#Interview

“Als niedergelassener Arzt und Startup-CEO besteht mein Arbeitsalltag aus zwei Jobs”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Sobald ich bei meiner Familie bin und die Haustür zufällt, ist das Thema DoctorBox und der Praxisalltag als Orthopäde und Unfallchirurg nebensächlich", sagt Oliver Miltner, Gründer der digitalen Gesundheitsakte DoctorBox.
“Als niedergelassener Arzt und Startup-CEO besteht mein Arbeitsalltag aus zwei Jobs”
Donnerstag, 9. Januar 2020VonAlexander Hüsing

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Oliver Miltner, Gründer von DoctorBox, einer digitalen Gesundheitsakte.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Als niedergelassener Arzt und Startup-CEO besteht mein Arbeitsalltag aus zwei Jobs, die ich je nachdem, was am Tag ansteht, in unterschiedlicher Reihenfolge ausübe. Daher habe ich keinen „normalen“ Arbeitsalltag. Was für mich auf jeden Fall zu einem gelungenen Start in den Tag gehört, ist eine Stunde Sport. So halte ich meinen Körper, aber vor allem meinen Geist fit. Es hilft mir enorm, mich für den Tag zu sortieren. Bei den fließenden Übergängen zwischen meiner Rolle als Mediziner und CEO ist eine gute gedankliche Vorbereitung das A und O.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Sobald ich bei meiner Familie bin und die Haustür zufällt, ist das Thema DoctorBox und der Praxisalltag als Orthopäde und Unfallchirurg nebensächlich. Abschalten kann ich am besten zuhause, wo familiäre Themen die größte Rolle spielen.

Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Einige Jahre vor meinem Gründer-Dasein als CEO der DoctorBox habe ich meine Praxis für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie im Herzen Berlins erfolgreich eröffnet. Zwar ist die Start-up Szene flexibler und schnelllebiger als die Gesundheitsbranche, aber Grundsätzliches ist auf beide Bereiche übertragbar. Beispielsweise war die Frage, wie ich ein Unternehmen zu führen habe, bei der Gründung von DoctorBox bereits beantwortet.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Die größte „Hürde“ auf unserem Gründungsweg war und ist die Vielzahl von Ärzten, die sich gegen digitale Änderungen in ihren Arbeitsabläufen sträubt. Langfristig jedoch rechnet sich die Umstellung und der Mehraufwand, der anfänglich damit verbunden ist. Die größte Sorge beim Patienten besteht nach meinem Empfinden beim Thema Datenschutz. Ihr begegnen wir mit Aufklärung und höchsten Sicherheitsstandards. Die Digitalisierung der Gesundheitsbranche ist ein komplexes und langwieriges Thema. Die Mühlen mahlen hier sehr langsam.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Da sich mein Arbeitsalltag immer um das höchste Gut – die Gesundheit – dreht, sind Fehler keine Option. Sowohl Ärzten als auch Patienten müssen wir mit DoctorBox eine absolut sichere Lösung bieten. Aus diesem Grund haben wir unsere Anwendung erst auf den Markt gebracht, als wir sicher waren, höchste Standards in der App Usability und Sicherheit einzuhalten.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Der „passende“ Mitarbeiter verfolgt dieselbe Vorstellung, die du für dein Unternehmen hast. Gerade die Anfangsphase eines Startups ist mit einem hohen Workload, einigen Unwägbarkeiten und viel Selbstverantwortung verbunden. Hierbei ist gutes Team-Work enorm wichtig. Seit Tag eins ist unsere Devise, ausschließlich herausragende Spezialisten auf ihrem Gebiet in unser Team aufzunehmen, um Patienten und Ärzten die beste Lösung für die Pflege von Gesundheitsdaten anzubieten.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Das Wichtigste aus meiner Sicht ist es, sein Netzwerk zur Geschäftsidee zu befragen und die ehrlichen Meinungen inhaltlich zu evaluieren. Wenn man dann wirklich gründet, ist die sorgfältige Planung und der Aufbau eines motivierten Teams ebenso wichtig wie die Ansprache der passenden Investoren und Partner.

Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Für unser Start-up sind Kommunikationstools unverzichtbar geworden. Da unser Team an unterschiedlichen Orten arbeitet, erleichtern Telefon- und Video-Konferenzsysteme unsere Prozesse erheblich. Abgesehen davon ist Gitea das perfekte Tool, um unsere Entwickler zu organisieren und unsere Software zielführend umzusetzen.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Einen Startup typischen Kicker-Tisch haben wir nicht. Dafür gehen wir als Team regelmäßig essen und besprechen dann in gelockerter Atmosphäre die aktuellen Geschehnisse persönlich miteinander.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Besonders „wild“ oder chaotisch ist unser Startup nicht, dafür ist das Thema zu wichtig, die Diskussionen und Ereignisse in der E-Health-Branche zu heiß. Da braucht es einen kühlen Kopf. Allerdings war die Freude groß, als wir für DoctorBox unverhofft eine Art „Influencerin“ gewonnen haben: Eine Best Ager Userin unserer App war derart begeistert, dass sie in ihrer Region nicht nur ihren Freundeskreis zur Nutzung bewegte, sondern auch Apotheken, Arztpraxen und Schmerztherapeutin gewinnen konnte. Dieser Einsatz hat uns umgehauen!

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Foto (oben): DoctorBox

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.