#Interview

“Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, etwas Neues aufzubauen”

Über Lios Ventures investiert Frank Mair (Verlagsgruppe MairDuMont) neuerdings in Travel-Startups. "Nach fünf Jahren, in denen ich MairDuMont Ventures aufgebaut habe, fühlte ich, dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist, etwas Neues aufzubauen", sagt Mair.
“Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, etwas Neues aufzubauen”
Dienstag, 24. November 2020VonAlexander Hüsing

Der neue Münchner Kapitalgeber Lios Ventures, hinter dem vor allem Frank Mair (Verlagsgruppe MairDuMont) steckt, investiert insbesondere in Travel-Startups. Auf der brandneuen Website heißt es: “We have our roots in the travel industry and invest in companies helping travelers to discover unique travel experiences. On top, we are interested to look into opportunities in new fields”.

Lios Ventures tritt damit im Grunde die Nachfolge von MairDuMont Ventures, das weiter existiert, an. In den vergangenen Jahren investierte die Verlagsgruppe MairDuMont über ihren Ableger in diverse Travel-Startups – darunter travelcircus, holidu, PaulCamper, Zizoo, Fineway und journi. Mit Lios Ventures möchte Reise-Experte Mair die Venture-Aktivitäten nun unabhängiger von der eigenen Verlagsgruppe aufstellen. “Nach fünf Jahren, in denen ich MairDuMont Ventures aufgebaut habe, fühlte ich, dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist, etwas neues für die Zukunft aufzubauen”, sagt Mair.

Schon vor dem Start investierte Lios Ventures in die beiden MairDuMont Ventures-Investments PaulCamper und holidu. In der Regel investiert das Lios-Team zwischen 100.000 Euro und 1 Millionen in Startups. “Im Reiseumfeld haben wir ein Netzwerk. Dazu fördern wir den Austausch zwischen den Beteiligungen. Corona macht das im Moment schwer, aber Post-Corona werden wir Events machen zu gegenseitigen Austausch”, sagt Lios-Macher Mair im Interview mit deutsche-startups.de. Außerdem spricht er über Marktbewertungen, Reportings und Kommunikation.

Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Für mich liegt der Reiz immer darin, dass ein wesentlicher Kundenwunsch erfüllt wird, und das auf eine neue Art und Weise, die uns als Menschheit weiter bringt. Denn, wenn das funktioniert, dann darf auch Gründerteam stolz sein und die Investoren verdienen ihr Geld zurück!

Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Nach ersten M&A Transaktionen bei MairDuMont, bei denen wir Mehrheiten an reiferen Unternehmen gekauft haben, sah ich das Potenzial von schnellen jungen Team. Nach weiteren fünf Jahren, in denen ich MairDuMont Ventures aufgebaut habe fühlte ich, dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist, etwas Neues für die Zukunft aufzubauen

In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
Absolut. Einige Bewertungen kann ich auch ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Aber die Preise regelt der Markt und wer nicht an die Marktbewertung glaubt, der muss ja nicht investieren. Ich hoffe nur, dass Korrekturen – sofern welche anstehen – nicht so drastisch ausfallen, dass das ganze Ecosystem gestört wird, es ist aus meiner Sicht nämlich viel positives im Entstehen.

Was sollte jeder Gründer über Euch – als VC – wissen – wie etwa grenzt Ihr Euch von anderen Investoren ab?
Ich glaube, dass junge Unternehmer nur von sehr erfahrenen Menschen lernen können – daher gibt es bei uns keine Junioren. Und ich glaube, dass der Erfolg von den Beziehungen abhängt, das sollte von Anfang an 100 % passen.

Welche Unterstützung bietet Ihr – neben Geld?
Im Reiseumfeld haben wir ein Netzwerk. Dazu fördern wir den Austausch zwischen den Beteiligungen. Corona macht das im Moment schwer, aber Post-Corona werden wir Events machen zu gegenseitigen Austausch.

Wie organisiert Ihr den Austausch mit Euren Portfolio-Firmen, welche Tools nutzt Ihr?
Die meisten Unternehmen erstellen von sich aus monatliche Reportings. Wir wollen den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich machen und nutzen diese Reportings.

Was ist wichtiger: Das Team oder die Idee?
Ich habe gute Teams gesehen, die im Verlauf ihre Idee erfolgreich dem Markt angepasst haben. Von daher klare Antwort: das Team

Wie sieht das ideale Gründerteam aus bzw. gibt es überhaupt das ideale Gründerteam?
Je mehr Know-how im Team für die Idee verfügbar ist, je besser! Und “diversity” in Geschlecht, Ausbildung, Ansatz sind auch vorteilhaft.

Wie entscheidet Ihr, ob Ihr in ein Startup investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
Bauchgefühl für das Team und Daten für die Idee!

Nicht jedes Start-up läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Ich habe sehr gute Erfahrung mit offener und ehrlicher Kommunikation gemacht. Wenn es nicht läuft, braucht es auf der einen Seite ausreichend Zeit, und dann absolute Entschlossenheit in dem Weg nach vorne. Dies versuchen wir zu fördern

Und woran merkt Ihr, dass Ihr bei einem Start-up die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Wenn wir nicht mehr unterstützen können. Meist investieren wir mit anderen zusammen. Wenn sich gar niemand außer uns mehr findet, dann wird es eng.

Wie wichtig und bindend ist ein Businessplan?
Wichtig, noch wichtiger aber die Metriken.

Wie spricht man als Gründer am besten einen Investor an?
Einfach eine E-Mail senden, am besten mit Idee, einer kurzen ppt und Zahlen.

Was sollten Gründer vor Investoren niemals sagen oder machen?
“Geschönte” Informationen oder “kreative” Diagramme zeigen. Das zerstört Vertrauen

Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen?
Komoot, Tourradar und Tourlane.

Tipp: Noch mehr Interviews mit Venture Capiztal-Gebern aus Deutschland gibt es in unserem Themenschwerpunkt VC-Interview.

Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.

Foto (oben): Lios Ventures

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.