Vom Start bis zum Exit

Lovoo – Mega-Erfolg mit Mega-Schönheitsfleck

Die Geschichte von Lovoo ist eine filmreife Story. In wenigen Jahren wurde die Dating-App zum Massenphönomen. Im Hintergrund lief aber wohl nicht immer alles sauber ab. Stichwort: Fake-User. So ist Lovoo zwar eine Traumgeschichte, aber einem mit einem ganz großen Schönheitsfleck.
Lovoo – Mega-Erfolg mit Mega-Schönheitsfleck
Donnerstag, 21. September 2017VonAlexander Hüsing

Beachtliche 70 Millionen Dollar legte das amerikanische Unternehmen The Meet Group gerade für die Dating-App Lovoo auf den Tisch. Eine beachtliche Summe, vor allem wenn man die zuletzt skandlöse Geschichte des Grown-ups bedenkt. Lovoo musste 2016 eine Strafe in Höhe von 1,2 Millionen zahlen. Das Unternehmen soll zuvor Kunden um eine Millionensumme betrogen haben.

Der ungeheuerliche Vorgang wurde vom Unternehmen im Grunde gar nicht aufgearbeitet. Die Zahlung war dabei mehr als ein Schuldeingeständnis. Auch wenn die Kuppelfirma damals verkündete: “Die Beschuldigten haben der hohen Zahlung zugestimmt, um die Last eines laufenden Ermittlungsverfahrens so früh wie möglich vom Unternehmen abzuwenden”. Seit dem Skandal war Lovoo sehr still.

Seitdem erging es Lovoo aber nicht schlecht. In den vergangenen zwölf Monaten erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 27,2 Millionen Euro. Umsatzquellen: Abonnements 48 %; In-App-Käufe 24 %; Werbung 28 %. Zuletzt verfügte Lovoo über 5 Millionen Nutzer im Monat. Zudem verkündete das Unternehmen im Zuge der Übernahme 1,9 Millionen Daily Active User. Und Lovoo wächst weiter: Momentan um 47.000 Nutzer pro Tag.

Dies alles hätten die Lovoo-Macher wohl zum Start nicht gedacht. Die Dating-App ging 2011 als Kiss2go an den Start. Die Köpfe hinter dem Start-up sind die Brüder Benjamin und Björn Bak, Tobias Börner, Florian Braunschweig, Alexander Friede, André Kröhnert und David Wolter. So kündigte das Start-up sich damals an: Kiss2go ist eine ortsbasierte Flirt-App für junge und aktive Singles. Bei der abendlichen Kneipen- oder Discotour durch die Neustadt oder Straße E zeigt der Kussradar, welche der anderen Kiss2go-Nutzer gerade in der Nähe sind, so dass blitzschnell aus dem Online-Flirt ein echtes Rendezvous werden kann”.

Wenige Tage nach dem Startschuss wurde aus Kiss2go dann Lovoo. “Kurz nach dem Start war ein Berliner Radiosender der Meinung, dass wir ältere Rechte verletzten würden. Obwohl sehr gute Aussichten auf Erfolg bestanden, entschieden wir uns nicht für einen Rechtsstreit, sondern wählten einen schnelleren Weg”, sagte Lovoo-Macher Friede Anfang 2013 im Gespräch mit deutsche-startups.de. Bei der Namenswahl inspirierte die Lovoo-Macher – der Legende nach – ein Husky-Video auf YouTube.

Von Anfang an wurde Lovoo von den potenziellen Nutzerinnen und Nutzern gut angenommen. Rund 350.000 neu registrierte Mitglieder waren ein Jahr nach dem Start bei Lovoo versammelt. Das junge Start-up setzte dann umgehend zur Internationalisierung an. “Wir sind in Österreich, Schweiz, Tschechien sowie der Türkei mit kompletter Lokalisierung gestartet und bauen unser Angebot nun schrittweise in ganz Europa aus”, sagte Mitgründer Friede 2012. Rund 16 Monate nach dem Start waren bei Lovoo schon mehr als 1 Million Nutzer angemeldet. Im November 2013 hatte Lovoo 5 Millionen Nutzer. Im April 2014 fiel schließlich die 10 Millionen-Marke, Ende 2014 dann die 20 Millionen-Nutzermarke. 2016 waren rund 50 Millionen Nutzer versammelt. Aktive Nutzer verkündete das Unternehmen bis zur Übernahme nie.

Auch auf Mitarbeiterseite wuchs Lovoo in dieser kurzen Zeit kräftig – im vergangen Jahre waren rund 200 Mitarbeiter bei Lovoo an Bord. Nach dem Skandal wurde die Zahl der Mitarbeiter wieder deutlich kleiner. Beim Exit waren knapp 100 Mitarbeiter bei Lovoo beschäftigt. Der Skandal traf Lovoo somit deutlich hörter als bisher bekannt. Trotz des Skandals gelang den mobilen Kupplern aber ein Traumexit. Zumal die Dresdener ihr Unternehmen ohne Fremdkapital aufgebaut haben.

Die Finanzierung von Lovoo erfolgte von Anfang an über ein klassisches Freemium-Modell: Die Basis-Funktionen der Dating-App stehen den Nutzern kostenlos zur Verfügung. Erweiterte Flirtfunktionen können zusätzlich über ein Credit-System erworben werden. Geld wird bei Lovoo unter anderem fällig, um sich das Profil einer Person an zu sehen, mit der die App eine Übereinstimmung festgestellt hat. An dieser Stelle sollen die Lovoo-Macher manipuliert haben. Stichwort: Fake-User. Am Ende bleibt Lovoo aber eine große Erfolgsgeschichte, aber eine mit einem großen Schönheitsfleck.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.