#Interview

“Der Zuschauer kauft nichts, was er nicht sehen kann”

Streamdust aus Köln positioniert sich als "Livestream und Video-Lösung für Business, Events und Konzerte". "Alle Veranstalter macht aktuell den gleichen Fehler, nämlich dass der Content auf ihrer eigenen Seite nicht sichtbar vorhanden ist", sagt Gründer Lukas Best.
“Der Zuschauer kauft nichts, was er nicht sehen kann”
Mittwoch, 22. September 2021VonAlexander Hüsing

Die Jungfirma Streamdust möchte Veranstaltern von Messen, Konzerten und Sport-Events eine “alternative und innovative” Streaming-Lösung zur Verfügung zu stellen. “Die meisten Veranstalter haben ein Shop-System oder ein klassisches Ticketing-System und dann befindet sich hinter fünf Anmeldeseiten ein Livestream oder ein Video. Alternativ muss kann der Zuschauer einen Code kaufen, der dann eingelöst werden muss. Das sind Lösungen von vor zehn Jahren. Ich würde es digitales Mittelalter nennen”, sagt Gründer Lukas Best.

Die Gründer dafür kennt der Kölner Jungunternehmen auch: “Ich denke viele Veranstalter haben Angst, dass das Publikum nicht mehr vor Ort kommt, wenn Sie die Inhalte streamen. aber das ist nicht so. Diese Befürchtungen hatten die Stadionbetreiber von Jahrzehnten mit dem Beginn der Liveübertragung von Fußball auch, aber das Gegenteil ist eingetreten”.

Im Interview mit deutsche-startups.de stellt der streamdust-Macher und Sologründer sein Konzept einmal ausführlich vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Streamdust erklären?
Unser Startup ist wie ein Fernsehkanal, bei dem der Produzent selbst entscheiden kann, wie er den Sender finanzieren möchte: durch Werbung oder durch Bezahlung.

Welches Problem genau wollt Ihr mit Streamdust lösen?
Wir lösen vor allem das Problem der Monetarisierung und der Sichtbarkeit des Contents auf den Seiten des Veranstalters. Alle Veranstalter macht aktuell den gleichen Fehler, nämlich dass der Content auf ihrer eigenen Seite nicht sichtbar vorhanden ist. Der Zuschauer kommt auf die Landingpage und sieht außer dem Hinweis, dass es einen Livestream und Dutzende von Speakern gibt, nichts. Die meisten Veranstalter haben ein Shop-System oder ein klassisches Ticketing-System und dann befindet sich hinter fünf Anmeldeseiten ein Livestream oder ein Video. Alternativ muss kann der Zuschauer einen Code kaufen, der dann eingelöst werden muss. Das sind Lösungen von vor zehn Jahren. Ich würde es digitales Mittelalter nennen. Der Zuschauer kauft aber nichts, was er nicht sehen kann. Und das gilt vor allem für Medien-Content, da wir es gewohnt sind, diesen mit schnellen Klicks zu erreichen. Viele Veranstalter versuchen mit einem Shop-System, was sie schon Jahre nutzen, Medien-Content zu verkaufen, aber das macht den Kaufprozess für Medien-Content für Zuschauer unattraktiv. Es gibt Veranstaltungsseiten, bei denen der Kaufprozess so schlecht ist, dass ich selbst schon selbst am Kaufprozess gescheitert. 

Und wie geht ihr die Sache nun an?
Wir lösen genau dieses Problem mit unserer Entwicklung. Unsere All in One-Lösung: die Einfachheit, mit der der Player in die eigene Webseite integriert werden kann und die Schnelligkeit des Bezahlprozess sind absolut neuartig und machen den gesamten Prozess für den Veranstalter und für den Zuschauer sehr einfach.  Des Weiteren haben wir Marketing-Tools, wie Werbetrailer und Preview-Teaser und auch ein Pay-per-view Slot-System entwickelt, welches ermöglicht kostenlosen und kostenpflichtigen Content innerhalb des gleichen Livestreams oder Video zu zeigen. Der Veranstalter kann den Livestream oder das Video groß in seine eigene Webseite einbetten und Teile des Contents kostenlos zeigen. Dadurch kann der Veranstalter aus Interessenten direkt Käufer machen. Der Zuschauer sieht also schon den Content und muss sich nicht erst anmelden oder durch den Kauf-Prozess gehen. Der Veranstalter kann aber auch kostenlosen Content zeigen und zum Beispiel eigene Werbetrailer vor jeden Livestream oder jedes Video platzieren. Wir haben keinen Einfluss auf die Art und Weise, wie er Einnahmen erzielt bzw. auf die Werbepartnerschaften. Des Weiteren kann er Werbebanner mit Geotargeting versehen, also in München Banner für bayerisches Bier, in Köln für Kölsch und im Norden für friesisches Bier zeigen. Des Weiteren bieten wir auch eine individualisierbare Mediathek-Seite an, auf der der Veranstalter kostenlose und kostenpflichtige Streams zeigen kann.  

