Interview

Eine neue Ära bei Horando: Mit Crowdgeld in die Zukunft

"Wir haben Horando über Bootstrapping erfolgreich aufgebaut, standen aber am Scheideweg: Entweder macht man weiter wie bisher, wächst konstant aber langsam, oder man geht los, strukturiert eine Finanzierungsrunde, gibt Gas und versucht dann eben richtig Fahrt aufzunehmen", sagt Stefan Seboek von Horando.
Eine neue Ära bei Horando: Mit Crowdgeld in die Zukunft
Donnerstag, 16. November 2017VonAlexander Hüsing

Im Sauseschritt haben Stefan Seboek und Christopher Fischer gerade 500.000 Euro von der Crowd eingesammelt. Schon während ihres Studiums verkaufte das Duo gebrauchte Uhren. 2013 gegründeten die Bamberger dann Horando, einen Online-Shop für Luxusarmbanduhren. Bis jetzt haben die Horando-Jungs ihr Unternehmen aus eigener Tasche finanziert – ohne fremde Geldgeber. “Der Start war natürlich schon etwas holprig”, sagt Mitgründer Seboek zur Anfangszeit.

“Wir haben von Beginn an mit den ersten erwirtschafteten Gewinnen recht gut geplant und geschaut, in was wir als nächstes investieren.” Nun weht ein neuer Wind bei Horando, denn nun können die Uhrenverkäufer mit fremdem Geld aufs Tempo drücken. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Horando-Macher Seboek über die neue Situation.

Via Companisto habt ihr – als Darlehen – 500.000 Euro eingesammelt. Zudem investiert Silvio Döring noch sechsstellig in Horando. Was habt ihr mit dem Geld vor?
Wir möchten mit dem Kapital unser Wachstum weiter vorantreiben. Unseren bisherigen Weg sind wir ja mehr oder weniger als zwei Mann Team gegangen. Nun möchten wir unsere Strukturen verbessern, uns personell breiter aufstellen und zusätzlich in Online-Marketing investieren. Unser bisheriges Wachstum beruhte bislang auf einem effizientem SEO-Management, jedoch ohne AdWords oder direkter Pay per Click-Kampagnen. Die beiden wichtigsten Erfolgsfaktoren in unserer Branche sind Flexibilität und vor allem Liquidität. Mit dem frischen Kapital können wir Top-Seller Uhren noch leichter vorhalten, schneller zum Kunden liefern und somit am Ende noch mehr Kunden erreichen. Neben einem guten Preis-/Leistungsverhältnis ist nach unserer Erfahrung gerade eine kurze Lieferzeit bzw. sofortige Verfügbarkeit für die Kunden ein entscheidendes Kaufargument.

Bisher habt ihr Horando mittels Bootstrapping hochgezogen. Warum habt ihr nun externes Geld eingesammelt?
Wir haben Horando über Bootstrapping erfolgreich auf- und ausgebaut, standen aber nach arbeitsintensiven Jahren am Scheideweg: Entweder macht man weiter wie bisher, wächst konstant aber langsam, oder man geht los, strukturiert eine Finanzierungsrunde, gibt Gas und versucht dann eben richtig Fahrt aufzunehmen und zu wachsen. Wir haben ein wirklich gutes Sourcing Netzwerk mit vielen exzellenten Lieferanten. Hier werden uns proaktiv sehr begehrte Modelle von beispielsweise Rolex oder Patek Philippe vor unseren Wettbewerbern angeboten. Diesen Vorteil können wir jetzt mit Hilfe der Finanzierungsrunde nutzen. Außerdem haben wir nun die Möglichkeit, größere Uhrenpakete zu attraktiveren Preisen einzukaufen.

Euer Crowdinvesting habt ihr als Darlehen eingesammelt. Was spricht für euch für dieses Finanzierungsmodell?
Wir haben uns bewusst für die Variante des Crowdinvestings entschieden, da wir Kapital akquirieren konnten ohne Unternehmensanteile abzugeben. Unser Wachstum wird dadurch beschleunigt und unser Netzwerk mit Hilfe der Companisten ausgebaut. Neben den neugewonnenen potentiellen Kunden für Horando profitieren wir natürlich auch von Effekten des viralen Marketings und erfahren eine größere mediale Aufmerksamkeit als bisher.

500.000 Euro sind eine Menge Geld. Für schnellwachsende Unternehmen aber auch nicht. Hättet Ihr diese Summe nicht auch von einer Bank bekommen?
Der Vorteil bei Companisto liegt darin, dass viele professionelle Investoren das Geschäftsmodell hinterfragen, prüfen und eine Investitionsentscheidung treffen. Wir hatten im gesamten Finanzierungsprozess die Möglichkeit, mit den Companisten zu kommunizieren, Fragestellungen zu diskutieren und die Crowd für das Geschäftsmodell zu sensibilisieren. Natürlich profitieren wir als Gründer und Unternehmer auch von kritischen Fragestellungen, weil es uns immer wieder zwingt, die eigenen Entscheidungen zu hinterfragen. Das ist für uns essentiell, denn nur so können wir noch erfolgreicher werden. Wir denken nicht, dass uns eine Bank die gesamte Summe zu denselben Konditionen als Wachstumsfinanzierung bereitgestellt hätte. Außerdem begeistert uns das gesamte Paket aus Finanzierung, Crowd und Netzwerk. Diesen Mehrwert konnte uns bisher keine klassische Bank bieten.

Eure Mitbewerber schwimmen quasi in Millionen. Geht Ihr nun in den Angriffsmodus über?
Einige Mitbewerber haben hohe Finanzierungsrunden abgeschlossen, was natürlich sehr respektabel ist. Ich denke man muss trotzdem etwas differenzieren und realistisch bleiben: Wenn ein Unternehmen mit beispielsweise 100 Mitarbeitern 10 Millionen einsammelt, entspricht dies auf den Mitarbeiter heruntergerechnet einem Invest von 100.000 Euro pro Mitarbeiter. VC-finanzierte Unternehmen legen ihren Fokus von Beginn an auf ein extrem starkes Wachstum, was natürlich auch seine Berechtigung hat. Wir hingegen haben versucht, nachhaltig zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die Frage ist ja – und das meine ich jetzt auch nicht explizit auf unsere Branche bezogen – wie lange solche hohen Summen ausreichen, wenn jeden Monat eine Vielzahl an qualifizierten Mitarbeitern bezahlt werden muss und noch hohe Ausgaben für Marketing hinzukommen. Da können die Millionen dann auch schnell baden gehen, um bei der Metapher zu bleiben. Wir haben 500.000 Euro zu Zweit eingesammelt und zusätzlich noch ein separates Investment unseres Unternehmensbeirats erhalten. Wir behalten mit dem Investment, welches über Companisto kommt, zu 100 % unsere Unternehmensanteile, können unseren Wachstumskurs fortsetzen und bleiben effizient aufgestellt. Wir pflegen zu vielen Online- und Offline-Händlern in der Branche ein sehr partnerschaftliches Verhältnis und machen mit vielen davon auch Geschäfte. Angriffsmodus ist in diesem Zusammenhang vielleicht zu negativ belastet. Natürlich wollen wir jetzt weiterwachsen und mehr Umsatz und Marktanteile hinzugewinnen. Dennoch werden wir unsere Art- und Weise des Umgangs mit anderen Partnern wie gewohnt fortführen.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.