#Interview

“Hier kennt man sich über die Grenzen seines Businesses hinaus”

"Viele Frauen empfinden den stationären Unterwäschekauf als unangenehm und aufwendig, da es nur eine gewisse Auswahl an Größen und Designs gibt", sagt Lea Matschke. Deswegen gründete die Rheinländer in gemeinsam mit Melanie Wagenfort Brajuu.
“Hier kennt man sich über die Grenzen seines Businesses hinaus”
Donnerstag, 30. April 2020VonVeronika Hüsing

Das Kölner Startup Brajuu will den BH-Kauf revolutionieren. “Wir bieten Frauen eine Online-Unterwäsche-Beratung an. Statt in einem Geschäft in engen Umkleidekabinen mit schlechtem Licht viele verschiedene BHs anzuprobieren, machen Frauen bei uns ein kurzes FitQuiz mit Fragen zu ihrem aktuellen Lieblings-BH und ihrer Brust. Darauf basierend empfehlen wir die BHs, die am besten zu ihrem Körper passen”, erklärt Gründerin Lea Matschke das Konzept.

Mit diesem Konzept steht das Brajuu-Team im Wettbewerb mit dem stationären Wäscheeinzelhandel und den vielen Onlineshops, die Wäsche verkaufen. “Wir verbinden das Beste aus beiden Welten – das genaue Brafitting aus dem Wäscheeinzelhandel mit der Bequemlichkeit und der großen Auswahl eines Onlineshops. So können wir uns nachhaltig und langfristig von unseren Wettbewerbern absetzen und unsere Zielgruppe durch die innovative und gleichermaßen bequeme Shoppinglösung überzeugen. International gibt es zwei weitere Startups, die an einer technologischen Lösung zum Brafitting arbeiten, aber teilweise noch nicht am Markt sind”, sagt Matschke, die Brajuu gemeinsam mit Melanie Wagenfort gegründet hat.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Matschke außerdem über Schönheitsbilder, Shoppinglösungen und Grenzen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Brajuu erklären?
Wir bieten Frauen eine Online-Unterwäsche-Beratung an. Statt in einem Geschäft in engen Umkleidekabinen mit schlechtem Licht viele verschiedene BHs anzuprobieren, machen Frauen bei uns ein kurzes FitQuiz mit Fragen zu ihrem aktuellen Lieblings-BH und ihrer Brust. Darauf basierend empfehlen wir die BHs, die am besten zu ihrem Körper passen.

Welches Problem genau wollt Ihr mit Brajuu lösen?
8 von 10 Frauen tragen jeden Tag einen BH, der nicht richtig passt. Das führt nicht nur häufig zu Unwohlsein, sondern kann auch zu gesundheitlichen Problemen führen. Viele Frauen empfinden den stationären Unterwäschekauf als unangenehm und aufwendig, da es nur eine gewisse Auswahl an Größen und Designs gibt. Online hingegen gibt es ein Überangebot bei fehlender Beratung. Das führt zu hohen Retourenquoten im Onlinebereich für das Segment Unterwäsche von ca. 75%. Hieraus folgen hohe Kosten und hohe CO2 Emissionen für den Onlinehandel.

Jede Woche entstehen dutzende neue Startups, warum wird ausgerechnet Brajuu ein Erfolg?
Mit Brajuu revolutionieren wir den Unterwäschekauf in Onlineshops. Der BH ist ein Alltagsprodukt und wird von 97 % der Frauen getragen, trotzdem kaufen 70% der Frauen nicht gerne Unterwäsche ein, weil es aufwendig ist oder sie nichts passendes in ihrer Größe finden. Oft glauben Frauen dann, mit ihrem Körper würde etwas nicht stimmen. Wir machen Schluss mit dem eindimensionalen Schönheitsbild, das noch immer von vielen Medien vertreten wird. Brajuu wird erfolgreich, weil wir Frauen dank passender Unterwäsche zu einem besseren Körpergefühl verhelfen. Wir sind überzeugt #alltistaregoodtits und nutzen das Zusammenspiel aus Technologie und Mode, um das Leben vieler Frauen zu vereinfachen.

Wer sind eure Konkurrenten?
Brajuu steht im Wettbewerb sowohl zum stationären Wäscheeinzelhandel als auch zu Onlineshops, die Wäsche vertreiben. Wir verbinden das Beste aus beiden Welten – das genaue Brafitting aus dem Wäscheeinzelhandel mit der Bequemlichkeit und der großen Auswahl eines Onlineshops. So können wir uns nachhaltig und langfristig von unseren Wettbewerbern absetzen und unsere Zielgruppe durch die innovative und gleichermaßen bequeme Shoppinglösung überzeugen. International gibt es zwei weitere Startups, die an einer technologischen Lösung zum Brafitting arbeiten, aber teilweise noch nicht am Markt sind.

