#Interview

Ein Startup, das Beton-Gold flüssig macht

Bei Brickbuy dreht sich alles um Immobilien. "Wir nennen Immobilien 'Beton-Gold', aber bis dato gibt es nicht die Liquidität und Handelbarkeit, die es für Gold gibt. Das möchten wir ändern und gleichzeitig Zugang zu Immobilieninvestments für jeden eröffnen", sagt Gründer Fausto Lorfeo.
Ein Startup, das Beton-Gold flüssig macht
Donnerstag, 22. Oktober 2020VonAlexander Hüsing

Das Kölner Startup Brickbuy bietet seinen Kunden die Möglichkeit in Immobilien zu investieren oder anteilig zu verkaufen. “Wir möchten Eigentümern die Möglichkeit geben bis zu 49 % der Quadratmeter einer Immobilie zu verkaufen. Ihnen also einen attraktiven Deal anbieten: Sie geben wirtschaftliche Ansprüche an Erlösen aus einem Anteil der Immobilie ab, erhalten dafür Kapital und verpflichten sich dazu die Immobilie weiterhin zu bewirtschaften”, erklärt Gründer Fausto Lorfeo das Konzept hinter Brickbuy.

Im Interview mit deutsche-startups.de stellt der Brickbuy-Macher das Konzept hinter seinem Startup einmal ganz genau vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Brickbuy erklären?
Omi, meine Firma gibt Eigentümern – von beispielsweise einer Wohnung in Köln – die Möglichkeit einen Teil der Wohnung zu verkaufen und gleichzeitig weiterhin in der Wohnung wohnen zu bleiben. Wenn ein Eigentümer Geld braucht, muss er also nicht sein Zuhause verkaufen, sondern kann nur einen Teil verkaufen und bekommt durch uns Zugriff auf das eigene Geld, dass in der Wohnung gebunden ist. Auf der anderen Seite können Menschen die ihr Geld investieren möchten diese Anteile kaufen und damit in Immobilien investieren. Das besondere dabei ist, dass ein Eigentümer keine Miete oder Zinsen an Anleger zahlen muss. Dafür gibt ein Eigentümer Anlegern einen sogenannten “Diskont”, also eine Art Rabatt i.H.v. 18 % auf den Wert der Quadratmeter der Wohnung. Wenn beispielsweise der m² 6.000€ Wert ist, verkauft ein Eigentümer den Quadratmeter für 4.920 Euro. Danach ist ein Eigentümer dazu verpflichtet, sich weiterhin um die Wohnung zu kümmern. Dass heißt, er oder sie trägt nach wie vor die Instandhaltungskosten, Verwaltung und Bewirtschaftung. Darum müssen sich Anleger dann also nicht kümmern. Anleger haben also im Gegenzug den Vorteil, dass er (oder sie), die üblichen Nebenkosten und Aufwände von Immobilieneigentum nicht tragen müssen, einen wirtschaftlichen Anspruch an der Immobilie besitzen, keine Kaufnebenkosten bezahlen müssen – also Grunderwerbsteuer, Notargebühren oder Grundbucheintrag – und von der Wertentwicklung der Wohnung profitieren. Wir zeigen laufend an, wie viel die Anteile der Immobilie auf dem freien Markt Wert sind. Wir arbeiten mit einem der größten deutschen Firmen für Immobiliendaten (Immobilienscout24) zusammen und verfolgen durch Zugriff auf diese Daten regelmäßig die Wertentwicklung für jede spezifische Immobilie. Wenn ein Eigentümer seine Wohnung verkauft, erhält der Anleger den vollen Anteil den er ursprünglich erworben hat. In dem Beispiel, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs der Quadratmeter-Wert 6.000 Euro war, hat der Anleger also 4.920 Euro für den Anteil gezahlt. Wenn zum Beispiel 10 Jahre später die Wohnung verkauft wird, für einen Quadratmeter-Preis von 8.000 Euro, dann erhält der Anleger 8.000 Euro und hatte in den 10 Jahren keine Aufwände oder Kosten. Wenn jemand vorher sein Geld wiederhaben möchte, kann er die Anteile auch jederzeit auf unserem Marktplatz – ähnlich wie eine Börse – wieder verkaufen. Dazu kommt, dass das in der Grundschuld – also im Grundbuch – abgesichert ist und die Anleger sich sicher sein können, dass sie Ihre Ansprüche an der Wohnung auch bekommen. Das klingt etwas kompliziert, aber im Grunde ist es das nicht. Ein Eigentümer verkauft einen Anteil seiner Wohnung an einen Investor. Wir legen nur die Regeln fest, die sicherstellen das es sich für beide lohnt. Das was es so kompliziert erscheinen lässt, sind die rechtlichen Grundlagen die notwendig sind, um dieses Geschäft möglich zu machen und sicherzustellen, dass sich alle an die Regeln halten.

