#Interview

Zwei Kölner kämpfen für Rückerstattungen bei Bahn-Verspätungen

"Wir vereinfachen den Prozess, seine Erstattung bei Verspätungen zu bekommen" erklärt Mitgründer Rainer Duppré das Konzept der neuen App RE.X. "Wir übernehmen im Hintergrund den ganzen Papierkram", führt der Rheinländer weiter aus. Damir unterscheidet sich RE.X von anderen Anbieter im Segment.
Zwei Kölner kämpfen für Rückerstattungen bei Bahn-Verspätungen
Dienstag, 15. Oktober 2019VonAlexander Hüsing

Den Kölnern Rainer Duppré und Dominic Beckbauer gingen die Verspätung der Deutschen Bahn “irgendwann so auf den Keks”, dass sie “RE.X” gegründet haben. “Wir vereinfachen den Prozess, seine Erstattung bei Verspätungen zu bekommen . Wir bekennen uns 100 % dem Datenschutz und unser Startup ist somit auch ein Experiment, ob die Menschen honorieren, dass wir wirklich so wenig wie möglich speichern und praktisch keine Daten auswerten. Bei uns muss man beispielsweise kein Benutzerkonto anlegen”, erklärt Mitgründer Duppré das Konzept des sogenannten “Rückerstattungs-Express”. Im Interview mit deutsche-startups.de stellt Mitgründer Duppré das Konzept einmal ganz genau vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter RE.X erklären?
Du kennst es ja: Man fährst mit der Deutschen Bahn und die Bahn hat mal wieder Verspätung. Was aber nicht jeder kennt: Bei einer deutlichen Verspätung hat man einen Anspruch auf eine Entschädigung. Ab einer Stunde bekommt man 25 %, ab zwei Stunden sogar 50 % des gezahlten Ticketpreises zurück. Wir helfen dir dabei, das Geld einzufordern. Alles komfortabel per Smartphone-App.

Welches Problem genau wollt Ihr mit RE.X lösen?
Das eine Problem ist, dass viele Leute ihre Rechte für Zugfahrten nicht kennen. Da helfen deutsche-startups.de und weitere Medien, indem ihr darüber berichtet. Das andere Problem ist, dass die Bahnbetreiber natürlich wenig Interesse daran haben, eine Erstattung auf einfache Art und Weise anzubieten. So kann man den Antrag auf Erstattung bei der DB ausschließlich per Post einreichen oder sich am Schalter anstellen. Vorausgesetzt, man hat sich erfolgreich durch das komplizierte Formular gekämpft und alle Zugdaten weiterhin korrekt im Kopf. Hier kommen wir ins Spiel: Bist du von einer Verspätung betroffen, kannst du gegen eine kleine Gebühr den Erstattungsantrag 100 % online über unsere Android- oder iOS-App stellen. Dabei unterstützen wir dich bei der Eingabe der Daten durch Ausfüllhilfen, automatische Checks und vorausgefüllte Daten, die du nur einmalig angeben musst – Name, Adresse, Bankverbindung usw. Wir übernehmen im Hintergrund den ganzen Papierkram für dich und du erhältst nach maximal vier Wochen das Geld direkt von der Deutschen Bahn auf dein Konto.

Jede Woche entstehen dutzende neue Startups, warum wird ausgerechnet RE.X ein Erfolg?
Das kommt ganz auf die Definition von “Erfolg” an. Ob es ein Erfolg wird, im Sinne von gigantischen Nutzerzahlen, eines Exits oder der großen Gelddruckmaschine, kann man natürlich nie voraussagen. Was aber entscheidend ist: Für uns ist das Projekt jetzt schon ein Erfolg, da wir unseren Traum vom eigenen Unternehmen umgesetzt haben. Wir haben jetzt schon super viel während des Gründungsprozesses und in den ersten Monaten des Geschäftsbetriebs gelernt. Und mal ganz ehrlich: Wir bieten einen Service an, über den man sich mit wenigen Klicks Geld – zurück – holen kann – warum sollte man unseren Service nicht nutzen?

