“Wir hätten uns von Anfang an mehr Club-Mate liefern lassen sollen” – 15 Fragen an Tamo Zwinge von Companisto

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen, den es inzwischen auch in gedruckter Form und als eBook gibt – siehe “Hinter den Kulissen deutscher Start-ups“. Der kurze Fragenkatalog lebt […]
“Wir hätten uns von Anfang an mehr Club-Mate liefern lassen sollen” – 15 Fragen an Tamo Zwinge von Companisto
Freitag, 14. Juni 2013VonChristina Cassala

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen, den es inzwischen auch in gedruckter Form und als eBook gibt – siehe “Hinter den Kulissen deutscher Start-ups“. Der kurze Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Tamo Zwinge von Companisto.

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Für mich bedeutet es, jeden Tag mit Freude zur Arbeit zu gehen und das zu machen, was ich liebe. Vor Companisto arbeitete ich als Rechtsanwalt in einer international tätigen Großkanzlei. Obwohl ich heute bei Companisto noch mehr arbeite, bin ich sehr gerne Entrepreneur. Eben weil es unser eigenes Unternehmen ist. Kein Tag ist wie der andere.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Für die Gründung von Companisto gab es zwei Schlüsselmomente. Im Jahr 2001 gründete ich mit meinem guten Freund und heutigem Co-Gründer und -Geschäftsführer bei Companisto, David Rhotert, mein erstes Unternehmen, partycard. Als wir unsere Idee einer Rabattkarte für Clubs, Bars und Kinos Banken vorstellten, haben wir keine Finanzierung bekommen, weil wir 1) keine Sicherheiten hatten und 2) das Modell bis dato nicht erprobt war. Wir gründeten dann aus eigenen Mitteln, aber das Problem, dass man selbst mit einer guten Idee nicht unbedingt eine Finanzierung auf herkömmlichen Wegen erhält, blieb bestehen und ließ mich nicht los.

Als Barack Obama dann im Präsidentschaftswahlkampf 2008 seine Wahlkampfspenden primär über das Internet einwarb und diese großteils aus Kleinstspenden – 5$ – bestanden, dachte ich mir, dass man mit der Crowd eigentlich auch Start-ups finanzieren könnte, denn die Crowd weiß, was sie will. Yes, we can!

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Aus Eigenmitteln, einer privaten Beteiligungsgesellschaft und von vielen kleinen Business Angels, nämlich den Companisten. Es ist nur konsequent, wenn man als Crowdinvesting-Plattform auch die Crowd am eigenen Unternehmen beteiligt und sie so davon profitieren lässt, wenn die Plattform erfolgreich ist.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Ich würde es nicht Stolperstein nennen, sondern Herausforderung. Als Rechtsanwälte mit dem Schwerpunkt Gesellschaftsrecht legen wir bei Companisto großen Wert auf die Beteiligungsverträge, also die Konditionen, zu denen die Companisten an den Start-ups beteiligt sind. Wir haben sehr viel Zeit und Mühe darauf verwendet, sowohl für die Companisten als auch die Startups die optimalen Konditionen herauszuarbeiten. Jeder, der sich beteiligt, soll an einem etwaigen Exit teilnehmen, während wir andererseits gewährleisten, dass die Beteiligungsstruktur VC-kompatibel ist. Die Start-ups bleiben für Anschlussfinanzierungen durch Großinvestoren attraktiv, weil wir die Beteiligungen der Companisten bündeln.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase andersmachen?
Das ist einfach. Wir hätten uns sicherlich von Anfang an mehr Club-Mate ins Büro liefern lassen sollen, weil sich der Vorrat offenbar proportional auf die Produktivität des Teams auswirkt.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir setzen auf einen Mix an Maßnahmen. Manche haben mit Social Media und SEM zu tun, andere wirken sehr viel direkter, persönlicher.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Ganz klar Co-Founder und -Geschäftsführer David Rhotert. Nicht nur kennen wir uns schon ewig, wir hatten ja bereits im Jahr 2001 gemeinsam mit einem weiteren Freund ein Unternehmen gegründet und arbeiten sehr vertraut miteinander zusammen.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Man darf sich nicht von den Widrigkeiten des Lebens unterkriegen lassen. Bei meiner ersten Gründung war Bootstrapping angesagt, weil wir keine Kredite von Banken bekamen. Schließlich konnten wir ein florierendes Unternehmen aufbauen. Hätten wir die Segel gestrichen, wäre ich heute um wertvolle Erfahrungen ärmer. Es findet sich immer ein Weg, wenn das Produkt gut und der Ehrgeiz groß ist.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Die Startup-Branche kann eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland sein. Es wäre daher hilfreich, wenn die Rahmenbedingungen für Gründer dahingehend verbessert werden, dass bürokratische Hindernisse abgebaut werden. Gründer sollen sich auf ihr Geschäftsmodell konzentrieren können.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich habe jahrelang als Anwalt im Gesellschaftsrecht für eine international tätige Großkanzlei gearbeitet. Ich habe das sehr gern gemacht. Hätte ich nicht Companisto gegründet, wäre ich also wahrscheinlich als Rechtsanwalt in der Venture Capital-Branche aktiv.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschenspielen?
Zählt SoundCloud als deutsches Startup? Falls ja, dann dort. Ein innovatives Produkt, das ich auch oft benutze. Da ist offenbar einiges richtig gemacht worden und es wäre natürlich spannend dort mal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Wohl in die Epoche, die “Gründerzeit” genannt wird. Diesem technologischen und soziologischen Wandel und dieser Aufbruchstimmung beizuwohnen, stelle ich mir ungeheuer spannend vor. Eisenbahnen und Telefone sind für uns heute Selbstverständlichkeiten, aber damals müssen die Leute vollkommen perplex gewesen sein. Natürlich sind Menschen allerdings zu allen Zeiten kreativ gewesen.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Geld muss arbeiten. Ich würde es in die von uns vorgestellten Start-ups investieren.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Am Sonntag widme ich mich den Dingen, die ich unter der Woche nicht erledigen kann. Ich mache gerne Sport, also spiele ich Fußball, Basketball oder gehe ins Fitnessstudio.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Kaleil Tuzman, Gründer von govworks.com. Er stand im Mittelpunkt der sehenswerten Dokumentation «Startup.com» von 2001.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Tamo Zwinge leitet seit Juni 2012 als Gründer und Geschäftsführer die Crowdinvesting-Plattform Companisto (www.companisto.de), auf der Start-ups eine Schwarmfinanzierung von Mikroinvestoren, den Companisten, erhalten können. Der Jurist arbeitete zuvor mehrere Jahre bei CMS Hasche Sigle, einer der führenden wirtschaftsberatenden Anwaltssozietäten. Dort betreute er große Unternehmen in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Unternehmenstransaktionen und Private Clients. Tamo Zwinge studierte an der Freien Universität Berlin Rechtswissenschaft und erwarb an der University of Auckland, Neuseeland, einen Master of Laws im Commercial Law. Tamo Zwinge hat international, unter anderem in den USA und England, zu Corporate Governance-Themen veröffentlicht.

15 Fragen als eBook und in gedruckter Form

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.