Welches Problem genau wollt Ihr mit Brickbuy lösen?
Liquiditätsmangel für Eigenheimbesitzer. Wie wir wissen, ist das Eigenheim kein Investment, sondern eine Verbindlichkeit. Wir wollen aus der Verbindlichkeit “Eigenheim”, ein Investment für Anleger machen und im Gegenzug Kapital frei machen für Eigenheim-Besitzer. Win-Win. Immobilieneigentümer, haben innerhalb der eigenen Immobilie Geld und Wohlstand gebunden, aber haben keinen direkten Zugriff auf dieses Kapital. Wenn ein Eigentümer einen etwas größeren Kapitalbedarf hat, kann er lediglich einen Kredit bei der Bank aufnehmen. Das ist mit Zinsen und vor allem Tilgung verbunden, die den Cash Flow des Eigentümers negativ beeinflussen. Wirklich Vorteilhaft ist das nur für die Bank. Wir nennen Immobilien “Beton-Gold”, aber bis dato gibt es nicht die Liquidität und Handelbarkeit die es für Gold gibt. Das möchten wir ändern und gleichzeitig Zugang zu Immobilieninvestments für jeden eröffnen. Warum profitieren nur professionelle Immobilienunternehmen und Banken von Immobilien? Warum kann nicht ein Teil der Eigenheime zu bis zu 49 % in einer Art “Streubesitz” liegen – mit einem “Haupteigentümer” der die Immobilie bewirtschaftet – und damit die Möglichkeit für jeden entstehen vom Immobilienmarkt zu profitieren? Wir möchten Eigentümern die Möglichkeit geben bis zu 49 % der Quadratmeter einer Immobilie zu verkaufen. Ihnen also einen attraktiven Deal anbieten: Sie geben wirtschaftliche Ansprüche an Erlösen aus einem Anteil der Immobilie ab, erhalten dafür Kapital und verpflichten sich dazu die Immobilie weiterhin zu bewirtschaften. Außerdem gibt ein Eigentümer Anlegern einen Preisvorteil, sodass keine laufenden Zahlungen anfallen. Anleger können dann diese Anteile schon mit wenigen hundert Euro erwerben und an der Immobilie beteiligt sein.

Jede Woche entstehen dutzende neue Startups, warum wird ausgerechnet euer Brickbuy Erfolg?
Unser Startup wird ein Erfolg, weil wir zum einen ein Wertangebot und eine Lösung für ein Problem an den Markt bringen, dass es bis dato so nicht gibt und zum anderen weil wir nicht aufgeben. Unser Wertangebot – Liquidität innerhalb einer Immobilie – könnte konzeptionell eine Immobilienkrise abfangen, da Eigentümer nicht plötzlich dazu gezwungen wären die gesamte Immobilie zu verkaufen, sondern auch die Möglichkeit für einen Teilverkauf haben. Wir glauben, dass unsere Idee einen gesellschaftlichen Mehrwert darstellt. Viele Menschen verschreien die aktuellen Immobilienpreise als zu hoch und als erste Reaktion zu Brickbuy könnte eine Kritik sein: “Noch mehr Investments in Immobilien macht das Problem doch nur schlimmer.” Aber dem ist nicht so. Die Preise sind gemacht durch Angebot und Nachfrage und das Angebot im aktuellen Immobilienmarkt besteht nur, wenn jemand die gesamte Immobilie verkauft. Durch Brickbuy könnte ein größeres Angebot entstehen, durch Eigentümer die andernfalls nicht die ganze Immobilie verkaufen würden, weil sie ihr Zuhause nicht verlieren möchten. Dieses größere Angebot bietet Platz für Investmentkapital und der Markt der “ganzen” Immobilien würde potenziell vom Kaufrausch der Investoren entlastet. Wir verstehen nicht, warum ein Eigentümer der seine Wohnung selbst bewohnt, 100% dieser Immobilie besitzen muss oder will. Er braucht doch lediglich 100% der Kontrolle. Das freigewordene Kapital, kann dann anderweitig verwendet werden und ggfs. die Kaufkraft steigern und die Wirtschaft ankurbeln. Wir glauben, dass das vom Markt erkannt wird und wir deswegen erfolgreich werden und zumindest einen positiven Effekt haben können.

