#Interview

“Mit einem starken Team überwindet man auch die stärkste Krise”

Wie lief es 2020 bei Artnight? "Zwischen März und November 2020 haben wir 70 % des geplanten Umsatzes verloren. Und trotzdem kann ich sagen: Wir haben unsere Ziele erreicht, denn Corona hat viele Ziele für uns neu definiert", sagt Aimie-Sarah Carstensen, Gründerin von Artnight.
“Mit einem starken Team überwindet man auch die stärkste Krise”
Mittwoch, 23. Dezember 2020VonAlexander Hüsing

Das Berliner Unternehmen ArtNight, das von Aimie-Sarah Carstensen und David Neisinger gegründet wurde, bringt Menschen in Restaurants und Bars zu kunstvollen Events zusammen. ArtNight war das erste Investment von Georg Kofler bei “Die Höhle der Löwen”. Nach Kofler investierte M-Venture, die Beteiligungsgesellschaft von Mast-Jägermeister, in das Startup. Später kamen dann Acton Capital und die Bochumer Masterplan-Macher dazu.

Die vergangenen Monate waren nicht leicht für das junge Unternehmen. “Corona war und ist nach wie vor für alle ein Schock, doch wir haben wie viele weitere Unternehmen gelernt, uns einer Zeit wie dieser anzupassen. Niemand sollte in eine Schockstarre verfallen, jeder sollte lösungsorientiert in die Zukunft blicken und Neues auszuprobieren”, sagt Mitgründerin Aimie-Sarah Carstensen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die Artnight-Macherin einmal ausführlich über das fast abgelaufene Jahr.

2020 geht als Corona-Jahr in die Geschichtsbücher ein. Was hast du in den vergangenen Monaten gelernt?
Die vergangenen Monate haben eine These ganz eindeutig bestätigt: Mit einem starken Team überwindet man auch die stärkste Krise. Corona war und ist nach wie vor für alle ein Schock, doch wir haben wie viele weitere Unternehmen gelernt, uns einer Zeit wie dieser anzupassen. Niemand sollte in eine Schockstarre verfallen, jeder sollte lösungsorientiert in die Zukunft blicken und Neues auszuprobieren. Eine Krise ist immer auch eine Chance. Und so war das auch für uns. Uns machte der Beginn der Pandemie schnell klar: Wenn Offline-Events Corona-bedingt erstmal keine Option mehr sind, liegt es allein in unserer Hand, eine Alternative für unsere Kunden und hunderte unserer Workshopleiter zu finden. Die Digitalisierung unserer Produkte lag da am nähesten. Doch wer ein Geschäftsmodell innerhalb weniger Wochen komplett umstellen muss, braucht ein verlässliches und vor allem agiles Team, das trotz großer Herausforderungen und Veränderungen die Vision des Unternehmens stets im Auge behält. Wir sind stolz, das als gut eingespieltes Team geschafft zu haben. Nicht zuletzt – und das ist sicherlich ein weiteres Learning der letzten Monate – dank neu definierter Kommunikationsstrukturen, die das Arbeiten von zu Hause mit sich gebracht haben. Aus dem Home Office zu arbeiten, bedeutet, interne Kommunikation komplett neu zu definieren und sich als Unternehmen die Frage zu stellen, wie man Mitarbeiter in Zeiten von Home Office weiterhin optimal in wichtige Prozesse mit einbezieht und gleichzeitig motiviert hält. Bei uns helfen da vermehrte digitale Standups, Checkins, aber ebenfalls Online-Team-Lunches oder digitale Coffee Dates, bei denen wir uns auch auf persönlicher Ebene darüber austauschen, wie es uns geht, wie wir uns fühlen und die Corona-Zeit persönlich erleben. Denn der Fokus sollte in keinem Fall sein, sich nur auf den Mitarbeiter selbst zu konzentrieren – auch der Mensch hinter dem Mitarbeiter muss in Zeiten wie diesen wissen, dass Teams und Kollegen jederzeit für einen da sind, wenn die Decke auf den Kopf zu fallen droht.

