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Hiit the Beat: Kann man Fitness-Trends vorhersagen?

Ein Groupfitness-Konzept zu bewerten und seine Erfolgsaussichten zu prognostizieren ist sehr schwierig und kann wie bei den meisten komplexeren Geschäftsmodellen in eine Zahlen- und Informationsschlacht ausarten. Diese Zeit und Möglichkeiten hatten die Löwen leider nicht,
Hiit the Beat: Kann man Fitness-Trends vorhersagen?
Dienstag, 22. September 2020VonRuth Cremer

Schon mehrfach wurden Groupfitness-Konzepte in “Die Höhle der Löwen” vorgestellt, doch nie war eines so nahe am Deal wie Breakletics – Hiit the Beat. Die Löwen scheinen recht skeptisch den Erfolgsaussichten eines solchen Geschäftsmodells gegenüberzustehen, doch woran genau liegt das und welche Indizien können vielleicht doch den Erfolg solcher Modelle prognostizieren helfen?

Der Auftritt der Gründer Peter Sowinski und Samim Quraischi war definitiv einer der spektakulärsten bisher, und so genossen sie verdientermaßen direkt die volle Aufmerksamkeit der Löwen.
Das Konzept des auf Breakdance basierten Fitness-Workouts ist zwar erstmal ein bisschen erklärungsbedürftig, aber genau in dem richtigen Maße, dass es neugierig macht. So sehr, dass sogar Dr. Georg Kofler es direkt ausprobierte. Auch lässt es sich visuell sehr gut rüberbringen und so erfüllt HIIT the Beat schon einmal eines der grundsätzlichen Erfolgskriterien eines Groupfitness-Programms: es hat einen hohen Neuheitsgrad, ist aber nicht so kompliziert zu erklären, dass einmal neugierig Gewordene zu schnell aufgeben. Das ist wichtig, denn oft haben solche Konzepte nur ein paar Sekunden Zeit, um z.B. über ein kurzes Video die Neugier von Messe- und Fitnessstudio-Besuchern zu wecken.

Doch der Markt ist heiß umkämpft, seit Erfolgsgeschichten wie Zumba und Les Mills gezeigt haben, was umsatztechnisch möglich ist.

Denn neben den Trainerausbildungen können ab einer gewissen Reichweite und Verbreitung noch zusätzliche, sehr lukrative Einnahmequellen wie Abonnements für die Trainer, Lizengebühren von den Studios oder Bekleidungslinien etabliert werden. Und genau hier liegt der Knackpunkt: bei der großen Konkurrenz und Vielfalt der Konzepte ist es sehr schwierig zu bewerten, ob ein neues Konzept das Potenzial hat, diese Reichweite zu erlangen und zu einem solch starken Trend zu werden. Und genau diese Bedenken äußerten auch die Löwen in Hinblick auf HIIT the Beat: Kann das Konzept wirklich so groß werden, dass sich das Investment von 350.000 € für 10% irgendwann lohnt?

Ein interessierter Investor bräuchte also definitiv noch weitere Informationen, um eine rationale Entscheidung treffen zu können. Denn viele Fitnesskonzepte bleiben relativ klein, oder verschwinden sogar sehr schnell wieder. HIIT the Beat aber hält sich seit circa 3 Jahren am Markt und ist kontinuierlich gewachsen, und das ohne viel eigenes Investment und völlig ohne Fremdkapital bisher. Das ist beeindruckend, für einen Investor aber meistens noch lange nicht genug.

Welche Hinweise gäbe es also noch darauf, ob ein solches Konzept einmal zu den ganz großen gehören könnte? Da es um Reichweite geht, sollte man sich alles anschauen, was damit in Zusammenhang zu bringen ist. Und zwar nicht nur die Ist-Zahlen, sondern – in einer solchen Phase fast noch wichtiger – alle Fakten, die darauf hindeuten könnten, dass das Konzept in nächster Zeit (oder auch mit der entsprechenden Unterstützung) stark an Fahrt gewinnen könnte. Prinzipiell versucht man also herauszufinden, ob das Konzept das Potenzial zum Trend oder sogar zum Hype hat. Doch diese Fakten sind oft eher versteckt und verlangen ein sehr tiefes durchdringen des Marktes und seiner Mechanismen. Wie gut die existierenden Kurse besucht sind und wie viele Trainer anteilsmäßig ihre Lizenzen verlängern, sind z.B. solche Hinweise. Die Reaktionen, wo immer das Konzept vorgestellt wird, können auch viele Einblicke für jemanden bereithalten, der sich in diesem Markt auskennt: Wie gut besucht ist z.B. der entsprechende Stand auf einer Fitness-Messe, wie viele Leute machen spontan bei Vorführungen mit und ist hier eine Art Conversion zu interessierten Trainern und Studios bemerkbar? Aus den Publikumsreaktionen ist schon recht viel erkennbar, doch diese Informationen zu erlangen, ist natürlich zeitaufwändig.