Wer sind eure Konkurrenten?
Direkte Konkurrenz gibt es aktuell noch nicht. Es gibt einige tolle Unternehmen wie Exporo oder etwas neuer auf dem Markt Finexity – beide aus Hamburg – aber hier wird sich mehr an die Bedürfnisse der Immobilienunternehmen angepasst und Mezzanine-Kapital zur Verfügung gestellt. Des Weiteren sind die Investments bei diesen Unternehmen häufig gestaltet wie Darlehen, mit prognostizierter Rendite und einer fixen, meist etwas kürzeren Laufzeit von zwei bis fünf Jahren. Ich bin sicher, dass es zeitnah auch direkte Konkurrenz geben wird, ob aus den genannten Unternehmen oder aus dem Bankensektor, aber ich freue mich darauf, dass dieses Angebot für den privaten Immobilienmarkt angeboten wird.

Wo steht Brickbuy in einem Jahr?
In einem Jahr sind wir am Markt etabliert, wachsen fleißig weiter und unser Angebot sowie unsere Marke wird vielen bekannt sein. Vielleicht wird sogar der ein oder andere seine Freunde fragen: “Hast du auch schon Bricks?”

Reden wir zudem über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Ich habe auch eine Zeit lang in Berlin gelebt und in einem Startup gearbeitet und ich habe die Zeit genossen. Deswegen kann ich für ich ganz gut vergleichen. Allerdings muss ich sagen, dass Berlin für mich zu anonym ist. Das hat sicherlich auch einen charm und ist für den ein oder anderen eher ein Argument für den Standort Berlin, aber ich fühle mich einfach wohler in Köln. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich in Köln geboren wurde, aber ich empfinde Köln als offener und einladender. Und das gilt auch für die Startup-Szene. In Köln gibt es alle Möglichkeiten für Gründer die es in Berlin auch gibt. Ob es Veranstaltungen und Plattformen sind, Co-Working Spaces und Inkubatoren, Business Angels/VC’s und Mentoren oder das soziale Leben und die Nachtszene. Letzteres zumindest bis Corona kam. Letztendlich ist es aber denke ich Präferenz Sache und kein Standort ist besser als der andere, insbesondere jetzt wird der Standort glaube ich immer unwichtiger.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Ich würde sagen die Kölsche Mentalität ist ziemlich ansteckend und gibt jedem die Möglichkeit recht schnell Anschluss zu finden. Wir sagen “Jede Jeck ist anders” und für mich bedeutet das eine Haltung der Offenheit gegenüber Anderen. Das können andere Leute aus anderen Orten der Welt sein, aber das können im Kontext von Startups auch neue Ideen sein, die willkommen und zelebriert werden. Diese Haltung finde ich toll!

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
Neue Leute kennenzulernen. Ich habe schon in vielen deutschen Großstädten neue Menschen kennengelernt, aber nirgendwo ist das so einfach wie in Köln. Außerdem ist es in Köln am einfachsten ein Bier auszutrinken, Freunde aus Bayern nennen unsere Kölschgläser liebevoll “Reagenz Kölsch”.

Was fehlt in Köln noch?
Die 18, die wirklich bis nach Istanbul fährt. Nein ernsthaft, es gibt sicherlich immer Dinge die besser sein könnten, aber ich finde Köln ist auf einem guten Weg. Sowohl als Stadt als auch als Startup-Standort!

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Erstens: Wieder mehr Start-up-Veranstaltungen, sobald die Pandemie unter Kontrolle ist. Zweitens: Noch mehr gegenseitige Unterstützung. Drittens: Einen Startup-Karnevalsverein.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit circa 400 Startups, über 60 Coworking Spaces, Acceleratoren und Inkubatoren sowie attraktiven Investoren, zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH#Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.