Tamo Zwinge von Companisto im Interview

“Eine konkrete Prognose abzugeben ist quasi unmöglich”

„In jedem europäischen Mitgliedsstaat gelten andere Rechtsvorschriften, die eingehalten werden müssen. Das ist die größte Herausforderung für die Realisierung des Crowdinvestings für ein europäisches Start-up“, sagt Tamo Zwinge von Companisto zur Expansion der Crowdinvestingplattform.
“Eine konkrete Prognose abzugeben ist quasi unmöglich”
Dienstag, 18. März 2014VonAlexander Hüsing

Die deutsche Crowdinvesvestingplattform Companisto setzt zum Sprung nach Europa an. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Tamo Zwinge über logische Schritte, lokale Märkte und die Frequenz der Finanzierungen.

Companisto gibt es jetzt auch in einer gesamteuropäischen Lösung – sprich in einer englischen Sprachversion. Warum jetzt dieser Schritt?
Als wir im Juni 2012 mit Companisto gestartet sind, haben wir durchaus damit gerechnet, dass nicht nur Menschen aus Deutschland, sondern auch aus der Schweiz und Österreich in Start-ups investieren werden. Überrascht hat uns dann aber doch, dass das Interesse an Crowdinvesting weit über den deutschsprachigen Raum hinausging. Schon vor dem Launch der internationalen Plattform waren Investoren aus 32 Ländern auf Companisto aktiv. Daher war die Expansion jetzt schlicht der nächste logische Schritt. Dazu kommt unser Anspruch, den Companisten die vielversprechensten Start-ups zu präsentieren, der es nahe legt, sich bei der Auswahl nicht auf Deutschland zu beschränken.

Gibt es denn nicht bereits genug englischsprachige Crowdfunding- bzw. Crowdinvesting-Plattformen?
Natürlich gibt es bereits englischsprachige Plattformen. Einige wenige sind auch im gesamteuropäischen Raum aktiv. Doch schaut man sich diese Plattformen an, stellt man fest, dass sie sich fast ausnahmslos auf Start-ups ihrer lokalen Märkte konzentrieren. Die Plattformen, auf die das nicht zutrifft, sind – gemessen am Investitionsvolumen – allesamt kleiner als Companisto.

Eine “gesamteuropäische Lösung” klingt selbstverständlich groß, Sie werden doch aber jetzt nicht gleichzeitig in ganz Europa die PR-Maschine anwerfen, um Start-ups und Investoren auf Euch aufmerksam machen, oder?
Wir sind in der glücklichen Situation, dass das Interesse und die Aufmerksamkeit ohnehin schon vorhanden sind. Das sieht man an den schon erwähnten internationalen Investoren, die bereits länger auf Companisto in Start-ups investieren und auch den vielen Bewerbungen ausländischer Start-ups. Nicht zuletzt wird das auch am enormen Presse-Echo deutlich; wenn global bedeutende Medien wie Forbes oder CNN über unsere Expansion berichten, zeigt das, welchen Stellenwert Crowdinvesting mittlerweile hat und dass das Thema viele Menschen bewegt.

Aus welchen Ländern erwarten Sie die größte Nachfrage – sowohl bei Start-ups, als bei Investoren?
Sehr spannende Frage, wir selbst freuen uns sehr darauf zu sehen, woher die höchste Nachfrage kommen wird. Insgesamt muss man aber sagen, dass sich der Crowdfunding-Markt international derart rasant entwickelt, dass wir keine verlässliche Prognose abgeben können.

Wird sich mit dieser Expansion nun auch die Schlagzahl der Investitionsmöglichkeiten bei Companisto deutlich erhöhen?
Eine Vielzahl paralleler Finanzierungsrunden ist nicht unser Ziel. Wir setzen auf Qualität statt Quantität und möchten unseren Companisten nur Start-ups mit hohem Potential präsentieren. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern – die Frequenz der Finanzierungen bleibt also durch die Expansion unberührt.

Glauben Sie, dass durch die Expansion künftig noch höhere Finanzierungsrunden bei Companisto möglich sind?
Companisto deckelt Finanzierungsrunden schon lange nicht mehr – die Finanzierungssumme ist nach oben offen. Tatsächlich haben wir Finanzierungsrunden bisher bei 500.000 Euro auf Wunsch der Start-ups geschlossen, die in der Seedphase selten mehr Kapital benötigen. Das über Companisto künftig – da wo es sinnvoll ist – auch größere Finanzierungsrunden realisiert werden, steht für mich außer Frage. Die Power, die in der Companisto-Crowd steckt, hat man z.b. beim Crowdinvesting für Wonderpots gesehen; in nur sieben Tagen kam die Zielsumme von einer halben Million Euro zustande. Diese Runde hätte auch leicht eine Million oder mehr erreichen können, wäre das Funding nicht entsprechend limitiert gewesen.

Wie kompliziert ist es denn, Crowdinvesting für spanische, belgische oder schwedische Start-ups über eine deutsche Plattform abzuwickeln?
In jedem europäischen Mitgliedsstaat gelten andere Rechtsvorschriften, die natürlich eingehalten werden müssen. Das ist die wohl größte Herausforderung für die Realisierung des Crowdinvestings für ein europäisches Start-up. Da war es sehr hilfreich, dass sowohl ich, als auch mein Mitgründer David Rhotert ehemals als Rechtsanwälte in internationalen Großkanzleien in den Bereichen Venture Capital, Corporate Law und Mergers & Aquisitions gearbeitet haben.

Wo steht Companisto in einem Jahr?
Gute Frage. Vor einem Jahr hätten wir nie gedacht, heute schon nach Europa zu expandieren – jetzt hat es sich quasi aufgedrängt. Genau so ist es jetzt wieder: die Entwicklung der Crowdfunding-Branche ist derart rasant, dass es quasi unmöglich ist, eine konkrete Prognose abzugeben.

Passend zum Thema: “‘Wir hätten uns von Anfang an mehr Club-Mate liefern lassen sollen’ – 15 Fragen an Tamo Zwinge von Companisto“.

Zur Person
Tamo Zwinge ist Geschäftsführer von Companisto und war mehrere Jahre Rechtsanwalt in der internationalen Großkanzlei CMS Hasche Sigle im Bereich Gesellschaftsrecht, Unternehmenstransaktionen und Private Clients.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.