Meinung

Startups und Corporates: Immer wieder ein Fiasko

Startups und Corporates sollten unbedingt zusammenarbeiten. Beide brauchen einander. Oftmals taugt die beste Strategie aber nichts, wenn das Unternehmen dabei kein verlässlicher Partner mit einer langfristigen Strategie ist. Die leidtragenden sind dabei dann die Startups.
Startups und Corporates: Immer wieder ein Fiasko
Mittwoch, 17. Januar 2018VonAlexander Hüsing

Gebetsmühlenartig wird in der Szene immer wieder die Zusammenarbeit zwischen Startups und Corporates propagiert. Möglichkeiten sich in der Gründerszene zu engagieren gibt es viele – etwa über simple Kooperationen mit jungen Firmen, Investitionen in Start-ups, einem eigenen Acceleratorprogramm, eine eigene Venture Capital-Einheit oder durch Investitionen in bestehende Geldgeber. Oftmals taugt die beste Strategie aber nichts, wenn das Unternehmen dabei kein verlässlicher Partner mit einer langfristigen Strategie ist.

Wie man es am besten nicht macht, zeigte gerade der Bezahlsender Sky, der sein millionenschweres Innovationsprogramm Play Hals über Kopf beerdigte. Play ging erst im Sommer 2016 an den Start. Noch im September des vergangenen Jahres hatte der Bezahlsender sein Programm offensiv beworben. So macht man sich als Unternehmen in der Startup-Szene lächerlich. Wer will den künftig mit einem Corporate zusammenarbeiten, der innerhalb von wenigen Wochen seine gesamte Strategie über Bord wirft? Niemand!

Hanebüchen wirkt nach außen auch der schnelle Ein- und Ausstieg von Porsche Digital bei Evopark. Scheidt & Bachmann, ein Familienunternehmen für Parkhaussysteme, übernahm kürzlich 75 % an Evopark. Porsche Digital investierte im Sommer 2016 eine Millionensumme in das Startup, das sich als Parkservice-Anbieter positioniert. Klar, die Startup-Szene ist schnell. Hier dürften die Verhandlungen in beide Richtungen aber fast so lange gedauert haben, wie der Investor tatsächlich an Bord war. Und warum ein schneller Ausstieg, wenn das Startup doch quasi perfekt zu Porsche passte? Unternehmen sollten sich klar sein, ob sie startegischer Investor sein wollen oder auf den profitreichen Exit aus sind. Im schlimmsten Fall bleibt in der Szene dann im Kopf hängen, dass es wohl ein Firesale war – auch wenn es keiner war.

Ganz anders sieht die Lage bei ProSiebenSat.1 aus. Seit Jahren investiert der Medienkonzern massiv in Startups. Die Münchner stemmten in den vergangenen Jahren auch etliche spannende Übernahmen. Aber bei Konzernen ändert sich immer mal wieder die Strategie. Und dann passen einige Firmen nicht mehr zum Unternehmen. So etwa die Reiseplattform weg.de, die ProSiebenSat.1 kürzlich an lastminute.com verkaufte. ProSiebenSat.1, das sein Reise-Portfolio derzeit ausdünnt, stieg 2013 bei weg.de bzw. der Mutterfirma Comvel ein. Ähnlich lief es zuletzt auch bei Springer. Erfolgreiche Übernahmen wie Ladenzeile und Idealo standen plötzlich zum Verkauf. Wer als Gründer an ein Unternehmen verkauft, sollte dies immer im Hinterkopf behalten. Im schlimmsten Fall wird das kleine Startup bei einem CEO-Wechsel zum Spielball der Firmenmacher.

Ein extremes Beispiel für eine solche Entwicklung ist der Werbevermarkter Ströer. Gerade einmal ein Jahr nach der Übernahme stieg der Werbekonzern bei der Versandapotheke Vitalsana schon wieder aus. Ströer hatte Vitalsana quasi kurz vorher für 4,5 Millionen Euro übernommen. Vor allem den Nutzern von T-Online und StayFriends wollte Ströer Vitalsana dauerhaft schmackhaft machen. Ein weiteres Ströer-Fiasko ist die Social Shopping-Plattform stylefruits, die der Konzern Ende Dezember einfach abschaltete. Ströer hatte stylefruits im April 2016 übernommen und zahlte damals 14 Millionen – und peilte zudem für die nächsten drei Jahre eine Earn-Out-Vereinbarung in Höhe von 15 Millionen an. Auch wenn es immer wieder sein kann, dass Konzepte vom Markt überrollt werden, scheint in diesem Fall wohl jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Vom 29 Millionen-Exit zum Offline-Kandidaten ist es ein harter Weg.

Startups und Corporates sollten zusammenarbeiten. Beide brauchen einander oft. Corporates brauchen aber eine langfristige Strategie, wenn sie in der Gründerszene ernst genommen werden wollen. Wandel ist dabei kein Problem – siehe Springer, Telefonica, Vodafone und Allianz, die ihre Sicht auf die die Startup-Szene alle gerade verändert haben.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.