15 Fragen an Sarah Haide

“Feuer unterm Hintern lässt schneller rennen”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Sarah Haide von mycouchbox.
“Feuer unterm Hintern lässt schneller rennen”
Freitag, 9. Dezember 2016VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Alles. Diese Freiheit bringt für mich viel Gewicht auf die Waage des Unternehmertums. Wir wissen alle, wieviel wir auch im Gegenzug dafür opfern.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Irgendwann hatten wir nicht mehr viel Geld auf dem Konto, meine Festanstellung war schon lange gekündigt, das Ersparte aufgebraucht und die Idee (eine App), an der wir arbeiteten, war noch lange nicht marktreif. Wir hatten deshalb überlegt, was wir als nächstes angehen könnten und die Idee zu MyCouchbox.de spukte bereits seit geraumer Zeit in unseren Köpfen. Der Handlungsbedarf war dringend, die Verzweiflung groß, das Geld gering. Nicht gerade die besten Startvoraussetzungen, aber das Feuer unterm Hintern lässt ein bekanntlich schneller rennen.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Hier möchte ich meiner Mutter, einem guten Gespür für Geld, meinem Dispokredit, den unattraktiven Kreditkarten Zinsen, meiner ersten Liebe, dem Staat, meiner dritten Liebe, dem Konzept Crowdinvesting, unseren Kunden und zu guter Letzt zwei Business Angels danken.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Wieviel darf ich mir hier raussuchen? Ich will hier niemand mit meiner Top 200 langweilen. Aber das Herausragendste war vermutlich die Trennung vom (auch Gründungs) Partner neben dem Aufbau des Start-ups. Von 9-20 Uhr das Start-up voranzutreiben und nach 20 Uhr die Kisten zu packen und die Haushalts/Versicherungs/Haustier Auflösung durchzubringen, um nur ein paar Dinge zu erwähnen. Das Ganze wird irgendwann besonders schwer, wenn man den Expartner bereits am nächsten Tag wieder im Büro sieht und dieser seine neue Flamme in die Firma integrieren möchte. Irgendwie zog sich das fast zwei lange Jahre hin.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Die GmbH später gründen und die Ausgaben zusammen halten. Der damalige Gesellschafter hatte ziemlich verstaubte Ansichten. Nach der Trennung von ihm starteten wir neu und unseren Vorstellung entsprechend mit MyCouchbox durch.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Aktuell TV. Dahinter steckt lange harte Arbeit und ich bin sehr stolz auf uns. Für uns skaliert das sehr gut, ist aber auch ein mutiger und teurer Schritt.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Mein heutiger Expartner – wir haben uns damals gegenseitig unterstützt, was eine große Hilfe war. Das wandelte sich dann und heute führe ich nicht nur nach innen, sondern auch nach außen die Firma alleine. Unterstützung gab es auch von Bekannten und anderen Startup-Gründern.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Geht mutig voran und nutzt die gebotene Unterstützung – man ist schon zu oft allein in diesem Umfeld. Wer sich zur einsamen Wolf macht, macht es sich schwerer als es sowieso schon ist.

Durchhalten, durchhalten, durchhalten – auch mit kleinen Schritten kommt man zum Ziel. Mal ehrlich – Wenn’s gut läuft, sprich wenn alle im Team harmonieren und wissen was sie tun müssen, wenn Kunden kaufen, Kooperationspartner mal wirklich kooperieren und genug Geld auf der Bank liegt, dann kann fast jeder eine Firma führen. Aber so läuft’s nicht – es gibt taffe Zeiten – und hab ich schon durchhalten erwähnt? Bis es wieder besser wird. Ein Schritt vor den anderen.

