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Repaq: Wenn ein bahnbrechendes Produkt alleine nicht reicht

Selten sieht man alle Löwen so einmütig begeistert wie im Fall von Repaq, Ralf Dümmel verneigte sich sogar. Doch ab einem gewissen Punkt schien die Stimmung etwas zu kippen, und am Ende konnte man sich nicht einig werden. Was war es, das fehlte, obwohl das Thema alle von Anfang an mitgerissen hatte?
Repaq: Wenn ein bahnbrechendes Produkt alleine nicht reicht
Dienstag, 23. März 2021VonRuth Cremer

Nein, um die Bewertung ging es tatsächlich nur am Rande dieses Mal. Und das, obwohl das Startangebot bei stolzen 6 Millionen Euro lag. Doch die drei Produktdesigner von Repaq überzeugten mit ihren Produkten zunächst auf ganzer Linie: Komplett kompostierbare Verpackungen, die wie Plastik aussahen. Ein Material, das vielleicht eines der größten Probleme der Erde lösen könnte. Denn mit immer mehr Plastikverpackungen entsteht nich nur immer mehr Müll, auch gelangen kleinste Bestandteile in Umwelt und Trinkwasser und sorgen für noch viel größere Probleme.

Hygieneartikel und Nahrungsmittel in einem durchsichtigen Material verpacken zu können, das nach 42 Tagen praktisch komplett verschwindet, könnte eine Revolution sein.

Und genau so sahen es die Löwen auch.

Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen sahen sich die Gründer auch schon sehr bald einigen kritischen Fragen gegenüber, etwa, warum sie dann nicht schon viel mehr verkaufen würden oder was das große Hemmnis der Industrie wäre, möglichst schnell umzustellen.

Die traurige Antwort: Vor allem junge Startups interessieren sich für die alternative Verpackung, etablierte Unternehmen wollen von den üblichen 4 bis 5 Cent , die sie für ihre Verpackungen bezahlen, nicht plötzlich auf 17 Cent hochschnellen. Wobei hier die berühmten Economies of Scale noch nicht wirklich bedacht worden sind.

Die Gründer schlagen sich jedoch auch bei den Zahlenthemen gut, bis die Sprache auf ihre zukünftige Planung kommt, welche Gewinne sie wohl bei höheren Umsatzvolumina erwirtschaften werden. Die geplanten 17 Millionen bei 150 Millionen € Umsatz gefallen dann vor allem Carsten Maschmeyer so gar nicht. Er will mehr wissen und fragt, was denn die hohen Kostentreiber sind. Der äußerst merkwürdig anmutenden Antwort eines Firmenkindergartens folgt eine Erklärung zu sozialen Projekten, die selbst der in diesem Bereich hoch aktiven Löwin Dagmar Wöhrl nicht gefällt.

Und während die beiden interessierten Löwen miteinander sprechen, wird auch an dem Gespräch der Gründer klar, dass ihnen die falsch eingeschlagene Richtung bewusst wird. Carsten Maschmeyers Angebot lässt dann keinen Zweifel mehr daran: Er will nur in die Verhandlung einsteigen, wenn die Gründer die Firma und ihre sozialen Projekte in Zukunft strikt trennen. Weiter verdeutlicht er seine Position durch Forderung von 25,1%.  Die bedeutet zunächst eigentlich nur, dass wichtige Entscheidungen, die einer 3/4-Mehrheit der Gesellschafter bedürfen, nicht ohne die Zustimmung des Investors getätigt werden können.

Die magische Grenze der sogenannten Sperrminorität ist also gar nicht so häufig relevant, da die meisten Entscheidungen mit einer 50%igen Mehrheit gefällt werden können. Wenn Investoren nicht 25, sondern 25,1% fordern, bedeutet das fast immer, dass sie den Gründern (noch) nicht unumwunden in allen Aspekten der Unternehmensführung vertrauen. In diesem Fall ist es wohl vor allem das Thema der Gewinnverwendung.

Denn obwohl Carsten Maschmeyer erklärt, dass er gute soziale Projekte sogar mit unterstützen würde, ist ihm die Trennung vom Unternehmen, das zunächst noch einen langen Wachstumsweg vor sich hat, sehr wichtig. Auch an den Reaktionen der anderen Löwen, die teilweise die umfangreiche Aufgabe der Begleitung von Repaq scheuen, ist deutlich erkennbar, dass es sich hier nicht um “irgendein” Investment handeln würde. Denn eine Revolution in der Verpackungsindustrie zettelt auch ein noch so erfahrener Investor nicht jeden Tag an. Dafür braucht man aber auch Gründer, denen man nicht nur eine außergewöhnliche Motivation abnimmt, sondern auch die Fähigkeit, sich über Jahre stark zu fokussieren, das große Ganze nie durch die vielen kleinen und großen Aufgaben aus dem Blick zu verlieren. Eine unscharfe Trennung zwischen einem Unternehmen, das eine fast unvorstellbare Wachstumsaufgabe vor sich hat, und weitreichende Pläne im sozialen und umwelttechnischen Projektbereich widersprechen dem. Selbst dann, wenn das Unternehmen selbst antritt, um die Welt zu verändern.

Die Forderung nach 25,1% war wohl ein letzter Test, um zumindest die Bereitschaft zu sehen, den neuen Investoren eine wichtige Position zuzugestehen und sich voll zu dem Versprechen der Fokussierung zu bekennen. Das Gegenangebot von 20% mit Einräumung entsprechender Zusatzrechte konnte dem dann leider nicht ganz gleich kommen.

Manchmal ist es eben nicht genug, schon die ersten Schritte auf dem Weg zu etwas Bahnbrechendem gegangen zu sein, man muss auch den klaren Willen zeigen, diesen Weg zielgerichtet bis zum Ende zu gehen.

Tipp: Alles über die Vox-Gründer-Show gibt es in unserer DHDL-Rubrik. Die jeweiligen Deals und Nicht-Deals gibt es hier: “Die Höhle der Löwen (9. Staffel)“,”Die Höhle der Löwen (8. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (7. Staffel)“,”Die Höhle der Löwen” (6. Staffel)“,“Die Höhle der Löwen” (5. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (4. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (3. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (2. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (1. Staffel)“.

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Foto (oben):  TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Ruth Cremer

Ruth Cremer ist Mathematikerin und als Beraterin, Coach und Speaker tätig. Außerdem ist sie Hochschuldozentin im Bereich Unternehmertum und eCommerce. Die ehemalige Investment-Managerin kennt die Szene in- und auswendig und hilft Startups insbesondere dabei, Pitches vorzubereiten und Investment- sowie Akquisitionsprozesse zu meistern. Ruth Cremer ist bereits seit der fünften Staffel als externe Beraterin für das Format „Die Höhle der Löwen“ tätig und unterstützt die Auswahl und Vorbereitung der Kandidaten. Mehr zu ihr auch unter www.ruthcremer.de.