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Mitarbeiterbeteiligung: Wie finden Startups das passende Modell?

Eine attraktiv gestaltete Mitarbeiterbeteiligung verbessert die Chancen bei der Suche nach Personal. Bis der Gesetzgeber die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert, sind virtuelle Beteiligungen häufig der Favorit für Startups.
Mitarbeiterbeteiligung: Wie finden Startups das passende Modell?
Dienstag, 11. Juni 2019VonTeam

Der Kampf um die besten Köpfe wird härter. Eine attraktiv gestaltete Mitarbeiterbeteiligung verbessert die Chancen bei der Suche nach Personal. Die Beschäftigten werden im Fall des Exits über einen Börsengang oder Verkauf belohnt.

Virtual Stock Option Programs oder Virtual Share Programs (VSOP)

Early-Stage-Gründer entscheiden sich oft für virtuelle Beteiligungen, sogenannte Virtual Stock Option Programs (VSOP), weil sie sich rechtlich und steuerlich relativ günstig sowie unkompliziert gestalten lassen. Die Beschäftigten erhalten keine echten Anteile oder Anteilsoptionen, sondern sie werden bei einem Exit wie ein Miteigentümer gestellt. Sie haben keinen laufenden Anspruch auf den jährlichen Gewinn, sondern Anteil am Erfolg in der Zukunft, indem sie am Unternehmenswert zum Zeitpunkt des Börsengangs oder Verkaufs beteiligt sind.

Weil zunächst kein Geld zufließt, brauchen die Mitarbeiter auch nichts zu versteuern. Allerdings: Bei einem Verkauf der Anteile fällt anders als beim Verkauf von realen Kapitalgesellschaftsanteilen Einkommensteuer an statt der günstigeren Steuer für Veräußerungsgewinne.

Über eine Vestingklausel wird geregelt, dass der Zahlungsanspruch nur besteht, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen nicht vor Ablauf eines Mindestzeitraums von üblicherweise vier Jahren verlässt. Die Angestellten erhalten kaum Informations- oder Kontrollrechte und keinerlei Mitspracherechte. Eine notarielle Beurkundung ist nicht nötig. VSOPs lassen sich vielfältig gestalten: Die Beschäftigten können über Kryptowährungen wie Token auch an einem Initial Coin Offering (ICO) teilhaben.

Stille oder indirekte Beteiligungen

Als stille Gesellschafter sind die Mitarbeiter wie bei virtuellen Beteiligungen rein schuldrechtlich beteiligt und haben keine Mitwirkungsrechte. In der Later Stage können vor allem aus steuerlichen Gründen Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften sinnvoll sein, etwa in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Das vermeidet zugleich die Information über wirtschaftliche Daten sowie Verwaltungsaufwand, wenn beteiligte Arbeitnehmer wechseln. Die Kosten für Errichtung und Verwaltung sind aber deutlich höher als bei VSOPs.

Genussrechte
Genussrechte eignen sich für kleine und mittlere Unternehmen, denen der Zugang zu Kapitalmarkt und Krediten erschwert ist. Die Mitarbeiter sind am Gewinn und je nach Gestaltung auch am Verlust beteiligt. Sie haben keine Rechte und Pflichten oder Einfluss auf die Geschäftsführung, da sie nur schuldrechtlich beteiligt sind. Die Formvorschriften sind überschaubar und der Gang zum Notar ist nicht nötig. Gründer entscheiden sich dennoch häufig gegen Genussrechte, weil sie eher auf eine laufende Gewinn- und Verlustbeteiligung abzielen und weniger exitgetrieben sind.

Mitarbeiterdarlehen
Gründer legen Mitarbeiterkonten an und zahlen darauf eine Erfolgsbeteiligung ein. Das einfache und unkomplizierte Modell für kleine Unternehmen birgt Stolperfallen: Es gibt Anforderungen des Bankaufsichtsrechts und die Mitarbeiterdarlehen sind gegen Insolvenz abzusichern.

Reale Anteile oder Optionen (Employee Stock Options)

Die klassische Form der Beteiligung, bei der reale Geschäftsanteile an Mitarbeiter übertragen werden, eignet sich für Gründer in der Regel nicht. So ist ein Nachteil für Startups in der Rechtsform einer GmbH, dass sich infolge der Stimm- und Kontrollrechte der Anteilseigner die Entscheidungsprozesse verlangsamen. Zugleich ist der finanzielle und administrative Aufwand hoch. Wer beispielsweise Anteile an einer GmbH oder UG übertragen will, muss stets zum Notar.

Reale Anteile in Gestalt von Belegschaftsaktien oder Aktienoptionen kann nur eine Aktiengesellschaft (AG) ausgeben. Doch die Gründung einer AG ist für junge Hightechfirmen selten sinnvoll, der bürokratische Aufwand ist zu hoch.

Fazit

Bis der Gesetzgeber die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert, sind virtuelle Beteiligungen häufig der Favorit für Startups. Da das Ausland vormacht, wie sich mit einfachen Mitteln die Regeln vereinfachen lassen, muss jetzt auch die Bundesregierung dringend handeln, damit Startups im globalen Wettbewerb um Talente eine Chance haben. Die erste Stellschraube ist der sehr niedrige Steuerfreibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen von derzeit 360 Euro. Startup-Vertreter fordern, diese Grenze auf mindestens 5.000 Euro jährlich zu erhöhen. Sinnvoll wäre auch, das Gesellschaftsrecht zu reformieren und bis zu einer bestimmten Größe Ausnahmen für junge Hightechunternehmen zuzulassen, etwa hinsichtlich der Notarpflicht bei der Übertragung von GmbH-Anteilen.

Über den Autor
Oliver Schmidt ist Fachanwalt für Steuerrecht bei Ebner Stolz in Stuttgart. Er hat sich auf Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht spezialisiert und berät Startups sowie mittlere und große Unternehmen unter anderem bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen.

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Foto (oben): Shutterstock