Börse 2.0

Nichtaufgeklärtheit und Unwissenheit als großes Problem

Das Nichtvorhandensein eines Börsensegments für Startups ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr ist die Nichtaufgeklärtheit und Unwissenheit der Gründer und Unternehmer, das eigentliche Hauptproblem. Auch jenseits von Zalando und Rocket Internet macht ein Börsengang durchaus Sinn.
Nichtaufgeklärtheit und Unwissenheit als großes Problem
Dienstag, 16. Dezember 2014VonTeam

Ergänzend zum Beitrag “Vorstoß der Politik in puncto Börse 2.0 ist goldrichtig“, einem Gastbeitrag von Markus Kreher, meldet sich nun Stefan Maas, Inhaber bei Prematuritas Invest, einem Unternehmen, das Start-up und Corporate Finance sowie IPO-Beratung mit den Bedürfnissen der Investoren zusammenbringt, zu Wort. Hier sein Beitrag:

Generell befürworte ich die Diskussion hinsichtlich des neuen Börsensegments für Startups, da das in dieser Hinsicht verstaubte und rückständige Deutschland – deren Privatanleger seit Jahrzehnten regelmäßig sämtliche Börsenaufschwünge verpassen und dies als Sparweltmeister – hoffentlich ein wenig öffentlichkeitswirksam sensibilisiert wird. Insbesondere in der momentanen Niedrigzinsphase wäre dies auch für die Volkswirtschaft Deutschlands und Europas sehr wünschenswert.

Börse als Refinanzierungsmöglichkeit auch für junge Unternehmen

Fernab davon stellt die Börse eine Möglichkeit der Refinanzierung dar, die in Deutschland, insbesondere von KMUs leider sehr spärlich wahrgenommen wird. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt die Entscheidung der Deutschen Börse das First Quotation Board des Open Markets per 15. Dezember 2012 zu schließen. Auf der einen Seite war dies aufgrund von etlichen Missbrauchsfällen ein nachvollziehbarer Schritt, auf der anderen Seite wurde dem Großteil der Unternehmen in diesem Einstiegssegment sicherlich ein effizienter Weg zur zukünftigen Kapitalbeschaffung verwehrt.

Der Entry Standard, der nun als Einstiegssegment der Deutschen Börse fungiert, weist relativ stringente Anforderungen für ein Listing sowie Transparenzrichtlinien auf, die partiell nachvollziehbar sind, aber auch einen gewissen Kostenapparat und Personalvakanzen nach sich ziehen, die gerade für Startups oftmals schwierig darstellbar sind. Da es aber auch etliche Möglichkeiten eines kosteneffizienten Listings über Börsenplätze im europäischen Ausland gibt, die ein Dual Listing an der Deutschen Börse in Frankfurt im Quotation Board ermöglichen, ist das Nichtvorhandensein eines Segments für Startups nicht das eigentliche Problem. Vielmehr ist die Nichtaufgeklärtheit und Unwissenheit der Gründer und Unternehmer, das auch unter einem an der Marktkapitalisierung gemessenen milliardenschweren IPO in der Größenordnung von Zalando und Rocket Internet ein Börsengang durchaus Sinn machen kann, das eigentliche Hauptproblem.

Aufklärungsarbeit leisten

Und da sind Interessenvertreter der Politik und Wirtschaft, der Unternehmen, der Investoren, der Dienstleister und nicht zuletzt der Banken, insbesondere der stattlichen Förderbanken gefragt, Börsengänge für Unternehmen auch in einem relativ frühen Stadium zu ermöglichen und öffentlichkeitswirksam darüber aufzuklären. Als Paradebeispiel dient hier sicherlich der Börsengang der im 3D-Druck tätigen Friedberger Voxeljet AG im Oktober 2013, dessen fundamentale Bewertung in Relation zur zwischenzeitlichen Marktkapitalisierung der Gesellschaft von USD 1 Mrd. Mitte November 2013 – bei einem knapp zweistelligen Millionenumsatz sowie einem deutlichen Jahresfehlbetrag in 2013 – jegliche Bewertungsrelation sprengt und ad absurdum führt. Leider fand dieser Börsengang nicht in Deutschland, sondern dank ausgeschlafener Citigroup Strategen und den dortigen Bewertungsmaßstäben, in den USA statt.

Hier gilt es anzusetzen und Unternehmen mit entsprechenden Vorschusslorbeeren und Bewertungsmaßstäben auch in einem frühen Stadium für die Börse als Refinanzierungsmöglichkeit zu sensibilisieren und schließlich auch zu einem Börsengang zu bewegen. Dadurch wird sich inkremental ein Ökosystem von Gründern entwickeln – analog zum Silicon Valley, wo Apple, Google, Facebook, Twitter und Co. durch Mitarbeiterbeteiligungsprogramme viele junge Internetmillionäre geschaffen haben, die oftmals anschließend wiederum gründen und auch als VC Investoren das Ökosystem finanzieren und weiterentwickeln.

Tatkräftiges Handeln

Schließlich lässt sich konstatieren, dass hoffentlich nicht mehr allzu lange über dieses Börsensegment diskutiert wird, sondern durch tatkräftiges Handeln KMUs und jungen Wachstumsunternehmen der Börsengang möglich transparent und effizient dargestellt und vermittelt wird, damit Deutschland sich auch im internationalen Vergleich auf vielversprechende innovative Unternehmen, die schon vorhanden, aber oftmals leider nicht durchfinanziert sind, freuen kann.

Zur Person
Stefan Maas ist Inhaber bei Prematuritas Invest, das Startup und Corporate Finance sowie IPO Beratung mit den Bedürfnissen der Investoren zusammenbringt. Seit 2005 hat er durch verschiedene Beratungs- und Investmenttätigkeiten etliche Börsengänge am Kapitalmarkt aktiv begleitet. Darüber hinaus engagiert er sich als Gründer und Geschäftsführer des Pitch Club FFM in der jungen Frankfurter Startup Szene und bringt dabei kapitalsuchende Startups mit erfahrenen investitionsfreudigen Investoren zusammen.

Foto: Jorg Hackemann / Shutterstock.com