Im Social Media-Zeitalter kann man aber natürlich auch online viel “ablesen”. Wie sind die Follower-Zahlen auf den verschiedenen Kanälen, wo funktioniert das Konzept gut und wie gut interagieren die Leute mit den Posts? Hieraus lassen sich nicht nur Informationen ableiten, wie gut das Konzept ankommt und was ggf. kritisiert wird, sondern auch, welche Kompetenzen das Gründerteam in diesem Bereich hat.

Ein kurzer Check des HIIT the Beat-Accounts bei Instagram zeigt definitiv überdurchschnittliche Werte an, was auch gut zu dem Background der Gründer passt.

Sollte man also wirklich zu dem Schluss kommen, dass ein Konzept Potenzial zum Trend in der Fitnessbranche hat, ist schließlich noch die Weiterentwicklung entscheidend: Welche Pläne haben die Gründer, die Reichweite dann tatsächlich auch zu monetarisieren? Wie oben beschrieben sind verschiedene Konzepte hier verschiedene Wege gegangen, der Plan muss also gut durchdacht sein und zum Konzept passen.

HIIt the Beat geht hier praktisch noch einmal einen Sonderweg und macht mit seiner App einen völlig neuen Geschäftsbereich auf. Das Konzept, das im Prinzip auch als Variante auf Musik von Hoch-Intensivem Intervalltraining (HIIT) beschrieben werden kann, eignet sich für diese Form besser als viele andere Fitness-Konzepte, die meist Lied-für-Lied choreografiert werden und daher für den kleinen Smart Phone-Bildschirm eher schlecht geeignet sind. Die ersten Zahlen scheinen den Gründern zu diesem ungewöhnlichen und mutigen Schritt Recht zu geben, auch die Bewertungen im App Store sprechen dafür.

Ein Groupfitness-Konzept zu bewerten und seine Erfolgsaussichten zu prognostizieren ist also sehr schwierig und kann wie bei den meisten komplexeren Geschäftsmodellen in eine Zahlen- und Informationsschlacht ausarten. Diese Zeit und Möglichkeiten hatten die Löwen leider nicht, was Investoren automatisch vorsichtiger werden lässt. Doch das Potenzial sahen auch sie, dem Lob für den insgesamt starken Auftritt nach zu urteilen. Sie sollten also ebenfalls gespannt sein, ob hier nicht tatsächlich ein neuer Fitness-Trend made in Germany entsteht.

Tipp: Alles über die Vox-Gründer-Show gibt es in unserer DHDL-Rubrik. Die jeweiligen Deals und Nicht-Deals gibt es hier: “Die Höhle der Löwen (8. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (7. Staffel)Die Höhle der Löwen” – Deals (6. Staffel)Die Höhle der Löwen” – Deals (5. Staffel), “Die Höhle der Löwen – Deals (4. Staffel)“, Die Höhle der Löwen – Deals (3. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen – Deals (2. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen – Deals (1. Staffel)“.

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Foto (oben):  TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Ruth Cremer

Ruth Cremer ist Mathematikerin und als Beraterin, Coach und Speaker tätig. Außerdem ist sie Hochschuldozentin im Bereich Unternehmertum und eCommerce. Die ehemalige Investment-Managerin kennt die Szene in- und auswendig und hilft Startups insbesondere dabei, Pitches vorzubereiten und Investment- sowie Akquisitionsprozesse zu meistern. Ruth Cremer ist bereits seit der fünften Staffel als externe Beraterin für das Format „Die Höhle der Löwen“ tätig und unterstützt die Auswahl und Vorbereitung der Kandidaten. Mehr zu ihr auch unter www.ruthcremer.de.