#Interview

“Zu Beginn wollten wir zu schnell zu viel auf einmal”

Hinter 150 Minuten verbirgt sich ein "Online-Fitnessstudio für Menschen ab 50". Derzeit trainiert eine dreistellige Zahl Menschen regelmäßig bei 150 Minuten, das bereits von Atlantic Labs unterstützt wird. Zudem konnte die Jungfirma bereits ihren ersten Firmenkunden überzeugen.
“Zu Beginn wollten wir zu schnell zu viel auf einmal”
Montag, 8. Mai 2023VonAlexander Hüsing

Das Berliner Fitness-Startup 150 Minuten, das 2021 von Martin Voss und Sebastian Vogel gegründet wurde, positioniert sich als “Online-Fitnessstudio für Menschen ab 50″. “Das Besondere sind die digitalen Live-Trainings über Videokonferenz, bei denen die Trainer:innen direkt Rückmeldung zur Ausführung der Übungen geben. Diese Kontaktmöglichkeit verbessert die Motivation der Teilnehmer:innen enorm und schafft eine persönliche Atmosphäre, die von vielen positiv empfunden wird”, sagt Gründer Vogel.

Derzeit trainiert eine dreistellige Zahl Menschen regelmäßig bei 150 Minuten, das bereits von Atlantic Labs unterstützt wird. “Außerdem haben wir unseren ersten Firmenkunden, was uns neben dem B2C-Geschäft noch weitere interessante Möglichkeiten eröffnet: Viele etablierte Unternehmen in Deutschland haben eine Belegschaft mit einem Durchschnittsalter rund 44 und werden in den nächsten Jahren mit vielen Herausforderungen des demografischen Wandels konfrontiert”, führt Vogel aus.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der 150 Minuten-Macher außerdem über Muskelgruppen, Selbstreflexion und Gesundheitsberatungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter 150 Minuten erklären?
150 Minuten ist das erste medizinisch fundierte Online-Fitnessstudio für Menschen ab 50. Viele ältere Menschen möchten ihre Fitness mit regelmäßigem Training verbessern, finden aber kein für sie passendes Angebot. 150 Minuten richtet sich an Menschen in der zweiten Lebenshälfte, die ganz bewusst wieder mehr Bewegung in ihren Alltag integrieren möchten, um so Alterserscheinungen vorzubeugen oder sie abzumildern. Es ist ein höchst flexibler und dabei sehr individueller Fitness-Begleiter im Alltag. Das Besondere an unserem Konzept sind die digitalen Live-Trainings über Videokonferenz, bei denen die Trainer:innen direkt Rückmeldung zur Ausführung der Übungen geben. Diese Kontaktmöglichkeit verbessert die Motivation der Teilnehmer:innen enorm und schafft eine persönliche Atmosphäre, die von vielen positiv empfunden wird. Unsere Live-Kurse werden ergänzt durch eine Vielfalt von aufgezeichneten Trainings in der Mediathek.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Nein, nicht grundsätzlich verändert, aber wir haben das Konzept seit dem Start immer besser auf die Zielgruppe ausgerichtet. Über mehrere Monate haben wir gemeinsam mit Menschen dieser Altersgruppe unsere Trainings getestet, weiterentwickelt und angepasst. Durch das Feedback der Teilnehmer:innen haben wir ein ideal zugeschnittenes Kursprogramm für Menschen ab 50 Jahren erstellt. Die Trainings sind von unserem Team aus Ärzt:innen medizinisch geprüft und decken alle Muskelgruppen und Körperzonen ab. Seit kurzem haben wir zusätzlich spezielle, 10-minütige Kurz-Trainings mit ins Programm genommen, bei denen häufige Beschwerden im Alter gezielt angegangen werden.

Wie funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir bieten drei verschiedene Abo-Modelle für unsere Nutzer:innen an: Basic, Active und Star. Die Preise variieren dann nach Anzahl der Live- und Videotrainings oder Personal Training Sessions. 