Wie ist die Idee zu Streamdust entstanden?
Die Idee hatte ich schon vor zehn Jahren, aber da wussten die meisten Kollegen noch nicht einmal, was Streaming ist. Ich fand es schon immer erstaunlich, dass auf Messen oder Kongressen, eine enorme Technik aufgebaut wird und ein Videobild produziert wird, um die Speaker auf einem riesengroßen Hintergrund-Screen zu zeigen, dass also das Videosignal gleichzeitig ins Netz gestreamt wird. Ich denke viele Veranstalter haben Angst, dass das Publikum nicht mehr vor Ort kommt, wenn Sie die Inhalte streamen. aber das ist nicht so. Diese Befürchtungen hatten die Stadionbetreiber von Jahrzehnten mit dem Beginn der Liveübertragung von Fußball auch, aber das Gegenteil ist eingetreten. Des Weiteren habe ich mich auf Messen immer geärgert, dass verschiedene Vorträge, die mich interessierten, zur gleichen Zeitstattfanden und nach den Vorträgen die Messestände dann wieder gerappelt voll waren. Ich würde mir auf Messen lieber die Stände vor Ort anschauen und netzwerken und den Content schön von zuhause.  

Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Unser Geschäftsmodell ist relativ einfach. Es gibt eine Free-Version, in der es aber nur möglich ist Content hochzuladen und mit einer Paywall zu versehen. Dann gibt es die Abonnements, die nach Bandbreiten-Verbrauch bei kostenlosem Content abgerechnet werden. Bei Content mit einer Paywall wird keine Bandbreite berechnet. Den möglichen Bandbreiten-Verbrauch, den ein Veranstalter  für seine Veranstaltung benötigt, kann innerhalb des Accounts berechnen werden.   

Wo steht Streamdust in einem Jahr?
Wir wollen in einem Jahr noch weitere innovative Funktionen entwickelt haben, vor allem im Bereich Marketing, datengesteuerter Werbung und Teleshopping. Ich denke auch, dass interaktive Funktionen im Player für den Zuschauer sehr spannend werden und da planen wir schon unsere nächsten Funktionen, bzw. sind dabei diese umzusetzen. Wir wollen richtig große Event streamen und haben dafür auch die Infrastruktur. Wir hatten schon größere Events bis 10 000 Zuschauer, aber spannend wären Veranstaltungen bis 100 000 Zuschauer.

Reden wir über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Für mich ist Köln deswegen der richtige Standort, da Köln eine Medienstadt ist und wir in einem größeren Umkreis auf sehr viele mögliche Kunden für uns kommen. Es gibt eine Vielzahl an Film- und TV- Produktionsfirmen, Messen, Kongressen und Veranstaltern von Musik- und Sport-Events. Wir haben große TV-Sender, Breitband-Anbieter und junge, kreative Contentproduzenten in Köln. Gleichzeitig hat Köln das Glück als Teil der Metropolregion Rheinland zwischen den Metropolregionen Rhein-Ruhr und Rhein-Main zu liegen und dass in einem Umkreis von 200 km Millionen Menschen leben.     

Was fehlt in Köln noch?
Es ist erstaunlich, dass es keine speziellen Förderungen im Bereich Medien-Content-Distribution gibt, obwohl Köln eine Medienstadt ist. Es werden Inhalte, Games und Filme gefördert, aber Technologien wie zum Beispiel Streaming überhaupt nicht. Wir hatten zwar schon das eine oder andere Startup im Bereich Medien-Plattform, aber das ist schon eine ganze Weile her. Eigentlich müsste Köln zur Hauptstadt von Medien-Distribution werden. Wie haben so viel Content-Produktion hier, aber alles läuft dann über die üblichen Kanäle. Wir haben den zweitgrößten TV-Sender der Welt in Köln, knapp 1000 Film- und TV-Produktionsfirmen, aber der Streaming-Markt wird von amerikanischen Unternehmen bestimmt. Um eine Streaming-Plattform aufzubauen, besteht eigentlich nur die Möglichkeit auf nicht-deutsche Unternehmen zur Bereitstellung von cloudbasierten Streaming-Servern zuzugreifen und damit eine weltweite Distribution zu verwirklichen.    

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
In Köln wird sehr stark Content gefördert, aber wir lassen seit Jahren die Distribution und Monetarisierung von Content aus den Augen. Apple und Google verdienen bei jedem Kauf von Apps über ihre Stores, unsere Produzenten verdienen zu wenig an ihrem Content. Youtube, facebook und Google bestimmen den Werbemarkt. Es bringt nichts, wenn immer nur Content gefördert wird, wir aber immer auf die gleichen Distributionskanäle zugreifen und amerikanische Anbieter die ganzen Werbeeinnahmen kassieren. Deswegen haben wir unser System auch entwickelt.   Ich würde mir für den Standort Köln wünschen, dass er im Bereich Broadcasting wieder zu einem absoluten Spitzenstandort wird. Wir haben zwar mit der AngaCom eine Broadcasting-Messe, aber sie ist sehr techniklastig. Es sind vor allem vor allem Satelliten-, Netz- und Breitband-Anbieter auf der Messe vertreten. Wir müssen hier die Content-Produzenten mehr mit ins Boot holen. Wir brauchen eine Messe wie die Münchner Medientage, wo Broadcasting, Content-Produktion, Distribution und Monetarisierung im Vordergrund stehen.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen genaueren Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründerinnen und Gründer, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen gerade von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

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Foto (oben): Streamdust

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.