Josef Brunner von relayr im Interview

relayr und Kleiner Perkins – “Eine wunderbare Erfahrung”

relayr entwickelt Anwendungen für das Internet der Dinge. Jetzt investierte der Star-Investor Kleiner Perkins gemeinsam mit Hartford Steam Boiler (HSB), dem Investmentarm des Rückversicherers Munich Re, und Munich Venture Partners 23 Millionen Dollar in das Unternehmen. Wir haben nachgefragt.
relayr und Kleiner Perkins – “Eine wunderbare Erfahrung”
Donnerstag, 8. Dezember 2016VonChristina Cassala

Hartford Steam Boiler (HSB), der Investmentarm des Rückversicherers Munich Re, investierte gerade gemeinsam mit Kleiner Perkins Caufield & Byers und Munich Venture Partners 23 Millionen Dollar in das Unternehmen. Zuvor flossen bereits 11 Millionen bzw. 2,3 Millionen in relayr, das rund 100 Mitarbeiter beschäftigt. Mehr als 36 Millionen konnte das Start-up somit bereits auf seinem Konto finden. Das Berliner Unternehmen entwickelt Anwendungen für das Internet der Dinge – etwa das Hardware-Kit WunderBar. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht relayr-Macher Josef Brunner über Startup-Medien, Meilensteine und die deutsche Industrie.

Unabhängig von den Investmentmeldungen haben wir in den letzten Monaten wenig von euch mitbekommen: Wie geht es euch und was macht ihr gerade?
Uns geht es gut. Wir konzentrieren uns sehr stark auf unser Geschäft und nehmen daher nicht so stark an der Berliner Startup-Szene Teil. Ich bin der festen Überzeugung, dass Fokus für jedes Unternehmen eines der wichtigsten Attribute ist – unser Fokus gilt unseren Kunden, unseren Produkten, Mitarbeitern und Investoren. Daher kommen wir wahrscheinlich in den Startup-Medien auch nicht vor.

Ihr seid 2013 gegründet. Was waren bisher die wichtigsten Stationen der Unternehmensentwicklung?
Jedes Unternehmen durchlebt verschiedenen Phasen, die sich durch unterschiedliche Herausforderungen und Milestones auszeichnen. Am Anfang ging es uns darum, Hypothesen aufzustellen, wie das Problem aussieht, das wir lösen wollen und wie die Lösung dazu gestaltet werden soll. Danach ging es darum aufzuzeigen, dass Kunden unsere Antwort auf deren Problem mögen und unsere Leistungen und Produkte als werthaltig empfinden und konsequenterweise kaufen. Nachdem dann dieser „Product Market fit“ dargestellt war, ging es darum, die Company und unseren Vertrieb zu skalieren. Das ist die Phase, in der wir uns jetzt befinden. Alle diese Phasen und deren erfolgreiche Bewältigung waren auch Meilensteine für unsere Finanzierungsrunden.

Mit dem Thema “Internt of Things” seit ihr voll im Trend: wo genau setzt ihr innerhalb dieser Branche eure Schwerpunkte?
Wir fokussieren uns im Markt auf Industrie- und große Enterprisekunden. Der Begriff „IoT“ umfasst ja ein sehr großes Gebiet. Unser Ziel ist es, die führende Plattform für große Industriekunden zu werden. Dabei legen wir unseren Fokus auf die digitale Transformation und deren technische, aber auch vertriebliche und organisatorische Begleiterscheinungen. IoT ist dabei nur ein technischer Oberbegriff. Im Kern bauen Industrie- und Enterprisekunden neue, digitale Servicemodelle.

In der Seed-Runde habt ihr bereits 2,3 Millionen US-Dollar von Investoren aus den USA und der Schweiz eingesammelt. Nun ist mit Kleiner Perkins einer der bekanntesten Tech-Investoren an Bord. Wie spricht es sich mit einem Investor, der bereits viel Geld mit Investitionen in Google und Amazon verdient hat?
Es ist eine wunderbare Erfahrung. Im Gegensatz zu manch anderen VCs, speziell in Europa, zeichnet sich KPCB durch Bodenständigkeit und Bescheidenheit aus. John Doerr, Partner bei Kleiner Perkins Caufield & Byers, hat mir einmal, als es wichtig war, einen persönlichen Termin bei CEO eines der größten Technologieunternehmen besorgt. Das berühmte Kleiner-Netzwerk ist dabei von extrem großer Hilfe. Unser Partnernetzwerk konnten wir auch deswegen so schnell skalieren, weil wir durch KPCB in der Regel im Board oder beim CEO einsteigen können. Für uns ist das ein sehr wichtiger Wettbewerbsvorteil. Diesen Vorteil nutzen wir auch der Kundenseite. Kleiner hat ein eigenes Business Development Team und wir werden fast wöchentlich zu CEO Diskussionen mit großen, internationalen Kunden eingeladen. Diese Woche durfte ich den CEO von IBM und einen großen Service Provider treffen.

In was genau fließt das Geld, bzw. was sind eurer Visionen für die kommenden Jahre?
Wir werden das Geld in die Ausweitung unseres Vertriebs, speziell in den USA, den Ausbau unseres Entwicklungsteams in den USA und in Zukäufe investieren. Auch das Thema Support werden wir adressieren. Ferner werden wir das Geld in Zukäufe stecken. Diese Zukäufe werden unsere Technologie stärken.

Wie sehr nimmt Kleiner Perkins darauf Einfluss?
Kleiner hat eine starke Stimme im Board, allerdings immer beratend. Kleiner sieht sich stets als Enabler, als Unterstützer und Ratgeber, aber agiert niemals bevormundend. Das Board, das wir haben, ist sehr divers aufgebaut – etwas, das mir sehr hilft. Kleiner hilft sehr stark auf der strategischen Seite, MVP macht uns gute Kontakte in der Deutschen Industrie und die Münchner Rück wird uns dabei helfen, neue Geschäftsmodelle mit der Versicherungsbranche erfolgreich nach vorne zu bringen.

Die Labels „Tech“ und „Deutschland“ – wie gut funktionieren die noch immer bei den US-Investoren? Wie sehr hat euch das geholfen?
Ich glaube, dass das Thema, wenn überhaupt, nur eine sehr geringe, untergeordnete Rolle spielt. Ich glaube sogar, dass Deutschland in letzter Zeit einen anderen Ruf bekommen hat. Vor 10 Jahren waren wir noch ein sehr industriell geprägtes Land, dessen Maschinen die Weltwirtschaft angetrieben haben. Heute verkaufen wir Pizza über das Internet. Wir versuchen hier ein Gegenbeispiel zu sein und uns als Technologieunternehmen zu etablieren.

Was muss Deutschland aus eurer Sicht bzw. aus US-amerikanischer Sicht tun, um den Anschluss nicht zu verlieren?
Globaler Denken, unsere Industrie-DNA stärker nutzen und ausspielen. Die große Basis an Know-how, die wir haben, erfolgreich nutzen, um neue digitale Geschäftsmodelle erfolgreich und vor allem weltweit zu skalieren. Das Thema Kapital spielt eine Rolle, aber nicht die größte. Wir haben viel Seed und Early Stage Kapital im Markt und mit Funds wie General Atlantic aus München auch die Möglichkeit, signifikantes Wachstumskapital zu bekommen. Es liegt an uns, wir müssen es nur machen.

Passend zum Thema: https://www.deutsche-startups.de/2015/10/16/wer-nicht-rausgeht-und-fragt-kriegt-auch-kein-konstruktives-feedback/ und IoT-Pionier relayr holt sich 23 Millionen Dollar

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.