Und speziell für Gründerinnen: Lasst euch in der Männerdomäne nicht unterkriegen. Oft wird man von älteren Herren belächelt. Ausblenden und weitermachen.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Ich würde gerne etwas zum Thema Förderung im Personal Umfeld besprechen. Vieles steht und fällt mit gutem Personal. Auf meinen Standort bezogen mache ich oft die Erfahrung, dass viele Start-up-Interessierte nach Berlin und Konzerninteressierte nach Stuttgart ziehen. Nun sind in meiner Stadt die Lebensunterhaltskosten sehr hoch, gehaltlich kann ich das oft nicht fair angleichen. Vielleicht ein spezielles Förderprogramm? Müsste man näher durchdiskutieren, aber wäre es nicht sinnvoll hier unterstützend unter die Hände zu greifen? Ist doch schade ständig hören, dass der Grund für einen Standortwechsel nach Berlin „günstigeres“ Personal ist. Zu schade für all die anderen schönen Gründerstädte.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich glaube, ich fühle mich im Management und Business Development zu Hause und könnte das auch bei einem fortschrittlichen Konzern mit Freuden übernehmen.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Aus strategischen Gründen vermutlich die (entfernten) Wettbewerber, mich würde interessieren, ob sie uns wahrnehmen und ob wir ihnen auf die Nerven gehen. Ansonsten: Dubsmash

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Erst wollte ich die Zukunft schreiben, der wesentlich spannendere Teil – aber vermutlich würde ich weinend und geschockt aus der Zeitmaschine wieder aussteigen. Dann also doch die 40/50 Jahre. Nur um mal zu schauen wie’s so war – bzw. ist.

Ich rede von New York, Jazz Bar, Barmänner mit Hosenträgern… Sherry in der einen Hand, eine Zigarettenhalterding in der anderen, während mich ein Don Draper Verschnitt zum Blues auffordert. Man bemerkt, dass sich mein Wissen aus überholten Filmen und aus einem zu knapp recherchierten Wiki Artikel besteht und ich mich wieder auf das hier uns jetzt konzentrieren sollte.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Die Antwort ist zwar eher unkonventionell aber persönlich hätte ich Lust mich in das Aktiengeschäft einzuarbeiten und erste Versuche zu wagen. Ich fand das schon immer spannend, weiß aber nicht so recht, wie ich es angehen soll. Wer schon einmal in Stuttgart war, kann Schritt zwei und drei meines Masterplans gut nachvollziehen: einen Parkplatz in Stuttgart kaufen.

Die Wahrscheinlichkeit daraus wieder eine Millionen zu schöpfen sind ziemlich gut. Davon würde ich mir wiederum Eigentumswohnungen kaufen um diese zu vermieten. Ich würde mir endlich die Augen lasern lassen und dann darf ich natürlich nicht vergessen, dass es bestimmt 3 Personen gibt mit denen ich einen geheimen Bund geschlossen habe. Wer immer zuerst Millionär wird unterstützt den anderen dabei.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Ich wache fit auf, weil ich mich Samstag schon erholen konnte und starte den Tag mit Affirmation und Journaling. Während der Hausarbeit (welche ich gern mache) fällt Sonntags immer etwas Extraspielzeit für meine beiden Fellnasen Yoshi und Emmie ab. Dann geht es weiter mit Sport, meist mit Freunden klettern oder Yoga, alternativ jogge ich durch die Felder hinter meinem Haus. Dort ist es wunderschön. Abends heißt es dann Kochen bzw. Vorkochen und im Idealfall früh ins Bett. Dort lese ich dann noch etwas, höre eine Meditation und ab in den Schlaf zurück.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
John Oliver.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Sarah Haide ist CEO von mycouchbox.de, einem E-Commerce Subscription Anbieter, der monatlich marktführend Süßwaren- und Snackboxen verschickt.
Mit einem Wirtschaftshintergrund entschied Sarah sich nach der Schule gegen eine weitere Ausbildung und für das Arbeitsleben. Die nächsten 6 Jahre arbeitet sie in Neuseeland und Deutschland als Angestellte bei Startups und Mittelständler in verschiedenen Positionen mit Schwerpunkt Human Ressources. Im Alter von 24 entschied sie sich dafür eine eigene Firma zu gründen. MyCouchbox ist ihr zweites daraus resultierendes Projekt und seit Januar 2014 am Start.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.