Wie genau hat sich 150 Minuten seit der Gründung entwickelt?
Wir haben zunächst ein Trainingsportfolio mit einer Gruppe von Testteilnehmer:innen aufgebaut. Die ersten Kurse haben wir von Sebastians Wohnzimmer aus gestreamt: Sebastian als Trainer vor der Kamera, Martin als Techniker hinter der Kamera. Nach und nach kamen Profi-Trainer:innen hinzu mit unterschiedlichen Schwerpunkten, so dass es neue Trainingsinhalte gab. Dazu kam eine verbesserte Technik. Parallel dazu haben wir einen MVP von unserer Onlineplattform gebaut und angefangen, unser Team zusammenzustellen. Wir haben im Herbst erfolgreich unsere Testphase abgeschlossen und die überwältigende Mehrheit unserer Testteilnehmer:innen zu zahlenden Kund:innen konvertiert. Mittlerweile haben wir eine dreistellige Anzahl von zahlenden Kunden und wachsen weiter – unser Angebot überzeugt die Zielgruppe. Aber wir wollen natürlich noch bekannter werden – der Bedarf ist wirklich groß, aber wir müssen von Interessent:innen noch leichter gefunden werden

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist 150 Minuten inzwischen?
Mittlerweile trainiert eine dreistellige Zahl von Menschen regelmäßig mit uns. Außerdem haben wir unseren ersten Firmenkunden, was uns neben dem B2C-Geschäft noch weitere interessante Möglichkeiten eröffnet: Viele etablierte Unternehmen in Deutschland haben eine Belegschaft mit einem Durchschnittsalter rund 44 und werden in den nächsten Jahren mit vielen Herausforderungen des demografischen Wandels konfrontiert: zum Beispiel Fachkräftemangel und Ausfälle durch Krankheit – da können Unternehmen mit uns vorbeugen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Zu Beginn wollten wir zu schnell zu viel auf einmal, es fehlte ein wenig der realistische Fokus. Anfangs haben wir auch unterschätzt, wie schnell wir zum Beispiel einen Hiring-Prozess durchziehen müssen, um die besten Talente für uns zu gewinnen. Wichtig ist bei allem natürlich immer die kritische Selbstreflexion und die engagierte Begleitung des Business durch unbestechliche Experten, die nicht vor klaren Worten zurückschrecken.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Im Mittelpunkt stand bei uns immer der direkte Austausch mit der Zielgruppe. Wenn das Unternehmen erfolgreich sein soll, müssen ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Am Anfang haben wir mit sehr vielen Menschen über unsere Geschäftsidee diskutiert und uns in unserem Netzwerk ausgetauscht. Dabei konnten wir sehr stark von den Erfahrungen anderer zu Streaming, Digitalprodukt, und Marketing profitieren. Der regelmäßige Austausch mit unserem Netzwerk hat uns ganz sicher vor einigen Fehlern bewahrt. Aber wer Neuland betritt, wird natürlich auch immer wieder zu Fehleinschätzungen kommen. Wichtig ist es dann, beharrlich an den Kernzielen festzuhalten und die Fehlentwicklungen möglichst rasch zu korrigieren. Dabei muss man natürlich von mancher liebgewonnenen Vorstellung Abschied nehmen und zu echter Veränderung bereit sein.

Wo steht 150 Minuten in einem Jahr?
In einem Jahr haben wir eine vierstellige Zahl an zahlenden Kund:innen sowie Kooperationen mit einer zweistelligen Zahl an Firmenkunden. Wir wollen unser Angebot ausweiten in Richtung umfassende Gesundheitsberatung, zum Beispiel auch Ernährungstipps aufnehmen. Wir wollen Menschen dabei unterstützen, einen gesunden Lebensstil für sich zu entwickeln. Wir werden auch weiter in die Technologie investieren, um unseren Mitgliedern den Umgang mit der Technik und die Kommunikation mit unseren Trainer:innen zu erleichtern. Kurz gesagt: Wir arbeiten hart, aber mit viel Spaß, daran, der beste Begleiter für gesundes Altern zu sein.

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Foto (oben): 150 Minuten

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.