Wo steht Brajuu in einem Jahr?
In einem Jahr ist Brajuu die Online-Adresse für gut passende Unterwäsche. Mit einer großen Auswahl an Größen und Designs verschiedener Marken möchten wir jeder Frau passende Bodywear ermöglichen. Nächstes Jahr um diese Zeit planen wir, unsere Technologie im B2B-Markt zu validieren, damit wir Onlineshops dabei unterstützen können, hohe Retourenquoten zu senken.

Reden wir außerdem noch über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Köln eignet sich perfekt als Startup-Standort. Nicht nur, dass in und um Köln herum viel Mittelstand ansässig ist, was besonders für B2B-Startups interessant ist, auch die Nähe zu anderen wirtschaftlich starken Städten wie Düsseldorf, Aachen, dem Ruhrgebiet und der Rhein-Main Region macht Köln attraktiv. In den letzten Jahren hat sich die Startup Szene in Köln sehr gut entwickelt! Es gibt einige Co-Working Spaces (unser Favorit: das Okandada am Rudolfplatz), (Studenten-)Initiativen und von der Stadt organisierte Zusammenschlüsse sowie viele Startup Veranstaltungen, die auch häufig in Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen aus der Region stattfinden.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Was für die Stadt gilt, gilt auch in der Startup Szene: Vielfalt! Von Food- über Fashion- hin zu Tech- Startups, hier ist alles vertreten. Das schöne ist, dass die Startup Szene in Köln nicht so groß ist, dass man den Überblick verliert. Hier kennt man sich auch über die Grenzen seines Businesses hinaus, was zu inspirierendem Austausch und Support in allen Bereichen führt. Gleichzeitig werden die Startup-Veranstaltungen nie langweilig, weil immer neue Themen aufeinander treffen. So hat man an einem Abend schnell mal etwas über die veganes Eis (NOMOO), Phishing-Mails (SoSafe) und Freiwilligenarbeit im Ausland (Volunteerworld) gelernt.

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
Ganz klar: man kommt sehr einfach mit den Menschen ins Gespräch. Die Menschen in Köln sind offen, herzlich und ehrlich. Die gegenseitige Unterstützung macht sich auch in der Kölner Startup Szene bemerkbar und man trifft sich gerne mal auf ein Kölsch, um Ideen auszutauschen, Projekte zu besprechen und zu klüngeln (das kölsche Netzwerken).

Was fehlt in Köln noch?
Köln bietet als Startup Standort schon einiges und wir merken deutlich, dass die Anzahl an Startups in Köln deutlich zunimmt. Es wäre toll, wenn die Investorenlandschaft in Köln noch etwas Zuwachs bekommen würde und sich der Mittelstand hier noch stärker präsentiert würde. Besonders freuen würden wir uns natürlich auch über mehr weibliche Investoren, das ist jedoch leider ein deutschlandweites Problem.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Erstens: Wir finden, Köln hat in definitiv mehr Aufmerksamkeit in der deutschen Startup Szene verdient! Wir würden uns freuen, wenn häufiger über Kölner Gründer berichtet werden würde. Zweitens: Wir wünschen uns, dass Köln auch für größere Startups attraktiv wird bzw. bleibt. Häufig zieht es in Köln groß gewordene Startups nach Berlin, was u.a. sicher mit der größeren Investorendichte dort zusammenhängt. Ein Unicorn für Köln wäre wünschenswert! Drittens: Dass die Startup-Szene in Köln so bodenständig und gelassen bleibt, wie sie aktuell ist – denn et kütt wie et kütt.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit circa 400 Startups, über 60 Coworking Spaces, Acceleratoren und Inkubatoren sowie attraktiven Investoren, zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH#Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

KoelnBusiness

Foto (oben): Brajuu

Veronika Hüsing

Geboren 1978, studierte Soziologie, Politik und Psychologie an der Freien Universität in Berlin. Erste journalistische Erfahrungen sammelte sie im Jahr 2000 im Onlineressort des Medienfachdiensts “kressreport”. Ein Jahr später zog es sie ins Ruhrgebiet zu “Unicum”. Seit 2008 gehört Veronika Hüsing zum Redaktionsteam von deutsche-startups.de.