Wie lief 2020 wirtschaftlich für euch – habt ihr eure Ziele erreicht?
Noch im Februar lag unser monatlicher Umsatz im siebenstelligen-Bereich, bis Corona kam. Mehr als 500.000 Teilnehmer hatten bis zu dem Zeitpunkt bereits an einem unserer Workshops teilgenommen, doch mit der Pandemie mussten tausende unserer Events abgesagt werden. Zwischen März und November 2020 haben wir 70 % des geplanten Umsatzes verloren. Und trotzdem kann ich voller Überzeugung sagen: Wir haben unsere Ziele erreicht, denn Corona hat viele Ziele für uns neu definiert. Zum vierten Quartal legten die Verkäufe unserer Produkte dank der Vermittlung und Organisation digitaler Weihnachtsfeiern um 100 % zu. Unternehmen, die dieses Jahr auf eine traditionelle Weihnachtsfeier verzichten müssen, buchen für Mitarbeiter ein Event mit uns. 5 000 Mitarbeiter in 300 Unternehmen in ganz Deutschland backen mit BakeNight, dazu gehören neben Startups auch DAX-Konzerne. Menschen malen auf knapp 400 Weihnachtsfeiern mit ArtNight ein Kunstwerk. Und allgemein erkennen wir, dass die Teilnehmerzahlen für unsere Online-Events stetig steigen. Dies bestätigt uns nicht nur in unserer Mission: Es zeigt auch, dass wir unsere Offline-Erlebnismarken erfolgreich digitalisiert haben und so in der Lage sind, Menschen weiterhin im Rahmen kreativer Veranstaltungen zusammenzubringen – zwar nicht in den Bars und Restaurants ihrer Stadt, dafür aber sicher und digital von zu Hause. Gleichzeitig können wir unsere Workshopleiter, darunter zum Beispiel Bäcker oder Künstler, deren Existenz von der Krise bedroht ist, durch unsere Online-Angebote weiter unterstützen. Mit dem Leiten der Workshops erwirtschaften sie auch in Zeiten eines Lockdowns zusätzliches Einkommen.

Was war das Highlight in diesem Jahr bei euch?
Ein klares Highlight ist weiterhin zu beobachten, wie durch und durch positiv sich unsere Online-Angebote entwickeln und wir mit diesen noch sehr neuen Produkten zum Ende des Jahres starke Gewinne verzeichnen. Der absolute Höhepunkt dabei ist zu sehen, dass wir auch jetzt in der Weihnachtszeit, die stark von Lockdown, Social Distancing und mangelnden Beschäftigungsalternativen geprägt ist, Menschen mit unseren Angeboten zusammenbringen. Hunderte Firmen, aber auch größere Gruppen, organisieren in ihrem Freundes- und Familienkreis ein Weihnachtsfest mit uns. Wir vermitteln das Gefühl von Zwischenmenschlichkeit unter Freunden und Familie, die gemeinsam mit uns etwas erleben können. Und mit dem Angebot digitaler Weihnachtsfeiern für Unternehmen tragen wir dazu bei, den Teamgeist und Zusammenhalt unter Mitarbeitern in diesen herausfordernden Zeiten zu stärken. So haben wir auch in den letzten Monaten tausende Menschen digital zusammengebracht, in Zeiten, in denen der Erhalt menschlicher Interaktion stark auf die Probe gestellt wurde und immernoch wird.

Welches Projekt steht bei euch für 2021 ganz oben auf der Agenda?
Offline, offline, offline! Wir sind jederzeit bereit, mit unseren Angeboten wieder in den Städten Deutschlands durchzustarten und warten weiter gespannt auf den Beschluss von Bund und Ländern, wann das wieder möglich ist. Wir werden dann vermehrt auf unsere Safety-Events setzen, denn unser Kerngeschäft bleibt weiterhin unser Offline-Format. Nichtsdestotrotz ist uns heute klar: Die Digitalisierung ist wichtiger denn je und an ihr führt kein Weg vorbei. Das gilt auch für ein Offline-basiertes Veranstaltungskonzept wie unseres. Denn die Resonanz unserer Kunden bezüglich der Livestream-Kurse und Online-Tutorials ist nach wie vor sehr positiv und die Nachfrage bleibt weiter groß. Deshalb bleiben die digitalen Formate in jedem Fall Teil unseres Angebotes, auch nach Corona.

Was hast Du Dir persönlich für 2021 vorgenommen?
„Old ways of thinking will never help us build a new world. Out with the Old. In with the New“ – dieses Zitat von Abby Wambach, Weltfußballerin und Autorin des Buches „Wolf Pack“, beschreibt ziemlich genau, was ich mir für 2021 vorgenommen habe: Flexibel bleiben, das Gelernte smart einsetzen und jeden Tag sein Bestes geben. So möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, eine neue, bessere Welt zu schaffen. Mein größter Wunsch ist, echte soziale Interaktion bei unseren Events wieder möglich zu machen und Menschen wieder zusammenzubringen – ein Grundbedürfnis, das 2020 wieder sehr präsent geworden ist.

TippIn unserer Rubrik “Jahresrückblick” schauen wir zurück auf 2020!

CurrywurstTalk mit Aimie-Sarah Carstensen (Artnight)

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Foto (oben): Artnight

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.