#Interview

“Kapitalbeschaffung bei Investoren erfordert viel Zeit und Energie”

Das Kölner Startup meetergo setzt auf Bootstrapping. "Es ist wichtig, flexibel zu bleiben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und kluge Entscheidungen in Bezug auf Ausgaben zu treffen", rät Gründer Dominik Rapacki anderen Startups, die ohne Venture Capital auskommen möchten.
“Kapitalbeschaffung bei Investoren erfordert viel Zeit und Energie”
Mittwoch, 23. August 2023VonAlexander Hüsing

Beim Kölner Unternehmen meetergo, 2021 von Dominik Rapacki und Richard Gödel gegründet, dreht sich alles um Termine. Angangs waren Freiberufler und Freiberuflerinnen die Zielgruppe der jungen Firma. Gefolgt von Unternehmen. Inzwischen richtet sich das Konzept an Großunternehmen. “Dieser Prozess des Lernens und Anpassens hat uns gezeigt, dass Flexibilität und die Bereitschaft, unser Produkt weiterzuentwickeln, entscheidend für unser Wachstum sind”, sagt Gründer Rapacki.

Derzeit achten acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für meetergo. “Wir erwarten, noch in diesem Jahr profitabel zu sein, und unser Umsatz wächst stetig. Die wichtigste Kennzahl für uns ist die Anzahl der gebuchten Meetings, und wir sind stolz darauf, dass wir kürzlich die 1-Millionen-Marke geknackt haben. Dies zeigt uns, dass wir einen realen Bedarf decken und unser Produkt einen echten Mehrwert für unsere Nutzer bietet”, führt Rapacki weiter aus.

Das Team baute meetergo bisher ohne Investorengelder auf. “Als Bootstrapping-Startup muss man sehr sparsam leben und einen minimalistischen Ansatz wie bei einem Minimum Viable Product (MVP) verfolgen. Wir haben stets sparsam mit unserem Geld umgegangen und nur in Bereiche investiert, die einen echten Mehrwert bieten, wie beispielsweise gute Mitarbeiter. Natürlich können wir uns nicht alle Tools leisten, aber genau aus diesem Grund haben wir unser eigenes Tool so ausgebaut, wie wir und unsere Kunden es brauchten”, sagt Rapacki.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der meetergo-Macher außerdem über Rücklagen, Ressourcen und Realitäten.

Wie würde ich meiner Großmutter meetergo erklären?
Stell dir vor, meetergo ist wie ein persönlicher Assistent, der dabei hilft, Treffen zu organisieren, Projekte zu verwalten und wichtige Dokumente mit anderen zu teilen. Und alles wird digital und einfach gemacht, genauso wie du Filme auf Netflix/TV schaust.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Unser ursprünglicher Fokus lag auf Freiberuflern, aber wir stellten schnell fest, dass sie weniger an DSGVO-Konformität interessiert waren und deshalb der Wechsel zu einem sicheren, datenschutzkonformen Tool für sie nicht relevant genug war. Wir haben erkannt, dass Unternehmen diesen Aspekt viel stärker berücksichtigen, aber der Verkaufszyklus war extrem lang. Deshalb haben wir unser Messaging und die Funktionen unseres Produkts auf Großunternehmen ausgerichtet. Wir haben beispielsweise eine Echtzeit-Qualifizierung anhand eines Funnels in unser Produkt integriert, wodurch wir Freelancer und ähnliche Nutzer direkt zur Registrierung leiten konnten, während wir größeren Firmen immer noch eine Demo anbieten können. Zudem haben wir festgestellt, dass bei größeren Deals die Kommunikation oft über eine Person lief, obwohl oft über 15 Stakeholder involviert waren. Daher haben wir unser Tool erweitert und einen digitalen Kollaborationsraum geschaffen, in dem alle Stakeholder das Projekt mit den nächsten Schritten, Dokumenten, Chats usw. angehen können. Diese Änderung hat uns enorm geholfen und nun arbeiten wir an einer Ergänzung, um aktiv mehr Leads im Outbound zu generieren. Dieser Prozess des Lernens und Anpassens hat uns gezeigt, dass Flexibilität und die Bereitschaft, unser Produkt weiterzuentwickeln, entscheidend für unser Wachstum sind.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Unser Geschäftsmodell basiert auf einem Abonnement-Service. Unsere Kunden zahlen eine monatliche oder jährliche Gebühr für Zugang zu unseren Dienstleistungen. Je nach Funktionsumfang bieten wir andere Preise an, welche bei Bündelung auch günstiger werden. Wir nutzen alle meetergo Funktionen auf täglicher Basis.

Wie ist überhaupt die Idee zu meetergo entstanden?
Die Idee für meetergo entstand aus unserer jahrelangen Erfahrung als Dienstleister für die Entwicklung von Web-Apps. Wir haben erkannt, dass wir unser Wissen und Know-how nutzen können, um ein eigenes Produkt zu schaffen, das einen echten Mehrwert für die Nutzer liefert und für ein breites Spektrum an Branchen und Personen zugänglich ist. Unser Ziel war es, die B2B-Welt zu modernisieren und den Erwartungen, die aus dem B2C-Bereich bekannt sind, auch im B2B-Bereich gerecht zu werden. Mit meetergo wollen wir die Effizienz und Benutzerfreundlichkeit, die Verbraucher von ihren digitalen Erfahrungen erwarten, auf die Geschäftswelt übertragen.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
Es sind sicherlich schwierige Zeiten, aber Krisen bieten auch Möglichkeiten. Ich glaube, dass Startups, die sich schnell anpassen, innovativ bleiben und engen Kontakt zu ihren Kunden halten, diese Phase überstehen und sogar stärker daraus hervorgehen können.