Wer sind eure Konkurrenten?
Wie bei jeder guten Idee, gibt es auch in diesem Fall Anbieter auf dem Markt, die die gleiche Idee hatten, etwa Bahn-Buddy und refundrebel. Insbesondere in drei Punkten unterscheiden wir uns aber von diesen Anbietern. Wir bieten unseren Service über eine App statt eine Webseite an. Das erleichtert die Eingabe und ist zeitgemäßer für Menschen, die mobil unterwegs sind. Wir haben einen transparenten Festpreis und keine Provision. Bei anderen Anbietern beträgt diese meist 10-20% der erwarteten Erstattung. Bei einem Erstattungsbetrag von 50 Euro zahlt man dann also ein Serviceentgelt von 5 bis 10 Euro. Das finden wir zu teuer! Wir legen sehr großen Wert auf Datenschutz. Bei uns muss man keine Registrierung durchführen und es gibt keinerlei Analyse-/Werbe-Cookies. Eine andere Art von Konkurrenz stellt natürlich die Deutsche Bahn dar. Werden die Züge deutlich pünktlicher, dann sind wir arbeitslos. So lange das nicht der Fall ist, gibt’s uns für eine stressfreie Erstattung ohne Papierkram.

Wo steht RE.X in einem Jahr?
Bisher müssen Nutzerinnen und Nutzer unserer App immer noch ein paar wenige Handgriffe tun, um die benötigten Daten einzugeben. Super komfortabel und zeitgemäß wäre es doch, wenn das alles vollautomatisch funktionieren würde, oder? Ob irgendwann in Kooperation mit der Deutschen Bahn oder ohne – wir arbeiten bereits an einer entsprechenden Lösung. Zukünftig planen wir, dass Bahn-Kunden über unsere App ihre Tickets schon direkt nach der Buchung hinterlegen können. Danach musst du an nichts mehr denken. Denn wenn auf einer der Fahrten eine Verspätung auftritt, benachrichtigen wir dich. Dann kannst du die Erstattung innerhalb von Sekunden beantragen, da alle Daten vorausgefüllt sind und nur noch bestätigt werden müssen.

Reden wir zudem noch über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Erstmal natürlich die Stadt an sich. Die Leute in Köln sind nett und man sagt, sie seien auch offener als in anderen Teilen Deutschlands. Bei einem reinen Online-Business, wie wir es sind, ist der Standort aber weniger relevant und nicht so strategisch zu betrachten. Dann hat man den Vorteil, sich dort niederzulassen, wo man sich wohlfühlt. Und das ist eben meine Heimatstadt bzw. Dominics Lieblingsstadt.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
In Köln gibt es viele Veranstaltungen und diverse Angebote zur Förderung von Startups, z.B. von der NUK, der IHK Köln und den Startercentern. Wer es braucht und sich leisten kann, findet auch Platz zum Arbeiten in mehreren Coworking-Spaces in ganz Köln verteilt. Wir persönlich empfehlen aber, die Kosten gerade zu Beginn gering zu halten und dazu gehört auch, z.B. aus dem Homeoffice zu arbeiten oder andere günstige Alternativen zu finden. Noch ein kleiner “Geheimtipp”: die fantastisch ausgestattete Zentralbibliothek Köln inklusive einem tollen Makerspace.

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
Kontakte zu knüpfen. Networking op Kölsch, ganz nach dem Motto “Drink doch ene met”.

Was fehlt in Köln noch?
Ein zweiter Kölner Dom. Nein, im Ernst: Für Startups, die “echte Dinge” zum Anfassen entwickeln wollen, wäre ein Prototyping-Lab in Köln eine super Ergänzung.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Kostenlose Angebote zur individuellen Rechts- und Steuerberatung vor der Gründung und für das erste Gründungsjahr. Denn das frisst viel Zeit, Nerven und Geld. Alles Dinge, die ein junges Unternehmen ungern in rein formale Angelegenheiten investieren möchte. Nicht nur für Köln: Starke Vereinfachung der bürokratischen Abläufe einer Unternehmensgründung. Die ganzen Formalien, rechtlichen Feinheiten und Steuerangelegenheiten können einem leider die Lust am Gründen nehmen. Eine Startup-Kantine – löst zwei Probleme: Networking mit Gleichgesinnten und die immer wieder aufkommende Frage “Was esse ich zu Mittag?”

Kölle is e jeföhl – #Köln


In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit über 650 Start-ups, 25 Gründerzentren, attraktiven Investoren und zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt vom Digital Hub Cologne und der Stadt Köln.

Foto (oben): AnwaltNow

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.