Gastbeitrag

Vom Start-up zum Einhorn – eine Frage der Bewertung

Wichtigste Grundlage für die Ermittlung des Unternehmenswertes ist eine gute und glaubhafte Unternehmensplanung. Diese sollte aus einer Analyse der historischen Zahlen abgeleitet werden. Bei vielen Gründern ist dieser Punkt schwierig, da keine historischen Daten vorliegen. Hier ist Recherche angesagt.
Vom Start-up zum Einhorn – eine Frage der Bewertung
Dienstag, 22. November 2016VonTeam

Der Traum eines jeden Start-up Gründers ist es ein Einhorn zu finden. Hierbei neigen Gründer dazu, den Wert Ihres Unternehmens zu überschätzen mit der Folge, dass sie von Investoren auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden müssen oder keinen Investor finden. Viele Beispiele gab es zuletzt in der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ zu sehen – siehe auch “‘Lest weniger TechCrunch’ – Frank Thelen über Bewertungen“.

Ein Investor in der Gründungsphase ist zum Beispiel ein als Mitgesellschafter eintretender Geldgeber, der neben einem finanziellen Beitrag zur Deckung voraussichtlicher erforderlicher Verluste insbesondere kaufmännisches und produktionstechnisches Know How, Beziehungen, Vertriebskanäle etc. in das Unternehmen einbringt.

Was ein Unternehmen wert ist, kann niemand mit absoluter Sicherheit berechnen. Der Gründer möchte Anteile zu einem möglichst hohen Preis abgeben, weil er schon sehr viel investiert hat oder weil er denkt seine Idee sei einmalig. Der Investor möchte mit seiner Investition eine möglichst hohe Rendite erzielen bzw. im Falle des Scheiterns möglichst wenig verlieren.

Egal auf welcher Seite man steht, zu wissen was den Unternehmenswert ausmacht und wie ein solcher Unternehmenswert berechnet wird, kann entscheidende Vorteile bringen. Hiervon ausgehend sind folgende Grundsätze zu beachten.

Es kommt nicht darauf an wie viel Blut, Schweiß und Tränen oder auch Geld der Gründer in das Unternehmen investiert hat. Einzig und allein die zukünftige Entwicklung des Unternehmens ist entscheidend für den Unternehmenswert. Primärfaktoren für den Zukunftserfolg sind die Person des Gründers und seine Geschäftsidee.

Wichtigste Grundlage für die Ermittlung des Unternehmenswertes ist eine gute und glaubhafte Unternehmensplanung.

Diese sollte aus einer Analyse der historischen Zahlen abgeleitet werden, sofern das Unternehmen schon länger am Markt ist. Bei vielen Gründern ist dieser Punkt schwierig, da keine historischen Daten vorliegen. Hier ist Recherche angesagt, damit eine Planung ohne Erfahrungswerte dennoch funktioniert.

Vorrangig und am schwierigsten ist die Prognose der Umsätze. Also ist zu prüfen, was ist eigentlich das Produkt und wie kann das Produkt in Umsätze umwandelt werden. Wichtig ist die Definition der Zielgruppe, der das Produkt angeboten werden soll.

Dabei sind das Marktumfeld und der Wettbewerb zu berücksichtigen. Liegt ein Alleinstellungsmerkmal vor oder gibt es das Produkt schon in der einen oder anderen Art und Weise? Wie groß ist der potenzielle Markt des Produktes und welcher Teil davon kann mindestens oder maximal bedient werden? Daneben ist die Branche zu analysieren, da sich allgemeine Trends einer Branche auf die eigene Entwicklung übertragen lassen, sofern man sich durch das Alleinstellungsmerkmal nicht abkoppeln kann.

Die Kostenplanung leitet sich aus der Umsatzplanung ab. Hier sind fixe und variable Kosten zu berücksichtigen. Die einen Gründungsunternehmen nehmen die Produktherstellungs- und Vertriebskosten einen erheblichen Kostenanteil ein, dies vor dem Hintergrund des Auf- und Ausbaus eines Marktes für das Produkt sowie dessen Entwicklung. Ebenso sollte ein Unternehmerlohn berücksichtigt werden, da auch ein Gründer seinen Lebensunterhalt bestreiten muss.

Die Planung besteht aus kurzfristigen Zeiträumen, d.h. mindestens die nächsten 12 Monate, und mittelfristigen Zeiträumen, d.h. mindestens 2-3 Jahre. Die kurzfristige Planung basiert in der Regel auf einer Datengrundlage, die eine greifbare Einschätzung der kurzfristigen Entwicklung ermöglicht, während bei den darüber hinaus gehenden Zeiträumen immer mehr Ungewissheit in die Planung einfließen wird. Deshalb sollten für die Planung verschiedene Entwicklungsszenarien (min. best and worst case) in Betracht gezogen werden.

Auf Basis der Planungsebene wird zu klären sein, was die zukünftigen Ergebnisse heute wert sind. Deshalb ist im Wesentlichen ein adäquater Zinssatz zu bestimmen, der das Risiko der Investition in das Unternehmen widerspiegeln soll. Der Zinssatz setzt sich regelmäßig aus einem Basiszinssatz (zwischen 1 – 5 %) und einem Risikozuschlag (zwischen 5 – 30 %) zusammen. Der Risikozuschlag ist schwierig und sollte mit Recherchen über den Unternehmer (Gründer), Mitbewerber, Marktdaten oder anderen Kennzahlen untermauert werden. Eine andere Möglichkeit ist es, die einzelnen Risiken aufzugliedern, anschließend zu quantifizieren und zu gewichten.

Beide Teile lassen sich zusammensetzen, indem die Ergebnisse der Unternehmensplanung mit dem Zinssatz abgezinst werden.

Gerade bei Gründern können über längere Zeiträume Verluste auflaufen, in Folge dessen werden die Ergebnisse der Unternehmensbewertung negativ ausfallen. Negative Unternehmenswerte bedeuten nicht, dass das Unternehmen keinen Wert hat. Vielmehr gilt es in diesem Fall einen Investor zu finden, mit dessen Hilfe die Verluste finanziell sowie durch Know How insbesondere in Vertriebs- und / oder Produktionsbereich abgedeckt werden könne.

Ziel ist es durch Kostenoptimierungen und / oder Vertriebsausbau das Unternehmen zu stärken um gemeinsam so schnell wie möglich die Verlustzone zu verlassen.

Der ermittelte Unternehmenswert basiert auf Annahmen, die sich jederzeit ändern können. Es empfiehlt sich, nicht nur einen Unternehmenswert auszurechnen, sondern eine Bandbreite anhand der Entwicklungsszenarien zu ermitteln.

Der ermittelte Unternehmenswert ist der Startpunkt für die Verhandlung mit dem Investor. Letztendlich wird sich der Unternehmenswert im Wege der Verhandlungen zwischen den Beteiligten ermitteln lassen. Je nach Stärke oder Schwäche der Verhandlungspartner wird ein mehr oder weniger zutreffender Unternehmenswert herauskommen.

Deshalb ist es wichtig die Zahlen zu kennen und so gestärkt in die Verhandlungen hineinzugehen.

Zum Autor
André Hintz, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, arbeitet seit 2016 für die BWLC Gruppe. Nach seinem VWL Studium arbeitete er in unterschiedlichen mittelständischen Kanzleien im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Bei der BWLC verantwortet Herr Hintz die Bereiche “Wirtschaftsprüfung”, “Betriebswirtschaftliche Beratung” sowie “Unternehmensbewertung”.

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