Wie hat sich meetergo seit der Gründung entwickelt?
Seit unserer Gründung haben wir uns zu einem Team von acht Personen entwickelt, die alle remote arbeiten, obwohl wir auch ein Büro in Köln haben. Wir erwarten, noch in diesem Jahr profitabel zu sein, und unser Umsatz wächst stetig. Die wichtigste Kennzahl für uns ist die Anzahl der gebuchten Meetings, und wir sind stolz darauf, dass wir kürzlich die 1-Millionen-Marke geknackt haben. Dies zeigt uns, dass wir einen realen Bedarf decken und unser Produkt einen echten Mehrwert für unsere Nutzer bietet.

Ihr hast meetergo bisher ohne Fremd-Finanzierungen und Kapitalgeber aufgebaut. War dies von Anfang an eine bewusste Entscheidung?
Ja, das war eine bewusste Entscheidung. Wir haben unsere eigenen Rücklagen aus dem Dienstleistungsgeschäft genutzt, um meetergo zu starten. Unser Ziel war es immer, profitabel zu werden. Trotz des starken Wettbewerbs im Markt haben wir eine spezielle Nische identifiziert, die wir bedienen können: viele Wettbewerber kommen entweder aus den USA und sind daher nicht DSGVO-konform, oder sie kommen aus der EU, bieten aber veraltete Benutzeroberflächen mit niedrigen Conversion Rates und Benutzerfreundlichkeit. Wir glauben, dass wir hier einen wichtigen Mehrwert bieten können. Der Prozess der Kapitalbeschaffung bei Investoren erfordert viel Zeit und Energie. Wir haben uns entschieden, diese Ressourcen lieber direkt in unsere Kunden und unser Produkt zu investieren.

Wie war der Start ohne fremdes Geld – was geht recht einfach, was ist als Bootstrapping-Startup recht schwierig?
Als Bootstrapping-Startup muss man sehr sparsam leben und einen minimalistischen Ansatz wie bei einem Minimum Viable Product (MVP) verfolgen. Wir haben stets sparsam mit unserem Geld umgegangen und nur in Bereiche investiert, die einen echten Mehrwert bieten, wie beispielsweise gute Mitarbeiter. Natürlich können wir uns nicht alle Tools leisten, aber genau aus diesem Grund haben wir unser eigenes Tool so ausgebaut, wie wir und unsere Kunden es brauchten. Für das Marketing setzen wir vor allem auf Suchmaschinenoptimierung (SEO), ein Bereich, in dem wir internes Know-how haben. Es dauert zwar eine Weile, bis SEO greift, aber dann liefert es sehr beständige Ergebnisse. Ich habe auch Beiträge auf LinkedIn verfasst, die viele Impressions erhalten haben. Nichtsdestotrotz, das Bootstrapping ist definitiv schwieriger und stressiger als wenn man eine größere Geldsumme in Form von Investitionen zur Verfügung hat. Wer weiß, vielleicht nehmen wir in der Zukunft auch externe Finanzierungen in Anspruch.

Gab es denn viele Dinge, die Du einfach nicht umsetzen konntest, weil das Geld fehlte?
Ja, das größte Hindernis war definitiv das Marketing, da wir kein Budget für Werbung, Videos und ähnliches hatten. In der Anfangszeit konnten wir daher nicht so aggressiv auf Kundenfang gehen, wie wir es vielleicht gewünscht hätten. Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) hat das auf lange Sicht ausgeglichen, aber es war eine Herausforderung, diese Phase zu überstehen. Ein weiterer Punkt, der uns fehlte, war ein regelmäßiges Gehalt. Als Gründer haben wir uns kein Gehalt ausgezahlt, zumindest nicht bis vor einem Monat. Ein Gehalt wäre sicherlich hilfreich gewesen, aber wir hatten noch Rücklagen aus unserer Zeit vor meetergo, die uns über Wasser gehalten haben. Das ist eine der Realitäten des Bootstrapping – es erfordert oft persönliche finanzielle Opfer.

Was rätst du anderen Gründer:innen, die sich für Bootstrapping entscheiden?
Es ist wichtig, flexibel zu bleiben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und kluge Entscheidungen in Bezug auf Ausgaben zu treffen. Es ist auch wichtig, sich auf den Aufbau von Kundenbeziehungen und auf die Qualität des Produktes oder der Dienstleistung zu konzentrieren. Vor allem aber auch nicht zu viele Features zu entwickeln und stark auf das Feedback zu hören und viel Arbeit in UX zu stecken.

Wo steht meetergo in einem Jahr?
In einem Jahr planen wir, uns noch stärker auf unsere Kunden zu konzentrieren und eine lebendige Community aufzubauen. Unsere Vision ist es, mehr zusätzliche Materialien und Ressourcen bereitzustellen, damit andere Unternehmen noch schneller und sicherer starten können, als wir es getan haben. Wir möchten unsere Erfahrungen nutzen, um anderen zu helfen und eine Umgebung zu schaffen, in der Unternehmen und Einzelpersonen gemeinsam wachsen und Erfolge feiern können. Die Erweiterung unserer Plattform und die Einbindung unserer Nutzer in diesen Prozess wird im kommenden Jahr ein zentraler Fokus sein.

Tipp: Wer sich für Bootstrapping sollte sich einmal unser Themenspecial dazu ansehen

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): meetergo

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.