, darunter Schokodrinks. Auch Joghurt und Quark sind in der Entwicklung, wir haben dafür Forschungsfördergelder in siebenstelliger Höhe bekommen”, erzählt Hartmann. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Vly-Macher außerdem über Massentierhaltung, Begeisterung und die geplante Auslandsexpansion.

Wie würdest Du deiner Großmutter Vly erklären?
Wir verkaufen eine Milchalternative, bei der es keine Kompromisse mehr braucht. Da ist alles für dich drin, von Proteinen über Mineralstoffe bis hin zu Vitaminen. Aber am besten ist: sie schmeckt sogar so, dass Du Kuhmilch nicht mehr vermissen wirst.

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Die Expansion lief schneller, als wir es uns hätten träumen lassen. Die ersten zwei Jahre hatten wir in intensive Forschung investiert, wir Gründer haben uns kein Gehalt ausgezahlt. Als wir vly dann Anfang 2020 auf den Markt brachten, waren unsere Erwartungen hoch. Denn wir sind davon überzeugt, dass die industrielle Massentierhaltung keine Zukunft hat und es Zeit für Innovationen ist. Die gigantische Milchindustrie hat nichts mehr damit zu tun, was die Konsumenten heute wollen. Der riesige Erfolg hat uns trotzdem überrascht: Binnen eines Jahres haben wir über eine Million Liter Milch verkauft und sind mittlerweile in jedem sechsten Supermarkt vertreten – von Rewe bis hin zu Aktionen bei Aldi.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Niemand hätte sich das gewünscht. Wir haben probiert, dass Beste daraus zu machen. Menschen wollen sich gesünder ernähren. Viele kaufen vermehrt online. Diese Bedürfnisse können wir bedienen. Über 25.000 Bestellungen haben wir im ersten Jahr schon über unseren Online-Shop abgewickelt. Rund 20 % unseres Umsatzes machen wir online, und jeder dritte Kunde dort ist ein Wiederkäufer.

Wie ist überhaupt die Idee zu Vly entstanden?
In meinem Leben gab es drei große Schicksalsmomente, die mich zu vly brachten: Zuerst beendete eine sehr bittere Entzündung meinen Traum, Profibasketballer zu werden. Das hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, auf seinen Körper und das, was man ihm gibt, zu achten. Der zweite Moment war vor ungefähr sechs Jahren, als ich eine Bio-Molkerei besuchte. Ich war schockiert über die fast platzenden Euter und bin vegan geworden. Die dritte Erfahrung war in meinem Job als Unternehmensberater: Es ging um ein Projekt, in dem europäisches Milchpulver als Säuglingsnahrung nach China verkauft werden sollte. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Alles in mir hat sich gesträubt, und seitdem arbeite ich zusammen mit meinen beiden tollen Mitgründern, Niklas und Moritz, an Alternativen zu Milchprodukten.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Vly inzwischen?
Aktuell haben wir 15 Mitarbeiter, bis Ende des Jahres sollen es 35 werden. Unser Umsatz lag 2020 im mittleren Millionenbereich. Dieses Jahr wollen wir zehn neue Produkte auf den Markt bringen, darunter Schokodrinks – unsere Antwort auf die gar nicht so gute alte “MüllerMilch”. Auch Joghurt und Quark sind in der Entwicklung, wir haben dafür Forschungsfördergelder in siebenstelliger Höhe bekommen.

Wie viele andere Startups habt ihr bereits an der Vox-Show “Die Höhle der Löwen” teilgenommen. Hat sich die Teilnahme an der Show für euch gelohnt?
Mit der Ausstrahlung letzten September haben wir natürlich nochmal ordentlich an Bekanntheit gewonnen. Richtig in die Supermärkte sind wir ja eigentlich erst im zweiten Halbjahr gekommen. Rewe und Edeka zum Beispiel waren sehr offen, sie sehen auch den großen Trend in Richtung pflanzliche Milchalternativen. Und da hilft auch jedes Publikum, welches wir für das Thema sensibilisieren können.

Warum habt ihr euch damals überhaupt entschieden, bei “Die Höhle der Löwen” mitzumachen?
Unsere Vision ist, dass es vly in jedem Supermarkt und in jedem Haushalt gibt. Dabei geht es uns um nicht weniger als die Disruption der Milchindustrie. Warum Kühe melken, wenn man gesunde, nachhaltige und besonders leckere Milchalternativen direkt aus pflanzlichen Proteinen herstellen kann? Je mehr Menschen davon erfahren, desto besser ist das für uns alle. Eine TV-Show wie “Die Höhle der Löwen” mit ihrem Millionenpublikum bietet dafür natürlich ein wunderbares Forum.

Lief alles so, wie ihr es euch vorgestellt habt?
Wir hatten schon mit einem positiven Feedback der Juroren gerechnet. Aber ihre Begeisterung hat uns dann noch einmal mehr darin bestärkt: Die Zeit ist reif für eine neue Milch.

Nach eurem Pitch gab es große Diskussionen um eure Bewertung. Wie seht ihr diesen Punkt heute?
Die “Löwen” hielten den zum Zeitpunkt der Aufzeichnung – also vor gut einem Jahr – aufgerufenen Unternehmenswert von 5 Millionen Euro für überzogen. Witzigerweise titelte die Bild-Zeitung dann nach der Ausstrahlung: “Mega-Flop mit veganer Milch”. Und heute reden wir schon von einem Vielfachen der damaligen Unternehmensbewertung.

Was rätst du anderen Gründer, die bei der Gründershow mitmachen wollen?
Seid authentisch und bereitet Euch gut vor. Es ist eine große Chance, ein breites Publikum für Euer Thema zu begeistern.

Wo steht Vly  in einem Jahr?
Wir stehen in noch mehr deutschen Haushalten und zeigen immer mehr Menschen, wie einfach und lecker es 2021 sein kann, sich gesund und pflanzlich zu ernähren. In einem Jahr haben wir neben unseren Milchalternativen auch weitere Produkte gelauncht und erste Erfolge im Ausland gefeiert.

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Foto (oben): Vly

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.